Rapperswil-Jona entscheidet am 10. September 2023 über den neuen Stadttunnel. Laut Manuel Bleibler vom Nein-Komitee bringe das Projekt den meisten nichts.
Manuel Bleibler
Manuel Bleibler, Kampagnen-Leiter des Komitees Stadttunnel NEIN - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gemeinde Rapperswil-Jona stimmt über den Bau eines neuen Stadttunnels ab.
  • Dem Volk werden die teurere Variante «Mitte», sowie die Günstigere «Direkt» vorgelegt.
  • Für Manuel Bleibler ist «das Kosten-Nutzen-Verhältnis miserabel».

Am 10. September 2023 wird in Rapperswil-Jona abgestimmt. Entschieden wird unter anderem über den Bau eines neuen Stadttunnels. Das Volk entscheidet einerseits, ob die Planung am Stadttunnel weitergeführt werden soll. Der Tunnel würde vom Seedamm zum Gebiet Hüllistein verlaufen.

Ausserdem wird über zwei Tunnel-Varianten abgestimmt. Es geht in dieser nicht bindenden Abstimmung darum, welche Variante das Stimmvolk bevorzugt, falls das Vorhaben angenommen wird. Die «Luxus»-Variante «Mitte» ist mit rund 950 Millionen Franken deutlich teurer. Sie bietet allerdings vier Anschlüsse in den Tunnel: Seedamm, Tüchelweiher, Kempraten und Hüllistein.

Wer es sparsamer mag, entscheidet sich für die Variante «Direkt». Diese kostet noch rund 750 Millionen Franken, bietet aber keinen Anschluss in Kempraten. Auch die erwartete Entlastungswirkung fällt bei dieser Lösung geringer aus.

Der Seedamm in Richtung Rapperswil Zentrum.
Der Seedamm in Richtung Rapperswil Zentrum. - Nau.ch / Simone Imhof

Es formiert sich jetzt aber Widerstand. Gegner sprechen von einer «Luxustunnel-Lösung». Auch von einem undemokratischen Vorgehen ist die Rede. Wir haben uns mit Manuel Bleibler, Kampagnen-Leiter des Komitees «Stadttunnel NEIN», über seine Gründe gegen einen Stadttunnel ausgetauscht.

Nau.ch: Weshalb ist das Stadttunnel-Projekt für Sie nicht sinnvoll?

Manuel Bleibler: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist miserabel. Trotz Investitionen von einer Milliarde profitiert nur ein kleiner Teil der Stadt. Insbesondere in Jona, wo ein Grossteil der Bevölkerung lebt, bringt das Projekt nichts.

Zudem ist der Tunnel unökologisch und klimaschädlich. Er wird gesamthaft zu mehr Autoverkehr führen, was dem Ziel einer nachhaltigen Mobilität widerspricht. Zudem verursacht der Bau enorme Mengen CO₂ und führt während Jahren zu massiven Beeinträchtigungen in der Stadt.

Nau.ch: Durch eine Lösung mit einem Stadttunnel könnte der Verkehr der Stadt deutlich entlastet werden – laut Schätzungen des Stadtrats auf bis zu 70 %. Würde dies nicht Velofahrenden und dem ÖV zugutekommen?

Manuel Bleibler: Diese Zahl trifft nur auf einen kurzen Strassenabschnitt im Stadtzentrum zu. Im grössten Teil des Stadtgebiets hat der Tunnel kaum Auswirkungen auf die Verkehrsmenge.

Auf der Neuen Jonastrasse würde der Verkehr gemäss Prognose sogar um 40 % zunehmen. Eine konsequente Velo- und ÖV-Förderung wäre unter solchen Bedingungen schwierig.

Braucht es einen Stadttunnel durch Rapperswil?

Nau.ch: Nichts an der Situation zu ändern, scheint wenig sinnvoll. Welche Alternativen schlagen Sie vor?

Manuel Bleibler: Solange das Verkehrsaufkommen so hoch bleibt wie heute, gibt es keine guten Lösungen. Der einzige Weg, das Problem langfristig zu lösen, ist den Autoverkehr zu reduzieren und verträglicher zu gestalten.

Dafür braucht es keinen teuren Tunnel. Zielführender sind Entflechtungs- und Beruhigungsmassnahmen sowie die konsequente Förderung von attraktiven Alternativen zum Auto.

Nau.ch: Wenn Sie sich entscheiden müssen: Welche Variante des Stadttunnels – Mitte oder Direkt – bevorzugen Sie und wieso?

Manuel Bleibler: Die Varianten-Frage ist irrelevant. Beide Varianten sind zu teuer, zu unökologisch und städtebaulich störend. Zudem ist das Resultat der Varianten-Frage in dieser Konsultativ-Abstimmung für eine mögliche weitere Planung nicht bindend.

Nau.ch: Welche notwendigen Schritte sehen Sie sonst für die Verkehrssituation in Rapperswil-Jona?

Manuel Bleibler: Die Stadttunnel-Idee steht in der Verkehrsplanungs-Tradition des letzten Jahrhunderts, als vor allem fürs Auto geplant wurde. Um die heutigen Probleme zu lösen, muss ein Paradigmen-Wechsel stattfinden.

Fussverkehr, Velo und ÖV müssen gleichberechtigt behandelt werden und nicht nur als «flankierende Massnahme» zu einem grossen Auto-Projekt wie dem Stadttunnel.

Zur Person

Manuel Bleibler (38) ist wohnhaft in Rapperswil-Jona. Er arbeitet als Stadt-, Verkehrs- und Raumplaner und leitet die Kampagne «Stadttunnel NEIN».

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