Luzern über einen öffentlichen Abend in der Academia Engelberg
Auf dem Podium diskutierten Experten die Vor- und Nachteile der Digitalisierung aus unterschiedlichen Perspektiven. Heute nutzen die meisten Menschen ein SmartPhone und schätzen die Vorzüge der Digitalisierung.
Wie das Wetter wird, was es Neues auf der Welt gibt oder eine Nachricht im Familien-Chat – alles Applikationen, die das Leben erleichtern. Aber es gibt auch negative Effekte in der digitalen Welt: der Datenschutz ist oft ungenügend, die Cyber-Kriminalität steigt rasant an und Menschen vereinsamen.
Zweifellos habe die Pandemie diese stark vorangetrieben, zum Bespiel beim bargeldlosen Bezahlen mit TWINT bestätigte Bruno Thürig, CEO Obwaldner Kantonalbank. Die Podiumsteilnehmer ergänzten weitere Vorteile: Als Wirtschaftsmotor steigere sie die Produktivität. Zudem erleichtere sie das Leben, bei der Messung des Blutzuckers oder in der Datenverwaltung.
Frauen in der Informatik sind in der Minderheit
Auf der negativen Seite stehe aktuell mangelndes ethisches Verhalten, der unsorgfältige Umgang mit Daten sowie die fehlenden, insbesondere der weiblichen Fachkräfte im Vordergrund. Ein Gender-Gap war sichtbar Nicht nur das Podium war ausschliesslich mit Männern besetzt.
Auch in vielen Firmen und wissenschaftlichen Instituten sind Frauen in der Informatik in der Minderheit. Dies sei wohl der vermeintlich mangelnden Attraktivität der Branche geschuldet, meinte Prof. Marc Langheinrich von der USI Lugano. Prof. Felix Wortmann vom Bosch IoT Lab Universität St. Gallen ergänzte, dass auch in seinem Institut nur eine von acht Doktoranden weiblich sei.
Die Freude an der Technologie müsse besser vermittelt werden. Denn die Möglichkeiten, das Gute aus der Technologie zu holen und damit den Menschen ein besseres Leben zu bescheren, seien immens. In dieser Hinsicht als der Fortschrittlichste der Runde zeigte sich der Engelberger Landwirt Josef Infanger.
30 glückliche Mitarbeiterinnen im Stall
Er habe 30 glückliche Mitarbeiterinnen im Stall und auch seine Familie bestehe mehrheitlich aus weiblichen Mitgliedern, erklärte er mit einem Augenzwinkern. Für den Arbeitsmarkt bedeute die Digitalisierung, dass heute praktisch nur noch höher qualifizierte Personen in die Schweiz einwanderten, meinte Prof. em. George Sheldon, Universität Basel.
Und bei der Berufswahl in der Schweiz gebe es eine Verschiebung von der Berufslehre zur Hochschulausbildung. Das Podium war sich einig, dass heute noch zu wenig bekannt sei, wie attraktiv und vielseitig die Aufgaben in der Informatik seien.
Die MINT-Fächer (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) müssten bereits in der Schule stärker und attraktiver vermittelt werden. Dies sei im Lehrplan 21 bereits so vorgesehen, erklärte der Nidwaldner Regierungsrat Joe Christen.
Die Berufswahl heute verlaufe heute jedoch anders, als zu seiner Zeit. Damals meinte der Berufsberater, es fehle an Schreinern, das sei doch was für seinen Bruder. Heute sei dies anders, man gehe vielmehr auf die Bedürfnisse und Wünsche der Jungen ein, alle hätten die Wahlfreiheit.
Digitale Chancen in der Landwirtschaft
Auch in der Landwirtschaft hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten. Dies zeigte Dr. Thomas Anken von der Agroscope in seinem Input-Referat auf. Nicht nur Tesla fahre autonom, auch auf der Wiese gebe es solche Fahrzeuge.
Der Ecorobotix bekämpfe beispielsweise autonom und sehr effizient die Blacken. Er spare damit Pestizide ein und der Landwirt könne die Zeit anderweitig nutzen. Bei Nutztieren auf der Alp erleichtere GPS-Sender die Ortung. Und Dank intelligenten Halsbändern könnten Weidezäune bald obsolet werden.
Vor- und Nachteile der Digitalisierung
Diese zeigten Rindern und Kühen die digital definierte Weidegrenze mittels Geräusch und bei Überschreitung mit einem leichten Stromstoss an. Man dürfe sich der Digitalisierung sicher nicht verschliessen ergänzte Landwirt Josef Infanger. Er müsse viele Aufzeichnungen machen, die mehr und mehr digital erfolgten.
Aber es sei ein Spagat, denn man lebe von und mit der Natur, aber als Bauer sei man auch Unternehmer. Mit einem gemeinsamen Schlummertrunk endete der öffentliche Abend der Stiftung Academia Engelberg im Rahmen der Engelberger Dialoge 2021.
Die rund 70 Teilnehmenden nutzten ihn rege für weitere Diskussionen über die Vor- und Nachteile der Digitalisierung. Oder, wie es Talammann Alex Höchli in seiner Begrüssung formuliert hatte: «Wir alle entscheiden über die Zukunft und die Grenzen der smarten Digitalisierung».