Mario Frick (49), Trainer des FC Luzern, hat in einem Interview unter anderem über die Querelen im Verein und die Problematik von Social Media gesprochen.
FC Luzern Mario Frick
FCL-Trainer Mario Frick an der Seitenlinie. - keystone

Mario Frick ist seit Mitte Dezember 2021 Trainer des FC Luzern. Der 49-jährige Liechtensteiner übernahm das Team auf dem letzten Platz und hielt es via Barrage in der Super League. In der vergangenen Saison schaute der starke 4. Platz heraus, den die Luzerner auch aktuell halten.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht Frick unter anderem über die Querelen im Klub, die schwierige und lehrreiche Zeit in Italien und die Problematik der sozialen Medien.

Mario Frick, Ihr Team liegt nach elf Spielen mit 18 Punkten auf dem 4. Platz. Wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonstart?

«Mit der Punkteausbeute bin ich zufrieden. Zu Beginn war es aufgrund der Doppelbelastung mit dem Europacup nicht einfach bezüglich der Belastungssteuerung. Spielerisch sind wir ganz klar noch nicht dort, wo wir sein wollen. Wir verteidigten lange sehr gut, liessen wenig Gegentore zu, in den vorletzten zwei Partien war das jedoch nicht mehr der Fall. Viele Spieler besitzen noch Luft nach oben, brachten ihr Potenzial bisher nicht auf den Platz. Von daher schauen wir positiv in die Zukunft, wir befinden uns auf einem guten Weg.»

Apropos Europacup. In diesem wäre möglich gewesen. Wie stark wurmt Sie das Ausscheiden in der dritten Qualifikationsrunde für die Conference League gegen die Schotten von Hibernian Edinburgh?

«Man muss das Ganze differenziert anschauen. Zuvor setzten wir uns überraschend gegen Djurgarden durch. Enttäuschend war, dass wir gegen eine Mannschaft ausgeschieden sind, bei der wir das Gefühl hatten, besser zu sein. Das Heimspiel dominierten wir klar, wir schieden wegen Eigenfehler aus. Das setzte uns schon sehr zu. Mit Aston Villa als nächstem Gegner wäre es allerdings sehr schwer geworden, die Gruppenphase zu erreichen.»

Der FC Luzern sorgt immer wieder neben dem Platz für negative Schlagzeilen. Wie nehmen Sie die Posse um die Besitzverhältnisse als Trainer wahr?

«Ich lese natürlich interessiert die Artikel über das Hin und Her, kann das Ganze aber gut ausblenden. Auch die Mannschaft tangiert es nicht. Im Gegenteil: Als das Chaos im letzten Jahr begann, rückten das Team und die Fans näher zusammen. Es war wie eine Verbrüderung. Dass uns das Ganze nicht geschadet und belastet hat, beweist der 4. Rang in der vergangenen Saison und die aktuelle Klassierung.»

Wie gehen Sie allgemein mit Problemen um, drehen sich dann Ihre Gedanken permanent um diese oder können Sie gut abschalten?

«Es ist eine grosse Stärke von mir, dass ich auch nach einem verlorenen Spiel sehr reflektiert bin. Wenn eine Partie in der 85. Minute entschieden ist, dann habe ich die erste Analyse bereits gemacht, weiss ich ungefähr, an was es gelegen hat. Ich kann gut switchen, trage es nicht nach Hause. Ruhephasen sind wichtig. Wenn du dich gefangen fühlst in diesem Job, dann wird es gefährlich.»

Wie stark hilft Ihnen, früher selbst Fussball-Profi gewesen zu sein und Ihrer Karriere viel erlebt zu haben?

«Es hilft mir natürlich sehr, weil ich alles, was ich als Trainer durchlebe, selbst erlebt habe. Ich kenne alles, wurde hochgejubelt, verflucht, verfolgt. Dadurch fand ich eine gute innere Balance.»

Besonders in den neun Jahren in Italien haben Sie einiges erlebt, diese Zeit dürfte sie am meisten geprägt haben?

«Absolut, mein Rucksack wurde in Italien gut gefüllt. Zu dieser Zeit war es nicht ganz so witzig. Es ist nicht schön, wenn ein Mob auf dich draussen wartet. Aber dank dieser Erfahrungen, bin ich heute das, was ich darstelle. Ich möchte auch die schlechten Sachen nicht missen.»

Hatten Sie manchmal Angst?

«Mit Ternana verloren wir ein Derby gegen Perugia mit 0:4. Das ist in Italien ein absolutes Hassduell. Vor dem nächsten Heimspiel warteten die Fans auf uns, warfen Bierflasche auf den Bus, es gingen Fenster kaputt. Wir wussten, wenn wir das Spiel nicht gewinnen, dann geht es so weiter. Dann kriegst du es schon mit der Angst zu tun.»

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

«Ich bin sehr nah an den Spielern dran. Wenn jemand länger nicht zum Einsatz kommt, kann er jederzeit zu mir kommen, um nachzufragen, woran es liegt. Sie dürfen mich auch alle duzen. Ich pflege einen modernen Führungsstil. Ohnehin haben sich die Zeiten extrem gewandelt, heute musst du als Trainer so vieles begründen, sind die Spieler viel sensibler. Häufig werden Fehler bei anderen gesucht und auch die Berater mischen sich ein. Früher trainierten wir einfach, reflektierten wir selber unsere Leistungen.»

Sie sind jemand, der das Herz auf der Zunge trägt, auch Negatives klar anspricht. Heutzutage gibt es immer weniger Typen mit Ecken und Kanten wie Sie. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

«Weil jeder in den sozialen Medien anonym sagen kann, was er denkt und gewisse Aussagen zu einem Shitstorm führen. Das ist schon ein grosses Problem. Darum halten sich viele zurück mit ihrer Meinung. Ich würde gerne manchmal mehr Gas geben, aber heutzutage wird dir rasch ein Stempel aufgedrückt. Das kommt auch noch dazu.»

Sie waren als Trainer auch im Nachwuchsbereich tätig. Gerade erst sorgte eine Studie für Aufsehen, die zur Schlussfolgerung kam, dass zu früh spezialisiert und in der Kindheit zu viel und zu hart trainiert wird. Wie sehen Sie das?

«Das sind meine Worte. Ich kenne es vom Liechtenstein her, dort hören die grössten Talente zum Teil mit 16 Jahren auf, weil sie genug haben, da sie ab der U12 fünf, sechs Trainings pro Woche absolvierten plus ein Spiel am Wochenende. Bei einem solchen Pensum bleibt keine Zeit für etwas anderes. Ich habe dannzumal zweimal wöchentlich trainiert, war ansonsten jeden Tag draussen, spielte Tennis, Volleyball, Basketball, ging viel schwimmen. Man soll die Kinder wieder Kind sein lassen.»

Zum Schluss zurück zur Meisterschaft. Was ist für den FC Luzern in dieser Saison möglich?

«Vor der Länderspiel-Pause hatten wir zweimal die Möglichkeit, auf den 1. Platz vorzustossen. Das hat uns gar nicht gutgetan. Das Ziel ist – wie für viele – unter die ersten sechs zu kommen (nach 33 Runden wird die Tabelle in der Mitte geteilt, die Red.). Das wäre ein Erfolg für uns, wenn man sieht, dass Basel Letzter ist. Gelingt uns das, versuchen wir, den 4. Platz der vergangenen Saison zu bestätigen oder wenn möglich noch besser abzuschneiden.»

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