Von Schafisheim zur «Lanee Residenz» in Thailand
Mit einer Wohn-, Erholungs- und Ferienresidenz für Senioren und Demenz betroffene Menschen haben sich Hans-Jörg und Lanee Jäger ein neues Leben aufgebaut.

Nau.ch: Hans-Jörg Jäger, Sie sind in Schafisheim aufgewachsen. Wie oft sind Sie heute noch dort anzutreffen? Welchen Bezug haben Sie noch zur Gemeinde?
Ich bin dort zur Schule gegangen; wenn es irgendwie geht, gehe ich alle fünf Jahre zur Klassenzusammenkunft. Früher, als ich noch in der Schweiz lebte, war ich ab und zu in den Restaurants anzutreffen. Klar an den jeweils stattfindenden Jugendfesten, war es ja fast Pflicht, zu erscheinen.

Mit meinem damaligen Oberstufenlehrer Kaspar Hans habe ich immer noch intensiven Kontakt. Jedes Jahr, wenn wir in der Schweiz sind, treffe ich ihn. Er war mein ganzes Leben lang mein Mentor und Lebensratgeber. Sein Spruch «Wenn du was anfängst, musst du es zu Ende führen» war für mich immer ein Begleiter und ich habe mich immer daran gehalten.

Auch mit zwei, drei Schulkameraden habe ich heute noch über Facebook oder Mail Kontakt.
Nau.ch: Wann sind Sie nach Thailand ausgewandert und wie kam es zu diesem Entscheid?
Das war 2011. Ich war mit 54 Jahren in einem Alter, in dem man noch was reissen und riskieren kann. Man schafft es nochmals, von ganz vorne anzufangen und etwas aufzubauen. Bei mir war es klar ein Abenteuer und ich hatte die Frau dazu, die mir blind vertraute und auch an uns glaubte.

Wir waren beide im Hamsterkäfig – meine Frau war nach über zehn Jahren in der Pathologie des Kanstonsspitals Aarau müde. Ich wiederum hatte nach 20 Jahren Aussendienst – bei meinem Bruder in der Firma Urs Jäger AG und dann bei der Sodafresh AG – den Verkehr satt.

Die Idee der Residenz war schon lange da. Ich bin dann ein wenig kürzergetreten, habe einen Halbtagsjob als Physiklaborant an der Kantonsschule Wohlen angenommen. Ich war der erste Physiklaborant dort, aber als alles eingerichtet und neu organisiert war, brachte mir auch dieser Job keine neuen Impulse mehr.
Darum haben wir uns entschlossen, mit der Lanee Residenz in Thailand nochmals was zu riskieren.

Nau.ch: Wie kamen Sie auf die Idee der heutigen Residenz?
Meine Mutter hatte bei einem Besuch in Thailand mal gesagt, dass Sie sich vorstellen könnte, hier in Thailand zu leben. Ihre Bedingungen waren: nicht alleine zu leben und sie müsste ihre Sprache sprechen und auch mal einen Jass klopfen können. Das waren die ersten Gedanken, die in Sachen Residenz geboren wurden. Das war ums Jahr 2000.

Von da an haben meine Frau und ich angefangen zu planen. Denn es war das Land ihrer Eltern, das überbaut werden sollte. So haben wir fast zehn Jahre lang geplant und Geld gespart.

2010 folgte dann endlich der Startschuss für den Bau. Im April 2011 sind wir offiziell ausgewandert und im Dezember desselben Jahres haben wir im Beisein der damaligen Botschafterin unsere Residenz eröffnet.

Nau.ch: Die Lanee Residenz ist eine Wohn-, Erholungs- und Ferienresidenz für Senioren und Menschen mit Demenz. Wie sieht ein Aufenthalt bei Ihnen aus? Was für Möglichkeiten bieten sich den Gästen?
Die Senioren und Seniorinnen können bei und mit uns leben. Auch als Betroffener von Demenz oder Alzheimer kann man sich bei uns betreuen lassen. Bei uns heisst es: Bungalow mieten und geniessen, inklusive Vollpension.

Wir organisieren auch Ausflüge und Reisen. So kann es sein, dass wir auch mal zehn Tage unterwegs sind, mit dem Minibus durch das Land fahren und uns die Sehenswürdigkeiten dieses schönen Landes ansehen. Oder es gibt eine Reise zu unseren Nachbarn – Laos, Kambodscha, Vietnam.

Auch die wöchentlichen Massagen, der Fitnesskurs am Pool oder das Boccia-Turnier halten unsere Gäste auf Trab.
Nau.ch: Für wie viele Gäste bietet die Residenz Platz und wie viele Angestellte haben Sie?
Wir haben 13 Bungalows sowie eine Einliegerwohnung im Hotelbau mit 6 Zimmern. Aktuell überlegen wir, nochmals drei kleine und sechs grosse Bungalows zu bauen, da wir täglich Anfragen erhalten und aufgrund Platzmangel Absagen erteilen müssen.

Die Residenz betreiben wir jetzt mit 30 Angestellten; damit sind wir der grösste Arbeitgeber in der weiten Umgebung und wir denken auch der beste. Wir führen stets eine Warteliste für Leute, die gerne bei uns arbeiten möchten.

Nau.ch: Wie haben Sie in Thailand die letzten Wochen in Zeiten von Corona erlebt?
Mit Argusaugen haben meine Frau und ich, seit Ausbruchs des Virus, die Handlungen des thailändischen Staates beobachtet. Beherbergen wir doch alle Risikogäste. Als der erste Lockdown kam, haben wir uns entschlossen, mit unseren Mitarbeitern in eine Quarantäne zu gehen. Wir haben total 40 Tage die Türe geschlossen und niemanden rein und rausgelassen. Wenn Lieferungen kamen, z.B. Lebensmittel, wurde das mit äusserster Vorsicht entgegengenommen. Fahrer und Hilfspersonal wurden desinfiziert, bekamen Masken usw.
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Auch haben wir der Regierung vertraut, dass die das Ganze in den Griff bekommt. Und wir sollten recht behalten: Prozentual hatten wir, glaube ich, am wenigsten Fälle weltweit. Ich denke, das kommt daher, dass sich die Bevölkerung sehr an Verordnungen hält.

Nau.ch: Wie sahen die Tage in der Residenz genau aus?
Die Tage in der Residenz gingen kurzweilig vorüber. Viele haben mit meiner Frau Lanee Sport gemacht. Auch waren vermehrt Spiele angesagt und ausgiebig TV schauen.

Da niemand an irgendeine Arbeit musste, sind wir nach dem Frühstück und Mittagessen länger sitzen geblieben, was sehr angeregte Diskussionen ergab. Ansonsten genossen die Gäste ihre Massagen sowie eine Maniküre oder Pediküre.
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Und da wir in dieser Zeit keine Gäste empfangen durften, gingen am Abend auch alle etwas früher ins Bett als sonst.
Nau.ch: Was wünschen Sie sich für die nächsten fünf Jahre?
Schwierige Frage. Eigentlich wollten wir kürzertreten, doch nach zwei Berichten bei RTL sind wir überrannt worden. Nun überlegen wir, wie zuvor erwähnt, weiter auszubauen.

Dieser Entscheid ist für uns nicht einfach, denn wir wollen unbedingt den familiären Charakter unserer Residenz erhalten. Mit zu vielen Gästen könnte das problematisch werden; deswegen sind wir gegenwärtig sehr unter Druck, denn diese Entscheidung muss bald fallen.
Auf lange Zeit möchten wir auch unseren Ruhestand vorbereiten. Auch da schmieden wir Pläne.

Zur Person
Hans-Jörg Jäger ist in Schafisheim aufgewachsen und wohnt seit 2011 in Thailand. Der 63-Jährige hat drei Kinder aus erster Ehe (ein Sohn, der in Dubai und Luzern wohnt; eine Tochter, die ein Ferienresort in Panama betreibt; eine Tochter, die in Kölliken wohnt) sowie eine Tochter aus zweiter Ehe (wohnt in Buchs AG und arbeitet in Lenzburg).
Das Motorradfahren ist ein grosses Hobby von Hans-Jörg und Lanee Jäger, die eine Harley-Davidson fahren. Mit dem Motorrad erkunden sie gerne mal für ein paar Tage das Land. Auch das Schiessen im Schiessstand oder im Combat Stand gehört zu den Freizeitbeschäftigungen des Ehepaars.