CVP-Politikerin Christina Bachmann-Roth aus Lenzburg berichtet in ihrem Gastbeitrag über ihre Bahnhof-Challenge in Zeiten des Coronavirus.
Christina Bachmann-Roth
CVP-Politikerin Christina Bachmann-Roth hat ihre eigene Challenge geschaffen: Jeden Morgen begab sie sich mit einem fröhlichen Plakat zum Bahnhof Lenzburg. - z.V.g.
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In normalen Zeiten benutzen täglich 25’000 PendlerInnen den Bahnhof Lenzburg. Da dieser aber nur für eine Kapazität von 12’000 Personen pro Tag gebaut wurde, gehört er zu den gefährlichsten Bahnhöfen des Kantons Aargau. Ein verkehrstechnisches Nadelöhr.

Darum wird der Bahnhof von Politisierenden, Starkgläubigen oder Tierfreunden gerne benutzt, um Flyer in Hände zu drücken. Auch ich habe hier für meinen Nationalratswahlkampf Kondome und anderes verteilt.

Ich musste mich den PendlerInnen regelrecht in den Weg stellen, ansonsten wurde ich übersehen oder ignoriert. Ich hörte oft: «Ach, die Politiker, sie kommen vor den Wahlen aus ihren Löchern und wollen mich zum Wählen bringen». Als ehemalige ÖV-Pendlerin verstehe ich diesen Unmut.

Nicht nerven, nur dastehen

Ich will die Leute nicht nerven und doch an diesem Nadelöhr-Bahnhof in Szene treten. Also plante ich eine neue Challenge: Seit dem Frühjahr stand ich jeden Montagmorgen zwischen 6.45 und 7.30 Uhr da und versuchte mit einem fröhlichen Spruch und Bonbons etwas Freude zu verbreiten. Keine Propaganda, keine Flyer, kein CVP-Banner.

Christina Bachmann-Roth am Bahnhof Lenzburg: Fröhlicher Spruch statt Propaganda, Flyer und CVP-Banner. - z.V.g.

So stand ich am ersten Februarmontag parat. Alles war bereit... aber ich getraute mich nicht, mein Plakat mit dem Spruch aus dem Auto zu laden und mich hinzustellen. «Was denken bloss die Leute? Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte? Einfach ohne Botschaft und Zweck da hinstehen?»

Glück kam ein Freund zur Hilfe – mit ihm zusammen schaffte ich es. Zunächst wurde ich von vielen Menschen gar nicht bemerkt. Hunderte liefen an mir vorbei. Nur ganz wenige nahmen das Bonbon, das ich ihnen dezent entgegenhielt.

Ein Engel am Bahnhof?

Aber schon nach einem Monat lächelten mir viele PendlerInnen zu. Einige grüssten mich herzlich, als wären wir Bekannte. Junge tippten sich zur Begrüssung an ihr Cap.

So ging es weiter und weiter, wurde immer herzlicher. An einem Montag sagte einer zu mir: «Jetzt weiss ich, wer Sie sind. Ein Engel!» Ein anderer Pendler stand plötzlich vor mir und streckte mir ein Gipfeli vor den Kopf. Er habe nun schon einige Bonbons von mir bekommen – darum möchte er mir jetzt auch was schenken.

Christina Bachmann-Roth
Christina Bachmann-Roth hatte tolle Begegnungen. - z.V.g.

Ein Herr mit Anzug fragte mich nach meiner Motivation und meiner Absicht und wir führten eine spannende politische Diskussion. Ja und viele bedankten sich für die Ermutigung oder den guten Wunsch zum Wochenstart.

Bald darf ich zurückkehren

Diese Montagmorgen-Aktion wurde mir ein wichtiges Ritual. Es war fast schon ein Treffen mit Freunden, wir waren eine verschworene Truppe.

Am 16. März stand ich dann zum vorläufig letzten Mal am Bahnhof – an diesem Tag wurde der Notstand ausgerufen und ich folge natürlich der Bitte, zu Hause zu bleiben. Das mache ich auch bis zum 27. April.

Aber dann werde ich am Montagmorgen wieder meinen Platz am Bahnhof Lenzburg einnehmen. Oh, wie ich mich darauf freue.

Christina Bachmann-Roth
Christina Bachmann-Roth gab den Pendlerinnen und Pendlern einen schönen Spruch zum Start in den Tag und Bonbons mit auf den Weg. - z.V.g.

Zur Person Christina Bachmann-Roth

Mit ihrem Slogan «Bald kommen meine Tage» hat die Unternehmerin, Mutter und CVP-Politikerin Christina Bachmann-Roth (36) bei den Nationalratswahlen für Aufsehen gesorgt. Noch ist der Lenzburgerin der Sprung nach Bern nicht geglückt, in drei Jahren soll es klappen. Zunächst stehen im kommenden Herbst aber die Grossratswahlen an, an der sie für die CVP Lenzburg an den Start geht.

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