Der Stadtrat Kloten ZH hat einige Massnahmen in petto, um der Fluktuation an der Schule entgegenzuwirken. Gemeinderat Roman Walt (GLP) fällt da noch mehr ein.
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Roman Walt, Gemeinderat und Parteipräsident der Grünliberalen Partei Kloten. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vergangenes Schuljahr verliessen fast 23 Prozent der Lehrpersonen die Schule Kloten.
  • Der Stadtrat will mit mehreren Massnahmen zur Erhöhung der Standortattraktivität treffen.
  • GLP-Gemenderat Roman Walt fallen noch weitere Dinge ein, die man tun könnte.

Die Schulen haben mit Fachkräftemangel zu kämpfen. In dieser Situation sind viele Abgänge kein gutes Zeichen. An der Schule Kloten haben im vergangenen Schuljahr fast 23 Prozent des Lehrpersonals den Abgang gemacht.

Mehrere Gemeinderäte verlangten vom Stadtrat eine Antwort auf die Fluktuationszahlen. Diese liegt nun vor, sie wird an der nächsten Gemeinderatssitzung am 5. September besprochen.

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Die Schule Feld in Kloten. - Nau.ch / Miriam Danielsson

Der Stadtrat bezieht sich darin auf eine nicht repräsentative Umfrage, bei der die meisten private Gründe als starken Kündigungsgrund angaben. Mehrere Massnahmen sollen die Standortqualität erhöhen und so die Fluktuation entschärfen. Diese beinhalten eine Erhöhung der Sonderschulkosten, der Heilpädagogen, der Therapien und ein Pilotprojekt zum Einsatz von Klassenassistenzen.

Weiter kommt der Stadtrat zu dem Schluss, dass das Projekt FSL (Fokus starke Lernbeziehungen) die Fluktuation leicht entschärfe. FSL soll durch die Reduktion der in einer Klasse tätigen Lehrpersonen Lernbeziehungen stärken und den integrativen Unterricht weiterentwickeln. Kloten hat trotz einer Nicht-Empfehlung des Zürcher Regierungsrats das Projekt weitergeführt.

GLP-Gemeinderat Roman Walt sieht die geplanten Massnahmen positiv, auch wenn für ihn einiges davon «eigentlich schon Normalität sein» sollte. Zusätzlich will Walt den administrativen Aufwand für Lehrpersonen «auf das Nötigste» beschränken. In punkto FSL widerspricht Walt dem Stadtrat, dieses sei «ein grosser Fehler».

Nau.ch: Roman Walt, wie schlimm ist die Situation an der Schule Kloten?

Roman Walt: Die Fluktuation an der Schule Kloten ist definitiv zu hoch und eine Belastung für alle Betroffenen, insbesondere für Schülerinnen und Schüler. Im Schnitt hat im letzten Schuljahr fast jede vierte Lehrperson die Schule Kloten verlassen, in einzelnen Schuleinheiten dürfte dieser Wert noch viel höher sein.

Zudem sind interne Wechsel – also innerhalb einer Schuleinheit oder zwischen Schuleinheiten in Kloten – in der Statistik nicht erfasst. Für die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern sind diese Wechsel aber ebenso belastend wie eine Kündigung.

Und auch wenn ich Verständnis für die allgemein angespannte Lage beim Lehrpersonal habe: Die Situation in Kloten ist nicht erst seit ein, zwei Jahren so. Da wurde schon in früheren Jahren viel zu wenig getan und zu viele Fehler gemacht, um gutes Personal zu halten.

Nau.ch: Was halten Sie von den geplanten Massnahmen des Stadtrats?

Roman Walt: Massnahmen wie die Einbindung des Lehrpersonals in Angebote für das ganze Verwaltungspersonal und die Bereitstellung von aktueller Software und persönlicher Laptops als Arbeitsmittel müssten aus meiner Sicht in der heutigen Zeit eigentlich schon Normalität sein.

Die Stärkung der Kommunikationskanäle von unten nach oben dient sicher der direkten Wahrnehmung der Situation beim Lehrpersonal und ist zu unterstützen, langfristig kann so der Ruf der Schule Kloten gestärkt und motiviertes Personal gewonnen und gehalten werden.

Eine starke und auch kurzfristig wirkungsvolle Massnahme ist die Stärkung der Klassenassistenzen. Aber diese Massnahme bietet nur sehr spezifisch eine Entlastung der Lehrpersonen und ersetzt keine Fachkräfte. Gewachsene und strukturelle Schwächen der Schule Kloten können damit auch nicht gelöst werden.

Nau.ch: Welche Massnahmen könnten sonst noch getroffen werden?

Roman Walt: Lehrpersonen müssen sich dem Unterricht und den Stärken und Schwächen ihrer Schülerinnen und Schüler sowie dem Austausch mit den Eltern widmen können. Administrativer Aufwand sollte für Lehrpersonen möglichst auf das Nötigste beschränkt oder – wenn zwingend nötig – allenfalls über personelle Unterstützung aufgefangen werden.

Und zur eben angesprochenen strukturellen Schwäche: Mit «Fokus starke Lernbeziehungen» (FSL) wurden diverse Aufgaben an das ordentliche Lehrpersonal übergeben, für welche früher spezifisches, geschultes Fachpersonal zuständig war. Zudem ist nun Team-Teaching auf Primarschulstufe Pflicht, um überhaupt alle Aufgaben irgendwie wahrnehmen zu können.

Das führt zu fachlichen und persönlichen Herausforderungen, welche nicht alle Lehrpersonen gleich gut bewältigen können und darum zusätzlich belasten. Da gilt es anzusetzen.

Nau.ch: Wie stehen Sie zu dem Projekt FSL?

Roman Walt: Die flächendeckende Einführung von FSL in Kloten war und ist aus meiner Sicht ein grosser Fehler. FSL erfordert noch mehr Lehrpersonal und zwingt Lehrpersonen zu teils sehr intensiven und spezifischen Betreuungsaufgaben auf individueller Ebene. Das bindet wichtige Ressourcen, welche in die Ausbildung der ganzen Klasse eingesetzt werden sollten.

Der Bericht der Bildungsdirektion des Kantons Zürich zu FSL zeigt auch, dass die Ziele des Modells nicht erreicht werden, insbesondere beständigere und tragfähigere Lehr-Lern-Beziehungen. FSL benötigt auch nicht weniger spezialisiertes Personal, dies zeigt ja die in der Beantwortung beschriebene Massnahme zur Erhöhung der «Deutsch als Zweitsprache»-Stellen. Den Eindruck, dass FSL die Fluktuation entschärfe, kann ich darum nicht bestätigen.

Persönlich befürworte ich Team-Teaching sehr, aber nicht als Pflicht über FSL, sondern vielmehr als Option für Lehrpersonen, die sich mit diesem Arbeitsmodell identifizieren und so arbeiten können und wollen. Diese Möglichkeit, zusammen mit den anderen beschriebenen Massnahmen, würden aus meiner Sicht die Attraktivität der Schule Kloten stärken, Lehrpersonal mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben und so die Fluktuation nachhaltig verringern.

Zur Person

Roman Walt ist seit 2014 Gemeinderat und Parteipräsident der Grünliberalen Partei Kloten. Der 39-jährige Familienvater (verheiratet, zwei Kinder) arbeitet an der Kartensammlung der ETH-Bibliothek als Fachspezialist im Bereich digitale Karten und Geoinformation. Seine Hobbys sind Musik, Gartenarbeit, skandinavische Krimis und Data Science.

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