Die Stadtpolizei Grenchen soll aufgehoben und die Mitarbeitenden der Stadt- in die Kantonspolizei oder in die Stadtverwaltung integriert werden.
Polizei Kanton Solothurn in Grenchen.
Polizei Kanton Solothurn in Grenchen. - Nau.ch / Ueli Hiltpold
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An der ersten Gemeinderatssitzung des neuen Jahres vom 1. Februar 2022 fiel ein Entscheid von grosser Tragweite. Die Stadtpolizei Grenchen, welche seit Jahrzehnten für Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt sorgt, soll aufgehoben, die Aufgaben an die Kantonspolizei zurückdelegiert und die Mitarbeitenden der Stadt- in die Kantonspolizei oder in die Stadtverwaltung integriert werden.

Diesem Entscheid liegt die prekäre finanzielle Situation unserer Stadt zugrunde. Das Projekt «Kompass» strebt das Ziel an, die Steuern in der Stadt Grenchen von aktuell 122 Prozent auf den kantonalen Durchschnitt von 118 Porzent zu senken.

Der Gemeinderat hat im Frühjahr 2021 in drei Workshops die Notwendigkeit festgehalten, den städtischen Haushalt nachhaltig um 5 Millionen Franken zu verbessern.

Dies entspricht der Höhe des strukturellen Deifzits der Stadt Grenchen, zu welchem auch die Annahme der Vorlage «Steuerreform und die AHV-Finanzierung», STAF, per 1. Januar 2021 beigetragen hat.

Im Mai 2022 wird über den Vorschlag der Volksinitiative «Jetz si mir draa» abgestimmt

Durch die Volksinitiative «Jetz si mir draa» bzw. deren Gegenvorschlag, dem der Kantonsrat Ende Januar 2022 zugestimmt hat und welche im Mai 2022 zur Abstimmung kommt, drohen der Stadt Grenchen weitere Ausfälle von 2 Millionen Franken bei Annahme des Gegenvorschlags, beziehungsweise 8 Millionen Franken bei Annahme der Initiative.

Bei der Verzichtsplanung des Gemeinderats standen jene Leistungen im Vordergrund, welche eine Gemeinde nicht zwingend erbringen muss. Die grösste freiwillige Ausgabenposition Grenchens ist unsere Stadtpolizei.

Es war deshalb zwingendes Gebot der Stunde, hier Handlungsmöglichkeiten zu prüfen, so schmerzvoll das auch war. Dies gilt umso mehr, als die Abgeltung der Polizeileistungen durch den Kanton nach wie vor völlig unbefriedigend ist.

Die Sicherheit ist eine primäre Aufgabe des Kantons

In der Schweiz obliegt die Polizeihoheit und -organisation grundsätzlich den Kantonen. Sie sind damit zuständig und verantwortlich für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Gemäss Gesetz über die Kantonspolizei ist die Polizei Kanton Solothurn für die sicherheits-, kriminal- und verkehrspolizeilichen Aufgaben im Kanton zuständig.

Sie leistet im Rahmen dieser Aufgaben der gesamten Bevölkerung Hilfe und verhütet Unfälle und Straftaten durch Information und andere geeignete Massnahmen. Sie unterstützt die Behörden bei der Durchsetzung der Rechtsordnung.

Seit Jahrzehnten tätigt die Stadt Grenchen mit ihrem Polizeikorps Aufgaben, für die eigent-lich der Kanton respektive die Kantonspolizei zuständig ist, namentlich die lokale Sicherheit und die Notfallintervention.

Wenn die Stadt diese Aufgaben wiederum dem Kanton, der dafür auch zuständig ist, überträgt, ergibt sich daraus ein Sparpotenzial von rund 1,6 bis 2 Millionen Franken. Das sind fünf bis sechs Steuerprozentpunkte.

Die Stadt ist für verwaltungspolizeiliche Aufgaben zuständig

Sollten die polizeilichen Aufgaben bei der Stadt verbleiben, müsste infolge des strukturellen Defizits mit einer Steuererhöhung von sechs Prozent gerechnet werden. Bei der Stadt Grenchen verbleiben verwaltungspolizeiliche Aufgaben im Bereich Gewerbe, Gesundheit, Markt und Verkehr.

Die Stadtbehörde ist bspw. zuständig für das Ausstellen von Parkkarten und -bewilligungen sowie Bewilligungen auf öffentlichem Grund wie zum Beispiel beim Wochenmarkt, beim Rock am Märetplatz, bei der Kürbisnacht und so weiter.

Sie ist weiter zuständig für das Bewilligungs- und Prüfungswesen im Wirtschafts- und Verkehrsverwaltungsbereich, für den Verwaltungsbereich des Taxiwesens und für die Bewirtschaftung der stadteigenen Parkplätze.

Die Vorteile der Integration überwiegen

Der Gemeinderat hat die Vor- und Nachteile einer Auflösung der Stadtpolizei sorgfältig abgewogen und lange diskutiert.

Der Entscheid fiel alles andere als leicht. Es ist klar, dass wenn der Kanton die operative und taktische Verantwortung für die polizeiliche Sicherheit auf dem Gebiet der Stadt Grenchen übernimmt, eine geringere direkte Einflussnahme der Stadt auf die öffentliche Sicherheit resultiert.

Im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft wird jedoch ein ständiger Kontakt und Austausch zwischen den Stadtbehörden und den Verantwortlichen des Regionenpostens und der Region West der Kantonspolizei über die lokalen Sicherheitsbedürfnisse etabliert.

Die Kantonspolizei kann die Aufgaben der Stadt nicht Rechnung stellen

Mit den geplanten Strukturen und organisatorischen Massnahmen gewährleistet die Kantonspolizei, dass sich die Verlagerung der Aufgaben nicht negativ auf das Sicherheitsniveau und das subjektive Sicherheitsempfinden unserer Bevölkerung auswirkt.

Der Polizeiposten der Kantonspolizei liegt äusserst zentral am Marktplatz und ist Anlaufstelle für die verschiedensten Anliegen. Es erfolgt kein Leistungsabbau seitens der Kantonspolizei auf die Sicherheitsleistungen zugunsten unserer Stadt.

Die Kantonspolizei kann für die ihr durch das Gesetz zugewiesenen Aufgaben der Stadt nicht Rechnung stellen.

So erfährt das Budget der Stadt Grenchen pro Jahr eine ansehnliche Entlastung von rund 2 Millionen Franken. Alle diese Argumente haben den Gemeinderat zum Entscheid von Ende Januar bewogen.

Eine Anschlusslösung für das Personal wird garantiert

Dem Personal der Stadtpolizei Grenchen gebührt unser grösster Dank für seinen täglichen Einsatz zugunsten der Sicherheit unserer Bevölkerung.

Es ist ein zentrales Anliegen, für alle Mitarbeitenden des städtischen Polizeikorps eine angemessene Anschlusslösung zu finden, sei es beim Kanton, bei der Stadt oder allenfalls bei einem anderen Arbeitgeber.

Für die Übernahme der präventiven und repressiven polizeilichen Aufgaben benötigt die Kantonspolizei nach ersten Schätzungen rund 14 bis 15 Mitarbeitende. Diese werden ihre Arbeit auf dem Regionenposten Grenchen verrichten.

Lokale Polizeiaufgaben wie die Fusspatrouillen in der Innenstadt, die Quartierpolizei, städtische Brennpunkte und Ermittlungsaufträge et cetera werden fest dem Regionenposten am Marktplatz zugewiesen, dotiert mit genügend Personal.

Die Mitarbeitenden der Stadtpolizei, welche zur Kantonspolizei wechseln, erhalten attraktive Einsatz- und Aufstiegsmöglichkeiten.

2023 sollen die polizeilichen Aufgaben an die Polizei Kanton Solothurn übertragen werden

Die Übertragung des Vollzugs der polizeilichen Aufgaben an die Polizei Kanton Solothurn gemäss kantonalem Polizeigesetz und der damit verbundenen Aufhebung des städtischen Polizeikorps soll auf den 1. Januar 2023 erfolgen.

Die Stellen der Stadtpolizei Grenchen werden damit auf den 31. Dezember 2022 aufgehoben. Nun wird die Koordination beziehungsweise Absprache mit der Polizei Kanton Solothurn erfolgen.

Dabei ist genau festzulegen, welche Tätigkeiten von ihr übernommen werden und welche bei der Stadt Grenchen verbleiben. Daraus ergibt sich der Stellenetat sowohl bei der Stadt Grenchen wie auch bei der Kantonspolizei.

Die entsprechenden Kreditanträge und die Änderungen der Gemeindeordnung und weiterer Reglemente werden der Gemeindeversammlung zu gegebener Zeit vorgelegt.

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