Ein Zukunftsprojekt für Spital

Gemeinde Flawil
Gemeinde Flawil

Flawil,

Die Regierung des Kantons St. Gallen hat am 24. Februar 2020 die Botschaft zur Weiterentwicklung der St.Galler Spitäler bekannt gegeben.

Spital Flawil
Im heutigen Spital Flawil dürfen die Lichter nicht gelöscht werden. - Gemeinde Flawil

Im Oktober 2019 schickte die Regierung ihre Pläne zur Zukunft der Spitäler im Kanton St. Gallen in die Vernehmlassung. Der Gemeinderat nahm ausführlich dazu Stellung und zeigte auf, dass die vorgeschlagene «4plus5»-Strategie (vier Spitäler werden gestärkt und fünf Spitäler werden auf Gesundheits- und Notfallzentren reduziert) von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist und sich als untaugliche und nicht gangbare «4plus0»-Strategie entpuppt. Wie befürchtet ist die Regierung nicht auf die Kritik der fünf, von einem drastischen Abbau betroffenen Standorte eingegangen. In dieselbe Kerbe wie der Gemeinderat hieb die Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen. Doch auch ihre Bemühungen blieben bisher erfolglos.

Regionales Gesundheits- und Notfallzentrum

Die Botschaft der Regierung sieht vor, dass am Spitalstandort Flawil ein Regionales Gesundheits- und Notfallzentrum (GNZ) aufgebaut werden soll. Dieses würde ein ambulantes Leistungsangebot mit einem gut erreichbaren und klar erkennbaren Notfallangebot kombinieren. Bei Bedarf und in Abstimmung mit dem Notfalldienst der niedergelassenen Ärzteschaft könnte das Notfallangebot auf einen 7-Tage- und 24-Stunden-Betrieb ausgedehnt sowie mit einem kleinen Bettenangebot für stationäre Kurzaufenthalte von in der Regel höchstens 24 Stunden ergänzt werden.

Nicht zu Ende gedacht

Was auf den ersten Blick verlockend tönt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als nicht zu Ende gedachte Verlegenheitslösung. Die Hausärzte wären die wichtigsten Partner eines ambulanten Gesundheits- und Notfallzentrums. Doch die Hausärzte der Region wollen die nebulösen Vorstellungen der Regierung nicht mittragen. Bei einer Umwandlung des heutigen Spitals in ein Regionales Gesundheits- und Notfallzentrum würden in Flawil über 200 Arbeitsplätze verloren gehen. Ein unnötiges volkswirtschaftliches Desaster. Die Regierung hat zudem keinen Plan, was mit ihrer überwiegend leerstehenden Spitalliegenschaft geschehen würde. Selbst in Corona-Zeiten hat in St. Gallen niemand bemerkt, dass sich unter dem Spital eine grosse geschützte Operationsstelle (GOPS) befindet. Und niemand hat davon Notiz genommen, dass die von der Gemeinde Flawil mitfinanzierte und zur Schliessung vorgesehene Spitalküche auch die Mahlzeiten des angebauten Wohn- und Pflegeheims liefern muss.

Es gäbe bessere Lösungen

Der Gemeinderat stellt sich nicht partout gegen Veränderungen. Im Gegensatz zu anderen Spitalstandorten bot er von Anfang an Hand für allfällige neue medizinische Angebote, Dienstleistungen und Kompetenzen. Der Rat legte sich ins Zeug und präsentierte der Regierung des Kantons St. Gallen drei fundierte Vorschläge zur Weiternutzung des Spitals.

Spezialklinik des Kantonsspitals

Erstens, auf Empfehlung eines renommierten Gesundheitsökonomen, die Schaffung einer Spezialklinik des Kantonsspitals am Standort Flawil. Obwohl dezentrale Strukturen, wie die jüngste Krise wieder zeigt, durchaus Vorteile haben, wurde dieses Szenario nur ungenügend geprüft und abgelehnt.

Verkauf an Privatklinikgruppe

Zweitens, der Verkauf der Spitalliegenschaft an die Privatklinikgruppe Swiss Medical Network für einen zweistelligen Millionenbetrag oder an die Berit Klinik AG. Die Regierung lehnt diesen Vorschlag ab, weil das Kantonsspital und die Spitalverbunde offensichtlich den Wettbewerb, den Fortschritt und die Innovation von privaten Unternehmen fürchten. Beide Käufer wären bereit gewesen, das heutige Spital zu übernehmen und mit Arbeitsplatzgarantien in die eine oder andere Richtung weiterzuentwickeln. Dies hat seinen Grund. Das Spital Flawil ist mit seiner intakten Infrastruktur heute noch eines der modernsten Spitäler im Kanton St. Gallen und kein anderes öffentliches Spital in unserem Kanton liegt näher an einem Fernverkehrshalt der Bahn. Übrigens: Beide Privatkliniken sind immer noch an Verhandlungen für eine Übernahme des Spitals Flawils interessiert.

MedPlus-Spital

Drittens, die Schaffung eines MedPlus-Spitals als gemeinsamer Vorschlag der St.Galler Spitalkonferenz. Ein solches Spital mit einer stationären Grundversorgung der allgemeinen und inneren Medizin wäre aus Sicht des Gemeinderats für den Kanton St. Gallen eine medizinisch und ökonomisch sinnvolle Ergänzung zum Zentrumsspital in St. Gallen gewesen und hätte die regional unterschiedlichen Bedürfnisse unseres Kantons berücksichtigt. Leider wurde auch dieser Vorschlag nur ungenügend geprüft und aus Kostengründen abgelehnt.

Der Gemeinderat gibt nicht auf

In den vergangenen Monaten hat der Gemeinderat zusammen mit der Solviva AG einen vierten Lösungsvorschlag entworfen. Die Solviva AG ist ein Schweizer Familienunternehmen, welches im Bereich der Spezialpflege schweizweit neue Akzente setzt. Sie will zusammen mit namhaften Partnern am Spitalstandort Flawil ein Gesundheits-, Notfall- und Therapiezentrum aufbauen, in die Liegenschaft investieren und eine bedeutende Anzahl Arbeitsplätze erhalten.

Schweizer Paraplegiker-Zentrum

Das Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil will Flawil zur Ostschweizer Aussenstelle für die ambulante Versorgung von Menschen mit einer Querschnittlähmung machen. Das vorgeschlagene Leistungsspektrum umfasst vor allem die Durchführung der Jahreskontrollen im Rahmen der lebenslangen Betreuung und Begleitung von Menschen mit Querschnittlähmung. Daneben sind weitergehende therapeutische oder diagnostische Massnahmen im ambulanten Bereich vorgesehen. Dazu sollen kurzzeitstationäre Aufenthalte möglich sein, für querschnittgelähmte Personen, die vorübergehend oder periodisch therapeutische Behandlung benötigen oder bei denen das Betreuungsumfeld beziehungsweise die Angehörigen vorübergehend entlastet werden müssen.

Weaningcenter

Am Standort Flawil könnte auch ein Weaningcenter aufgebaut werden. In einem Weaningcenter werden beatmete Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von mehreren Wochen vom Beatmungsgerät entwöhnt. Das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen kommt in seiner Beurteilung des Angebots zum Schluss, dass in der Ostschweiz durchaus ein Bedarf für zusätzliche Weaningbetten besteht.

Beitrag des Kantonsspitals

Damit das Flawiler Spitalgebäude ausgelastet werden kann, muss auch das Kantonsspital St. Gallen einen wichtigen Beitrag leisten. Während einer Übergangszeit von fünf bis sieben Jahren soll in Flawil die bereits bestehende und sehr erfolgreich angebotene Palliative Care und Schmerztherapie weitergeführt werden.

Und was macht die Solviva AG?

Die Solviva AG will zusammen mit den Hausärzten der Region ein auf das Bedürfnis der Bevölkerung abgestimmtes Gesundheits- und Notfallzentrum aufbauen und betreiben. Es soll eine Integrierte Notfallpraxis mit 24-Stunden-Anlaufstelle geben. Ausserdem soll in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital und den Hausärzten ein spezialärztliches Sprechstundenangebot entstehen, welches durch therapeutische Dienste ergänzt wird. Schliesslich würde die Solviva AG verschiedene Angebote der Spezial- und Übergangspflege sowie Passarelle-Betten führen. Mittelfristig will die Solviva AG rund 60 der heute bestehenden 75 Spitalbetten erhalten.

Nun ist der Kantonsrat am Zug

Der Gemeinderat hat der vorberatenden Spitalkommission und dem Lenkungsausschuss den Vorschlag der Solviva AG zur Zukunft des Spitalstandorts Flawil am 1. Juli 2020 vorgestellt. Der Gemeinderat pocht mit Nachdruck darauf, dass seine Bemühungen für eine Zukunft des Spitalstandorts Flawil endlich akzeptiert werden. Der Gemeinderat fordert vom Kantonsrat mit Vehemenz den Erhalt zahlreicher Arbeitsplätze am Standort Flawil. Ausserdem fordert er die Rückgabe der Spitalliegenschaft an die Gemeinde Flawil zum seinerzeitigen Verkaufspreis von null Franken. Mit der Ansiedlung des Schweizer Paraplegiker-Zentrums und des Weaningcenters in Flawil entsteht ein Mehrwert für die ganze Ostschweiz. Oder soll eine grosse Liegenschaft des Kantons auf viele Jahre hinaus einfach leer stehen?

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