Kim de l'Horizons «Blutbuch» kommt auf die Bühne des Wiener Theaters.
burgtheater
Das Burgtheater in Wien. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/APA/GEORG HOCHMUTH

Der Regisseur Paul Spittler hat Kim de l'Horizons «Blutbuch» im Wiener Theater auf die Bühne gebracht. Er belässt den u.a. mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichneten Text als solchen und seziert dessen Sprache.

Letztlich ist das Bühnen-«Blutbuch» damit eine elaboriert szenische Lesung des Werks des Berner Schriftstellers de l'Horizon. Die zentralen Charakteristika des vielgestaltigen Textes werden auf die Bühne gebracht.

Durch die professionelle Deklamation wird manche Klippe des in sich immer wieder krampfenden Gebärens von Worten für die eigene Realität klarer. Es wird dabei nicht, die Komplexität des Romans reduziert, sondern dessen Polyphonie gefeiert.

Fünf Menschen unterschiedlicher Provenienz gecastet

Für die erstmalige Umsetzung auf einer österreichischen Bühne hat Spittler fünf Menschen unterschiedlicher Provenienz gecastet. Diese nähern sich ebenso als Gruppe wie als Individuen den Sprachkaskaden von Kim de L'Horizon. Geschlechterzuschreibungen werden dabei ebenso vermieden wie im Buch des sich nonbinär definierenden, erzählenden Ichs Kim.

Die fünf Kims stammen teils aus der Performanceszene, sind teils Schauspieler oder wie Jchj V. Dussell selber schreibend tätig. Sie erzählen der körperlich nicht präsenten Grossmutter die Reflexionen eines einstigen Kindes über das Frau-, Mann- und Menschsein, transgenerationales Erbe, das Einfinden in den eigenen Körper.

Als roter Faden ziehen sich rote Wollfäden durch die Inszenierung, die gleichsam für das Verbundensein wie die Verstrickungen miteinander stehen. Decken sind Schutz und Hülle ebenso wie Symbol des Zudeckens von Konflikten.

Keine nimmt eine fixe Rolle ein

Dabei übernimmt niemand fixe Rollen auf der Bühne. Alle Anwesenden sind alles, mal im Wechsel, mal in Einklang. Und dennoch ist der Abend keine Jelinek'sche Textcollage, sondern hält sich gleichsam sklavisch eng an den chronologischen Verlauf des Buches. Dessen fünf sprachlich teils sehr unterschiedliche Kapitel werden in ihrer Eigenheit belassen.

Interessant wird nun, wie sich die Wiener Festwochen am 18. Mai mit dem «Blutbuch» auseinandersetzen. Dann legt die deutsche Regisseurin Leonie Böhm im Volkstheater ihre Deutung vor, die im Februar in Zürich Premiere feierte. Dabei steht ihr Kim de l'Horizon persönlich auf der Bühne zur Seite, wenn die Vorlage zum «Blutstück» transformiert wird.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SchauspielerTheater