Christoph Hagenbuch (SVP) will mehr in die Versorgungssicherheit investieren. Im Gastbeitrag erläutert er seine Gründe zur Stärkung der inländischen Produktion.
Christoph Hagenbuch
Christoph Hagenbuch ist Grossrat im Kanton Aargau für die SVP sowie Präsident des Bauernverbandes Aargau. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • SVP-Grossrat Christoph Hagenbuch äussert sich im Gastbeitrag zur Versorgungssicherheit.
  • Für ihn sei diese momentan nicht genügend gegeben, man sei zu sehr vom Ausland abhängig.
  • Zudem müsse uns der Wert von Gütern wieder stärker bewusst werden.

Sind zwei Franken für den Liter Benzin schlimm? Richtig schlimm ist es erst, wenn man am Zapfhahn steht und kein Benzin rauskommt. Die Schweiz hat bei Lebensmitteln einen Selbstversorgungsgrad von rund 50 Prozent.

Bei vielen anderen lebenswichtigen Produkten wie zum Beispiel Medikamenten, Benzin oder Dünger importieren wir bis zu 100 Prozent des Bedarfs. Das ist ein erhebliches Risiko für Schweizer.

«Probleme werden erst dann erkannt, wenn es schon brennt»

Unsere Vorfahren haben diese Gefahr bereits im Ersten Weltkrieg erkannt und haben darum ab den 1920er-Jahren erstmals Pflichtlager mit Brotgetreide angelegt. Über die Jahre wurden diese Pflichtlager auf weitere Produkte erweitert. Um die Jahrtausendwende änderte sich die politische Grosswetterlage.

Krieg in Europa schien ausgeschlossen. Andere Staaten waren scheinbar «nett» zur Schweiz. Darum wurde 2004 die Vorratshaltung unter anderem von Seife, Schmieröl, Kakaobohnen und Saatgut komplett aufgegeben und diejenige von Lebensmitteln auf einen Viermonatsvorrat gekürzt. Man sparte damit lächerliche 18 Franken pro Einwohner und Jahr.

2018 wurde die Pflichtlagerhaltung von Ethanol aufgehoben. Die Folge: Zu Beginn der Corona-Pandemie bestand ein akuter Mangel an Desinfektionsmitteln.

Einzig bei Kaffee wurde die Pflichtlagerhaltungsdauer nicht reduziert. Vielleicht weil dann in den Amtsstuben gar nicht mehr gearbeitet würde? Kaffee ist wichtig, aber nicht überlebenswichtig. Oder anders ausgedrückt: «Zum Überleben braucht der Mensch Kalorien und nicht Koffein.»

Tatsache ist, dass die Politik in dieser Sache in den letzten 30 Jahren konzeptlos gehandelt hat und dass Probleme erst dann erkannt werden, wenn es schon brennt. Immerhin sollen auf Initiative des Bundesrates bald wieder Pflichtlager für Ethanol geführt werden. Es ist ja nicht verboten, aus Fehlern zu lernen.

Zauberworte Pflichtlagerhaltung und Stärkung der Eigenproduktion

Für eine sichere wirtschaftliche Landesversorgung, die auch in Krisenzeiten funktioniert, müssen die Pflichtlager lebenswichtiger Produkte stark ausgebaut werden. Vier Monate Brotweizenpflichtlager tönt nach einer langen Zeit. Nach einer immer möglichen Missernte dauert es aber ganze zwölf Monate bis zur neuen Ernte. Und wie verlässlich der Import in einer Mangellage funktioniert, haben wir am Beispiel Masken vor wenigen Jahren schmerzhaft erfahren müssen.

Noch besser als die Pflichtlagerhaltung ist die Strategie, selber wieder mehr von den lebenswichtigen Gütern zu produzieren. Antibiotika könnten in der Schweiz produziert werden. Werden sie aber wegen des jahrelangen Preisdruckes nicht mehr. Sie werden für die ganze Welt in China und Afrika hergestellt.

Mit dem Resultat, dass Antibiotika für Kinder aktuell Mangelware sind. Nicht nur das, auch Blutdruck senkende Medikamente und Antiepileptika sind derzeit schwer erhältlich. Oder fragen Sie einmal einen Diabeteskranken, wie viel Insulin er derzeit auf Vorrat abgegeben erhält? Und das ohne Aussicht auf schnelle Besserung der Versorgungslage.

Antibiotikasaft für Kinder
Insbesondere bei Antibiotika für Kinder gibt es aktuell Engpässe. - keystone

Bei den Nahrungsmitteln ist es dasselbe. Geiz ist geil! Das Ausland produziert billiger mit der Folge, dass die inländische Produktion heruntergefahren wird, Stichwort: «Ausdehnung der Brachen und Ökoflächen auf guten Ackerflächen».

Die Lebensmittel müssen deshalb zunehmend vom Ausland in die Schweiz gekarrt werden. Ob die Importe auch in einer Notsituation, zum Beispiel einer weltweiten Mangellage, noch funktionieren?

Lebenswichtige Güter haben einen Preis und einen Wert

Ja, die inländische Produktion vieler lebenswichtiger Güter ist teurer und die Pflichtlagerhaltung kostet. Lebenswichtige Güter wie Nahrungsmittel, Medikamente und Energie haben aber einen Preis und einen Wert. Wir müssen uns dem Wert dieser Güter wieder stärker bewusst werden. In der Not ist ein Sack Kartoffeln oder eine Tablette Antibiotika nämlich mehr wert als eine Tausender-Note.

Politik muss die Probleme unserer Zeit vorausschauend lösen. Darum ist für mich klar, dass wir in die Versorgungssicherheit investieren müssen. Das muss sofort geschehen, nicht erst in der nächsten Krise. Wenn wir unabhängig sein und sicher leben wollen, müssen wir die Produktion von Nahrungsmitteln und wichtigen Gütern wieder zurück in die Schweiz holen.

Zur Person

Christoph Hagenbuch (*1985) ist Familienvater von zwei Kindern, selbstständiger Landwirt, Grossrat für die SVP und Präsident des Bauernverbandes Aargau. Er kandidiert 2023 für den Nationalrat.

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