Verschwinden wegen Corona-Krise Büroräume?
Mit den hohen Fallzahlen ist nun auch die Homeoffice-Empfehlung des Bundes zurück. Viele Büroräume stehen wieder leer. Doch der Markt bleibt stabil.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Herbst und Winter arbeiten viele Schweizerinnen und Schweizer erneut zu Hause.
- Laut Experten wird aber der Markt für Büroimmobilien langfristig stabil bleiben.
- Trotzdem wird die Corona-Krise strukturelle Spuren in der Immobilienbranche hinterlassen.
Während des Lockdowns im Frühling standen Büroräume grösstenteils leer, füllten sich jedoch ab dem Frühsommer wieder. Nun gehen viele Menschen auf Empfehlung der Behörden wieder zurück ins Homeoffice.

Die Wohneigentumspreise sind in Corona-Zeiten wegen der erhöhten Nachfrage, vor allem in kleineren Städten, stark gestiegen. Unklarer jedoch ist die Entwicklung des Büroimmobilienmarkts. Die Wirtschaftskrise und Unsicherheiten in fast allen Branchen müssten diesen Markt doch destabilisieren – oder?
Kurzarbeit als Stabilisator
«Derzeit zeigt sich der Markt für Büro- und Gewerbeimmobilien erstaunlich stabil», sagt Comparis-Finanzexperte Frédéric Papp auf Anfrage. Grund dafür sei unter anderem die Kurzarbeit. Diese hielte viele Unternehmen über Wasser.
Doch die Kurzarbeit sei nicht der einzige Stabilisator der Branche, erklärt Robert Weinert, Leiter Immo-Monitoring von Wüest Partner: «Der Büromietmarkt ist unter anderem deshalb stabil, weil die Mietverträge oftmals fünf bis zehn Jahre dauern.» Im Lockdown habe man mit den langen Verträgen einer Kündigungswelle entkommen können, so der Ökonom.

Aktuell suchten Unternehmen Räumlichkeiten mit weniger Fläche, dafür in einer attraktiveren Lage und in einem moderneren Objekt, wie Weinert erläutert. «Wir gehen davon aus, dass die Mietpreise von Büroflächen sich deshalb stabil entwickeln werden.»
Die Schätzungen von Wüest Partner belaufen sich für 2020 auf einen Rückgang der Mieten von rund 1,5 Prozent. Doch das sei kein Zusammenbruch, so der Immo-Experte: «In den letzten 12 Monaten sind die Mieten um 1,8 Prozent gestiegen.»
Ausblick schwierig, aber hoffnungsvoll
Über die Zukunft des Immobilienmarkts sagt Weinert: «Wie in allen Branchen sind die Unsicherheiten bei den Immobilien sehr hoch.» Langfristig sei es vor allem schwierig, Trends zu erkennen. Was aber schon bemerkbar sei: Flexibles und mobiles Arbeiten werde sich mehr etablieren. Das bewirke einen kleinen Wandel in der Branche.

«Tatsächlich zeigt unsere Umfragen, dass Unternehmen künftig weniger Quadratmeter Arbeitsfläche pro Angestellten mieten dürften.» Einen höheren Stellenwert würden grössere Sitzungszimmer sowie Räume fürs Zurückziehen und den informellen Austausch zwischen Angestellten bekommen. Weinert nimmt dafür den Techgiganten Google als Beispiel.
Insgesamt zeigt sich Weinert aber hoffnungsvoll, was die Zukunft betrifft: «Der Schweizer Immobilienmarkt ist im internationalen Vergleich allgemein stabil aufgestellt.»

Comparis-Finanzexperte Frédéric Papp ist jedoch weniger zuversichtlich. Zwar könnten Staaten und Notenbanken die Immobilienmärkte mit Krediten und «kellertiefen Zinsen» weiterhin am Leben halten. Aber: «Nimmt die Wirtschaft unerwartet stark an Fahrt auf, weil beispielsweise ein wirksamer Impfstoff vorhanden ist, drohen rasch steigende Inflationswerte.»
Dann müssten die Zinsen angehoben werden, was sich angesichts der «rekordhohen Schuldenlast» vieler Staaten als schwierig erweisen könnte.