Milliardenüberschuss des Staates löst Rufe nach Investitionen und Soli-Ende aus
Einen Überschuss von rund 45,3 Milliarden Euro hat der deutsche Staat im ersten Halbjahr 2019 erzielt.

Das Wichtigste in Kürze
- Öffentliche Kassen im ersten Halbjahr mit 45,3 Milliarden im Plus.
Den Einnahmen von 791,8 Milliarden Euro standen 746,5 Milliarden Euro an Ausgaben gegenüber, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Die Nachricht löste umgehend Forderungen nach einer kompletten Soli-Abschaffung aus. Linke und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) verlangten höhere Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur.
Nach Angaben der Statistiker trugen alle staatlichen Ebenen zum positiven Saldo von Januar bis Juni bei. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen hätten weiterhin vor allem von einer günstigen Beschäftigungsentwicklung profitiert.
Den grössten Finanzierungsüberschuss erzielte der Bund mit 17,7 Milliarden Euro. Die Länder erzielten ein Plus von 12,7 Milliarden Euro, die Sozialversicherungen von 7,7 Milliarden Euro und die Kommunen von 7,1 Milliarden Euro, erklärte das Statistische Bundesamt auf Grundlage vorläufiger Ergebnisse.
Gegenüber dem Vorjahreszeitraum erhöhten sich die Staatseinnahmen im ersten Halbjahr 2019 um 24,6 Milliarden Euro (plus 3,2 Prozent). Der Zuwachs bei den Steuereinnahmen, der wichtigsten staatlichen Einnahmequelle, fiel mit 2,8 Prozent «moderat» aus.
Die Ausgaben des Staates stiegen im ersten Halbjahr dagegen deutlich an (plus 4,3 Prozent). Überdurchschnittlich entwickelten sich den Statistikern zufolge insbesondere die Investitionsausgaben des Staates - sie legten um 10,6 Prozent zu.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bewertete die Nachricht lediglich als einen Wasserstand. Im SWR sagte er, jetzt gehe es darum, die Wirtschaft zu entlasten, um die Konjunktur am Laufen zu halten. Dafür sollten Planungsverfahren und Investitionen erleichtert und der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden.
«Steuererleichterungen sind durchaus machbar und gerade vor einem Konjunkturabschwung dringend notwendig», sagte auch FDP-Fraktionsvize Christian Dürr der Nachrichtenagentur AFP. Der Solidaritätszuschlag müsse bereits 2020 abgeschafft werden, und zwar komplett.
Bisher plant die Regierung für 2021 eine Abschaffung für den Grossteil der Steuerzahler. Der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer forderte im SWR ebenfalls eine komplette Abschaffung. Es sei «negativ, wenn der Staat zu viel Steuern einnimmt».
Auch der Bund der Steuerzahler erklärte, der komplette Soli-Abbau müsse «auf jeden Fall» 2020 beginnen und spätestens 2022 abgeschlossen werden. Nötig seien ausserdem «nachhaltige Investitionen statt zu viel Konsum» des Staates, erklärte Verbandspräsident Reiner Holznagel.
Linksfraktionsvize Fabio De Masi warf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, er häufe Überschüsse an, «anstatt das historisch günstige Zinsumfeld zu nutzen und dringend notwendige massive Investitionen zu tätigen». Der Abschwung werde dadurch «härter als nötig» ausfallen. «Investitionen in die öffentliche Infrastruktur haben hohe Selbstfinanzierungseffekte, sind ein Anreiz für private Investitionen und würden tausende Jobs sichern», warb De Masi für seinen Vorschlag.
Linken-Parteichef Bernd Riexinger forderte plakativ «saubere Schulklos statt schwarzer Null». Die Haushaltsüberschüsse zeigten vor allem, «dass weiterhin zu sehr gegeizt wird», erklärte er.
Der DGB forderte ebenfalls mehr Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden. Das Geld müsse «in den Ausbau der Infrastruktur, bezahlbaren Wohnraum, und in die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft» gesteckt werden, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Damit schnell investiert und die Planungen beschleunigt werden könnten, sei ausserdem ein «Sofortprogramm für mehr Personal in der Verwaltung» notwendig.