Die Opioidkrise hat in den USA 400'000 Menschen das Leben gekostet. Die Nachkommen des Pharmakonzerns, der die Krise ausgelöst hat, leben jetzt in der Schweiz.
sackler familie
Jacqueline Sackler und Ehemann Mortimer Sackler. - Getty Images
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Das Wichtigste in Kürze

  • Purdue gilt als Mitverantwortlicher für die Opioid-Krise in den USA.
  • Die Gründer-Familie hat ein Vermögen von 13 Milliarden US-Dollar.

Weil die Luft in den USA zu dünn wurde, ziehen die Purdue-Erben Mortimer und Jaqueline Sackler nach Gstaad BE. Das edle Feriendorf im Berner Oberland ist seit Jahren Zufluchtsort für die verschwiegene Familie. Ob das Ehepaar permanent in der Schweiz bleibt, ist unklar.

Mortimers gleichnamiger Vater hat das US-Pharmaunternehmen mit seinem Bruder in den 50er Jahren gegründet. Purdue ist nach wie vor im Besitz der Familie, das Magazin «Forbes» schätzt ihr Vermögen auf 13 Milliarden Dollar. Laut US-Strafverfolgern sollen Besitzer des Konzerns Schweizer Bankkonten benutzt haben, um Millionen-Überweisungen vom Unternehmen in die eigene Tasche zu verschleiern.

Purdue Pharma
Purdue Pharma steht in der Opiod-Krise in der Kritik - GETTY IMAGES NORTH AMERICA/AFP/Archiv

Reich geworden sind die Sacklers, die sich in der Öffentlichkeit lieber als Kunst-Mäzen präsentieren, mit dem Schmerzmittel Oxycontin. Das umstrittene Medikament wird von vielen als Hauptverursacher der Opioidkrise in den USA gesehen.

1996 kam das opioidhaltige Schmerzmittel auf den Markt. Obwohl es doppelt so stark wirkt wie Morphium, wurde Oxycontin aggressiv als Allheilmittel gegen viele Arten von Schmerzen vermarktet.

Bis 400'000 Tote in den USA

Je nach Schätzung hat die Opioidkrise in den USA während den letzten 20 Jahren zwischen 200'000 und 400'000 Menschen das Leben gekostet. Opioid-Überdosen sind in den Vereinigten Staaten die häufigste unnatürliche Todesursache, noch vor Verkehrsunfällen.

Bereits 1997 wusste Purdue, dass Oxycontin stark abhängig machen kann. Trotzdem wurden Tausende Mediziner bezahlt, um für das umstrittene Schmerzmittel zu werben.

purdue Oxycontin
Purdue Pharma ist vor allem für das Schmerzmittel Oxycontin bekannt, welches Opioid enthält. Foto: Tony Talbot/AP - dpa-infocom GmbH

Oxycontin war das erste opioidhaltige Schmerzmittel, welches Ärzte grosszügig verschrieben. Da für Purdue der Rubel rollte, zogen andere Pharma-Firmen nach. Mitgetragen wurde der Boom durch US-Versicherer, welche lieber Pillen bezahlen, statt langfristige Therapien – besonders bei ärmeren Kunden.

Fünf Jahre nach dem Marktstart warnte das Centers of Disease Control and Prevention, dass verschreibungspflichtige Opioide süchtig machen können. Gemäss der US-Behörde kämpfte damals jeder vierte Patient mit einer Abhängigkeit.

Kampagne gegen Kritiker

Purdue befürchtete Umsatzeinbrüche. Um den Goldesel weiterhin in grossen Mengen verkaufen konnte, lancierte das Unternehmen mithilfe einer PR-Agentur, die zuvor Tabakmultis unterstützte, eine aggressive Gegenkampagne. Kritiker wurden eingeschüchtert und diskreditiert. Gleichzeitig schickte das Unternehmen Vorzeige-Patienten in Talkshows, welche auf das Medikament angewiesen waren.

Purdue war mehrmals Thema von Comedian John Oliver.

Behörden begannen trotzdem, den Zugang zu opioidhaltigen Schmerzmitteln zu erschweren. Viele Abhängige rutschten nach der Jahrtausendwende in die Illegalität und kauften das günstigere Opioid: Heroin.

Regelrecht explodiert ist die Zahl der Opioid-Toten in den USA erst im vergangenen Jahrzehnt. Grund ist Fentanyl, ein synthetisches Opioid, das bis 50 Mal stärker als Heroin ist. Viele Süchtige können das Mittel schlecht dosieren und sterben an einer Überdosis.

Trump hat Notstand ausgerufen

Und doch ist kein Ende in Sicht. Nach wie vor werden haufenweise Rezepte für Opioide ausgestellt. Mittlerweile ist in Übersee von einer Epidemie die Rede, Präsident Donald Trump rief jüngst den nationalen Notstand aus.

Die Klagen gegen Pharma-Firmen, welche Opioide Herstellen und vertreiben haben sich in den letzten Jahren gehäuft. Mortimer und seine Geschwister haben mehr als tausend Klagen Hals.

Ende letztes Jahr verhandelte das Unternehmen mit Klägern über einen Vergleich. Es ging um bis 12 Milliarden Dollar. Purdue hat kurz darauf Insolvenz beantragt.

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