SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg fürchtet Tragbarkeitsrisiken bei den Hypothekarschulden und eine zu hohe Bewertung der Wohnliegenschaften.
Fritz Zurbrügg
Fritz Zurbrügg warnt vor Risiken an den Hypothekar- und Immoblilienmärkten. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Fritz Zurbrügg warnt vor Risiken bei einem zu schnellen, zu starken Zinsanstieg.
  • Er fürchtet Tragbarkeitsrisiken und eine zu hohe Liegenschafts-Bewertung.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) warnt vor Verwerfungen am Hypothekarmarkt. Die Notenbank erachte die Verwundbarkeit der Hypothekar- und Immobilienmärkten gegenwärtig als hoch, sagte SNB-Vizedirektor Fritz Zurbrügg an der Universität Luzern.

Hypothekarvolumen stärker als erklärbar angestiegen

Zurbrügg fokussierte sich vor allem auf das Segment der Wohnliegenschaften. Verschiedene Indikatoren würden zeigen, dass das Hypothekarvolumen über die vergangenen Jahre stärker gewachsen sei, als die Fundamentalfaktoren erklären liessen.

Hypothek Eigenheim
Bei einem schnellen, starken Zinsanstieg droht, dass für Viele das Eigenheim nicht mehr tragbar ist. (Sympbolbild) - Keystone

So habe etwa die gesamtwirtschaftliche Hypothekarverschuldung, gemessen am Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP), seit 2009 stark zugenommen. Das gelte nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch in historischen Betrachtung.

Ausfallrisiken bei Zinsanstieg

Der Anstieg habe sich im vergangenen Jahr aufgrund des starken BIP-Rückgangs wegen der Corona-Krise noch akzentuiert. Zurbrügg warnt vor Kreditausfällen bei steigenden Zinsen. Die Tragbarkeitsrisiken hätten seit 2014 in allen Segmenten zugenommen und lägen derzeit auf Höchstständen.

Bei einem Anstieg der Hypothekarzinsen auf 3 Prozent gälten über 20 Prozent der neu vergebenen Kredite als nicht mehr tragbar. Bei einem Anstieg der Zinsen auf 4 Prozent wären es gar rund 40 Prozent.

Zu hohe Bewertung der Wohnliegenschaften?

Insgesamt habe die Verschuldung der Hypothekarkreditnehmer im Verhältnis zu ihren Einkommen stark zugenommen, erklärt Zurbrügg. Mit Blick auf die Bewertung von Wohnliegenschaften erachtet er diese als übersteigert.

Wohnliegenschaft
Zurbrügg glaubt, dass die Wohnliegenschaften vom Preis aktuell zu grossen Teilen überbewertet sind. (Symbolbild) - Keystone

«Eine Vielzahl von Indikatoren deuten auf eine Überwertung hin. Die Entwicklung der Preise war in den vergangenen Jahren stärker, als Fundamentalfaktoren erklären können», sagte der SNB-Vize. Dies gelte für alle Wohnsegmente; also für Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser.

Das Ausmass der Überbewertung ist laut Zurbrügg nur mit grossen Unsicherheiten zu beziffern. Im Segment der Eigentumswohnungen ergäben sich je nach Berechnungsmodell 20 bis 30 Prozent zu hohe Preise.

Führt Zinsanstieg zu Verlusten bei Banken?

Zurbrüggs Fazit: «Zusammengefasst sehen wir aktuell sowohl deutliche Anzeichen einer nicht nachhaltigen Hypothekarkreditvergabe wie auch eine erhöhte Gefahr einer Preiskorrektur.» Das sei ein Risiko für die Finanzstabilität bei einem unerwarteten und raschen Zinsanstieg. «Die Banken würden bei einem abrupten und starken Zinsanstieg und gleichzeitig fallenden Immobilienpreisen substanzielle Verluste erleiden.»

Die Banken sind aktuell noch ausreichend kapitalisiert, betonte Zurbrügg. Das sei aber nicht zuletzt auf die getroffenen Massnahmen der letzten Jahre zurückzuführen. Insgesamt erfordere die aktuelle Situation weiterhin die volle Aufmerksamkeit der SNB.

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