Die Milch-Branche hat den Bauern im Frühjahr einen besseren Milchpreis versprochen. Alles Schall und Rauch, nervt man sich nun beim Bauernverband.
Milchkuh
Milchbauern sind immer mehr unter Druck. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Branchenorganisation Milch liess 1000 Tonnen Butter importieren.
  • Im Gegenzug wurde Bauern ein höherer Milchpreis versprochen.
  • Der Bauernverband kritisiert, dass Milchbauern trotzdem weniger einnehmen.

Es war eine gepfefferte Medienmitteilung, welche der Schweizer Bauernverband kürzlich verschickt hat. Der Titel ist unmissverständlich: «Unhaltbare Milchpreispolitik!»

In der Kritik stehen die Milchverarbeiter. Diese hatten angekündigt, die Preise für Molkereimilch pro Kilo um 0,6 bis einen Rappen zu erhöhen. «Alles nur Schall und Rauch», nervt man sich nun beim Bauernverband.

Das Drama begann im Frühjahr: Zu Jahresbeginn waren die Schweizer Butterlager fast leer.

markus ritter Agrarreform
Markus Ritter hat diesen Kampf gewonnen. - Keystone

Die Branchenorganisation Milch (BOM, ein Zusammenschluss aus Produzenten, Verarbeiter, Industrie und Detailhandel) hat darum einen Antrag gestellt, 1000 Tonnen Butter importieren zu können. Der Bundesrat gab am 1. April grünes Licht.

Mehr Geld für Milch versprochen

Klar war, dass die Milchbauern darüber weniger erfreut sein dürften. BOM versprach deshalb einen Preisaufschlag auf den Milchpreis von bis zu einem Rappen pro Kilo. Allerdings müsse dieser Aufschlag noch durch die Marktakteure ausgehandelt werden, hiess es damals.

In den letzten Tagen haben Verarbeiter den Milchbauern Schreiben geschickt, mit Neuerungen für das dritte Quartal. Das hat beim Bauernverband das Fass zum Überlaufen gebracht. «Nicht nur, dass alle nur den minimalen Aufpreis gewähren, sondern dass sie auch noch die Abzüge erhöhen. Unter dem Strich bleibt den Produzenten noch weniger als sie vorher hatten», sagt Sprecherin Sandra Helfenstein.

Milchkuh
Milchkühe auf einer Wiese. - AFP/Archiv

Der Schweizer Bauernverband ist mit seiner Kritik nicht allein. Die Präsidenten der Bauernverbände Nidwalden, Obwalden und Uri machten in einem öffentlichen Brief in der «Bauernzeitung» ihrem Ärger Luft: In der Kritik ist nicht nur die BOM, sondern auch die SMP (Verband der Schweizer Milchproduzenten).

Der Vorwurf: Die Branchenorganisation und der Produzentenverband würden die Milchbauern im Stich lassen. «Wir erwarten, dass sich SMP und BOM gegen eine Milchpreissenkung einsetzen. Unsere regionalen Milchorganisationen haben nicht die Möglichkeit, eine Milchpreissenkung zu verhindern.»

SNP wehrt sich gegen bäuerliche Kritik

Ebenfalls in der «Bauernzeitung» reagiert die SNP auf den Vorwurf der Landwirte: Man habe damals dem Antrag in der BOM, die 1000 Tonnen Butter zu importieren nicht zugestimmt. Doch: «Die SMP sind mit dieser Haltung in der Minderheit.»

Weiter schreibt der Produzentenverband, dass man von den Milchpreisverhandlungen in der Zentralschweiz «ernüchtert» sei und eine Korrektur fordere. «Insbesondere von den teils fantasievollen Abzügen».

Milchpreis
Bauern kritisieren, dass der Milchpreis nicht angestiegen sei. - Keystone

Stefan Kohler, BOM-Geschäftsführer, erwidert zu den Vorwürfen, dass der höhere Butterpreis vollständig in Form von höheren Milchpreisen an die Bauern weitergegeben werde. Er sieht durchaus Gründe für einen höheren Milchpreis. Und: «Es liegt uns fern, höhere Abzüge zu rechtfertigen».

Kohler spielt den Ball zurück: «Die höheren Milchpreise müssen die Milchhändler beziehungsweise die bäuerlichen Verkaufsorganisationen bei ihren Abnehmern direkt durchsetzen.»

«Falsche Rahmenbedingungen»

Anders beurteilt Werner Locher von der Milchbauernorganisation BIG-M den Milch-Streit. Die Proteste der Bauernverbände hält er für berechtigt.

Locher findet es bemerkenswert, dass sich der Schweizer Bauernverband direkt äussert. Denn: «Eigentlich wäre hier ja ein Protest der Dachorganisation SMP angebracht.»

Milch Emmi
Der Milchverarbeiter Emmi gehört zu den grossen Playern auf dem Milchmarkt. - Keystone

Im aktuellen Milchmarkt seien die Bauern reine Restgeldempfänger, sagt Locher. «Wenn beschlossen wird den Milchpreis anzuheben, dann werden sofort neue Abzüge eingeführt.» Etwa für Exportförderung, Mitfinanzierung der Milchprüfung oder Abzüge für Fonds.

«Die Händler und Verarbeiter haben in diesem System freie Hand.» Sie würden unternehmerisch handeln und ihren Gewinn steigern. Das sei ja per se nicht verwerflich, so Locher. «Dass damit die Milchviehbetriebe ruiniert werden, ist nicht ihre Schuld. Es sind die Rahmenbedingungen, welche falsch sind.»

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