Kritik an der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wegen ausbleibender Gewinnausschüttungen.
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DIe Ökonomen des «SNB Observatory» üben Kritik am Ausschüttungsverzicht der SNB. Eine Ausschüttung aus Reserven sei trotz Milliardenverluste möglich, urteilen sie. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Das Ökonomen-Trio Stefan Gerlach, Yvan Lengwiler und Charles Wyplosz kritisiert die Schweizerische Nationalbank (SNB) dafür, dass die Gewinnausschüttung an die Kantone und den Bund zum zweiten Mal in Folge ausfällt. Die unter dem Namen «SNB Observatory» auftretenden Experten schreiben in einem in der Nacht auf Montag publizierten Kommentar, dass das Ausbleiben der Ausschüttung nicht das notwendige Ergebnis der finanziellen Situation der SNB sei.

Mit einer aktuellen Rückstellung für Währungsreserven von 113 Milliarden Franken könne sie sich die 6 Milliarden, die sie in den Vorjahren ausgeschüttet habe, problemlos leisten, heisst es darin. Die SNB entscheide sich Jahr für Jahr dafür, diesen Korb auf Kosten der Ausschüttungsreserven zu füllen.

Willkürliche Rückstellungspolitik?

Die Kantone und der Bund beschwerten sich zu Recht über die willkürliche Rückstellungspolitik, wonach die Rückstellungen jedes Jahr ohne Begründung um 10 Prozent erhöht würden. Damit werde ihnen ihr zustehender Anteil am Vermögen vorenthalten – ein Vermögen, das dem Volk gehört. «Der Bankrat wäre in der Lage, diese Praxis zu ändern», so ihre Kritik.

Für die Kantone selbst ist es laut dem Präsidenten der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) zwar schmerzhaft, dass die Gewinnausschüttung der SNB zum zweiten Mal in Folge ausfallen wird. Da die Ankündigung nicht völlig überraschend komme, seien die Kantone bei der Budgetierung allfälliger Ausschüttungen durch die SNB aber vorsichtig gewesen.

Verlust trotz massiver Reserven

Die kurzfristigen Auswirkungen auf die Kantonsfinanzen dürften daher im Durchschnitt begrenzt sein. Die SNB verzichtet auf eine Ausschüttung an die Kantone sowie auf eine Dividende, weil sie 2023 erneut einen Verlust eingefahren hat. Konkret wies sie letzte Woche nach provisorischen Berechnungen für das Gesamtjahr 2023 einen Verlust von rund 3 Milliarden Franken aus.

Das Ergebnis der SNB ist jeweils stark von der Entwicklung der Gold-, Devisen- und Kapitalmärkte abhängig; starke Schwankungen sind deshalb normal.

Fremdwährungsberg als Belastung?

Die Notenbank sitzt bekanntlich auf einem gewaltigen Berg an Fremdwährungen. Diese wurden zur Verteidigung des 2015 aufgegebenen Euro-Mindestkurses und danach zur Schwächung des Frankens gekauft.

Zwar hat sie in den letzten Quartalen jeweils Devisen im grösseren Stil abgebaut und damit ihre Bilanz etwas verkleinert, wegen des zuletzt wieder stark gestiegenen Frankens sind weitere Devisenverkäufe in den nächsten Monaten aber eher nicht zu erwarten. Per Ende 2023 betrug das Eigenkapital der SNB rund 63 Milliarden Franken, bei einer Bilanzsumme von knapp 800 Milliarden Franken.

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