Der Schweizerische Gewerkschaftsbund kritisiert die Einkommenspolitik der Schweiz. Hohe Löhne würden steigen, tiefere Gehälter dagegen stagnieren.
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Der Schweizerische Gewerkschaftsbund warnt vor der sich öffnenden Lohnschere. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der SGB hat am Montag seinen Bericht zu den Einkommen in der Schweiz präsentiert.
  • Die Entwicklung gehe in die falsche Richtung, moniert der Gewerkschaftsbund.
  • Denn die Situation der Reichen werde besser, diejenige der Armen nicht.
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Die Einkommenspolitik in der Schweiz geht nach Ansicht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) in die falsche Richtung. Während Spitzengehälter weiter steigen, stagnieren die niedrigen und mittleren Löhne real, heisst es in einem am Montag veröffentlichten Bericht.

Der Gewerkschaftsbund beklagt: Nach Zahlung von Steuern und Miete haben Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen heute weniger zum Leben als 2016. Bei den unteren und mittleren Reallöhnen drohe ein «verlorenes Jahrzehnt». Dies heisst es im Bericht, der die Verteilung von Löhnen, Vermögen und Steuerlast in der Schweiz untersucht hat.

Von einem «verlorenen Jahrzehnt» sprach auch SGB-Präsident und Ständerat Pierre-Yves Maillard (SP/VD) vor den Medien in Bern. In den vergangenen drei Jahren seien die Reallöhne nicht mehr gestiegen. Etwas, was es seit dem Zweiten Weltkrieg nie gegeben habe.

Sind die Lohnunterschiede in der Schweiz zu gross?

Maillard erhofft sich vom Ja zur 13. AHV-Rente ein gewisses Umdenken. Liberale Kommentatoren und Politiker hätten sich gefragt, ob man ihnen das Volk ausgetauscht habe.

Der Souverän schien nicht mehr mit ihnen zu stimmen. In Wahrheit hätten sich die Lebensrealitäten geändert – und zwar zum Schlechteren. «Man spricht offenbar nicht vom gleichen Land», sagte Maillard.

Pierre-Yves Maillard
Pierre-Yves Maillard. - keystone

Parallel dazu verbessere sich die Situation der Reichsten, sagt der SGB. Die hohen Löhne stiegen, während die Kantone die Einkommens- und Vermögenssteuern für Gutsituierte senkten.

SGB will neue Einkommenspolitik

Der SGB fordert deshalb in der Lohnrunde vom Herbst eine Wende in der Einkommenspolitik.

Diese müsse die Normalverdienenden berücksichtigen, statt einzig die Oberschicht. Neben substanziellen und generellen Lohnerhöhungen und dem Teuerungsausgleich müssten alle Beschäftigten mit Lehre 5000 Franken im Monat verdienen und Ungelernte mindestens 4500.

Maillard warb für die «Prämienentlastungs-Initiative» der SP. Bürgerliche Parteien würden vor Steuererhöhungen warnen. In Realität würden die höheren Einkommen, die ohnehin weniger unter den Krankenkassenprämien litten, über die direkte Bundessteuer für die Prämienentlastung etwas mehr zahlen müssen. So würde ein Ausgleich zu den von der Bundessteuer ohnehin weniger belasteten kleineren Einkommen entstehen.

Immer mehr Lohnmillionäre

Gemäss dem SGB-Bericht gab es 2021 schon über 4000 sogenannte Lohnmillionäre. Also Personen, die über eine Million pro Jahr verdienen. Damit hat sich deren Zahl in den letzten 20 Jahren fast verdreifacht. Und laut dem SGB dürfte dieser Topverdiener-Club bis zum heutigen Tag weiter angewachsen sein.

Auch die Leute, die mindestens eine halbe Million Jahreslohn haben, werden mehr. So waren es 2021 bereits 17'000 Menschen.

Daniel Lampart SGB
Daniel Lampart ist der Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB. - keystone

Die Kehrseite sehe anders aus: «Die Leute arbeiten viel und hart. Es schaut aber zu wenig heraus», sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Bis 2016 hätten sich die Reallöhne noch im Gleichschritt mit dem Produktivitätszuwachs um jährlich etwa ein Prozent entwickelt.

Seither würden die Arbeitgeber trotz guter Margen weder diesen von den Beschäftigten erarbeiteten Fortschritt weitergeben noch die Teuerung ausgleichen. Hinzu komme eine verfehlte Steuer- und Abgabenpolitik.

Diverse Kantone planten weitere Erleichterungen bei Einkommens- und Vermögenssteuern für Vielverdiener, würden aber bei Prämienverbilligungen abwinken, da die Mittel fehlten. Und das obwohl die Krankenkassenprämien die Hauptsorge der Bevölkerung seien.

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