Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) fordert von den Bauern Vorschläge, wie sie auf sogenannte Reserveantibiotika verzichten können.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Landwirtschaftsministerin: «Andernfalls werden wir gesetzgeberisch tätig werden».
Antibiotikum
Die Gesamtmenge an verabreichtem Antibiotikum ist im Vergleich zum Vorjahr um 52,2 Tonnen gesunken. - dpa/AFP/Archiv

«Andernfalls werden wir gesetzgeberisch tätig werden», erklärte sie am Mittwoch in Berlin. Hintergrund der Forderung ist der Evaluierungsbericht zum Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, der binnen vier Jahren nur teilweise Verbesserungen festgestellt hat. Die Ministerin kündigte an, Agrarvertreter zeitnah zu einem Gespräch in ihr Ministerium einzuladen.

«Zu viel Antibiotika haben in Ställen und vor allem in Tieren nichts zu suchen», erklärte Klöckner, nachdem der Bericht Thema im Bundeskabinett war. Wie Klöckner betonte, ging der Einsatz der Medikamente in der Tiermast zwischen 2014 und 2017 um ein Drittel zurück. Bei Mastschweinen und -ferkeln betrug der Rückgang sogar mehr als 40 Prozent. Bei Hühnern, Puten und Kälbern wurde der Medikamenteneinsatz hingegen nur wenig reduziert.

40 Prozent der beim Geflügel eingesetzten Antibiotika sind sogenannte Reserveantibiotika. Diese Mittel gelten als letzte Reserve für lebensbedrohlich erkrankte Menschen. Bei Schweinen und Rindern liegt die Quote laut Ministeriumsangaben bei weniger als zehn Prozent.

«Der hohe Anteil an Reserveantibiotika ist nicht akzeptabel», erklärte Klöckner. Die hochwirksamen Reserveantibiotika sollten nur im Notfall und nur nach sorgfältiger Abwägung eingesetzt werden, damit sich keine Resistenzen durch den regelmässigen Gebrauch ausbilden. «Die Branche steht hier in der Pflicht, zu handeln.»

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Gitta Connemann (CDU), bekräftigte: «Hier werden wir die Verwendung von nachweislich für Menschen besonders relevanten Wirkstoffen in der Tierhaltung noch weiter einschränken.» Landwirtschaftsexperte Albert Stegemann (CDU) ergänzte: «Klar ist aber auch: Kranke Tiere müssen behandelt werden, das ist Bestandteil des Tierschutzes.»

Der Deutsche Bauernverband (DBV) wies darauf hin, dass in den Jahren 2011 bis 2017 insgesamt 57 Prozent weniger Antibiotika von pharmazeutischen Unternehmen an Tierärzte abgegeben wurden. «Damit wird erneut deutlich, dass die Tierhalter gewissenhaft und verantwortungsbewusst mit Antibiotika umgehen», erklärte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. «Die Landwirte haben die Herausforderung der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen angenommen und den Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert.»

Die Agrarexpertin der Verbraucherorganisation Germanwatch, Reinhild Benning, kritisierte hingegen: «Je mehr auf industrielle Massentierhaltung gesetzt wird, desto unwahrscheinlicher ist die weitere Reduktion von Antibiotika in der Tierhaltung und desto höher auch die Resistenzraten in der Lebensmittelkette».

Hähnchen- und Putenfleisch stamme in Deutschland zu über 90 Prozent aus industrieller Massentierhaltung, in der bis zu 23 Hühnchen pro Quadratmeter gehalten und haufenweise krank würden. Erlaubt sind für Bodenhaltung in Deutschland nur 18 Tiere je Quadratmeter - wenn die Hühner auf mehreren Ebenen gehalten werden.

Benning forderte ein Verbot des Einsatzes von Reserveantibiotika sowie strengere Haltungsvorschriften. Ausserdem sollte der Staat ihren Vorstellungen nach die Preise für die Arzneimittel in der Tiermedizin so hoch festlegen, dass sich der serienmässige Einsatz nicht mehr lohne.

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