Die Europäische Zentralbank (EZB) hat gestern ihren Leitzins erhöht. Dies wurde von Ökonomen erwartet. Dass die SNB nachzieht, wird ebenfalls angenommen.
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SNB-Chef Thomas Jordan an einer Medienkonferenz, Juni 2022. Experten erwarten, dass die SNB der Europäischen Zentralbank folgen wird und die Zinsen noch einmal erhöhen wird. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Europäische Zentralbank hat ihre grösste Zinserhöhung hinter sich.
  • Dieser Schritt gegen die Inflation war absehbar, kommentieren Ökonomen.
  • Auch hierzulande wird im Dezember eine nächste Erhöhung des Leitzinses erwartet.
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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat gestern angekündigt, den Euro-Leitzins um 0,75 Punkte anzuheben. Ein historischer Schritt, der aufgrund der schlimmer als erwartet gewordenen Inflation getätigt wurde. Bald könne schon der nächste Erhöhungsschritt erfolgen, teilte der EZB-Rat zudem mit. Denn die Inflation dürfte im Euroraum noch weiter steigen.

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Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, an einer Medienkonferenz zur Erhöhung des Leitzinses. - Keystone

Die Prognosen bleiben – mindestens in der Eurozone – düster. Laut EZB könnte die Teuerungsrate im Winter auf 8,1 Prozent klettern und 2023 auf 5,5 Prozent verweilen. Auch das BIP soll nur noch ein Wachstum von 0,9 Prozent anstatt 2,1 Prozent verzeichnen.

EZB: Weitere Zinserhöhungen im Oktober & Dezember

Nau.ch hat bei der Zürcher Kantonalbank nachgefragt: Was bedeutet das für die Schweiz? Und was kann Ende Jahr in Sachen Geldpolitik erwartet werden?

Martin Weder, Leiter Economic Research bei der ZKB, hält die Leitzinserhöhung für das Image der EZB als wichtig: «Sie signalisiert, dass die Notenbank bestrebt ist, ihre angeschlagene Glaubwürdigkeit und die Preisstabilität in der Währungsunion wieder herzustellen.»

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Martin Weder von der ZKB im Gespräch mit David Marmet, Chefökonom bei der Kantonalbank, - ZKB/Selina Meier

Die Europäische Zentralbank liege aber verglichen mit anderen Notenbanken «immer noch weit im Hintertreffen». Deswegen rechnet Weder mit weiteren Zinserhöhungen im Oktober und Dezember, «von je mindestens 50 Basispunkten».

In einem Punkt sind sich die ZKB-Experten und der EZB-Rat aber uneinig: Die Zentralbank erwartet keine Rezession im Winter, Weder hingegen schon: «Dafür sprechen die miserable Konsumentenstimmung, die deutliche Eintrübung in der Industrie und die stark gestiegenen Gas- und Strompreise.»

Gaspreise Europa Energiekrise
Auch Gaspreise klettern durch die Energiekrise in Europa weiter in die Höhe. - Keystone

Es sei jedoch fraglich, ob eine Rezession ausreichen würde, um dem Teuerungsdruck entgegenzuhalten. Denn der Anstieg der Inflation könne grösstenteils auf Faktoren zurückgeführt werden, die nicht von der Notenbank beeinflusst werden könnten.

Handlungsbedarf in Schweiz «nicht so akut wie in Eurozone»

Der Chefökonom der ZKB, David Marmet, sagt einen Nachzug der Schweizerischen Nationalbank (SNB) voraus. Allerdings sei der Handlungsbedarf hierzulande mit einer Inflationsrate von 3,5 Prozent «bei weitem nicht so akut wie in der Eurozone». Ihre «Geldpolitik ‹der ruhigen Hand›» werde die SNB wohl weiterführen.

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David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank. Er erwartet erst für Sommer 2024 eine Normalisierung der Inflation. - Zürcher Kantonalbank

«Wir erwarten, dass sie am 22. September den Leitzins erneut um 50 Basispunkte anheben wird», so Marmet weiter. Dadurch dürfte die Frankenaufwertung gebremst werden. Sollte der Franken jedoch abgewertet werden, könne die SNB «Teile ihrer exorbitant gestiegenen Devisenreserven» veräussern.

Macht Ihnen die Inflation Sorgen?

Und auch im Dezember rechnet der Chefökonom mit einem weiteren 50-Punkte-Anhebeschritt, womit der SNB-Leitzins 2023 auf ein Prozent ansteigen könnte. Danach erwartet David Marmet eine Zinspause, so wie im Euroraum.

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