Ein Eintritt der Postfinance in den Hypothekenmarkt wäre laut Experten nicht ohne Risiken.
Janwillem Acket, Chef-Ökonom der Julius Bär Bank, spricht an einer Medienkonferenz in Zürich.
Janwillem Acket, Chef-Ökonom der Julius Bär Bank, spricht an einer Medienkonferenz in Zürich. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Julius Bärs Chef-Ökonom Janwillem Acket warnt vor der Postfinance im Hypothekarmarkt.
  • Es könnte aggressives Verhalten unter den Parteien auslösen.

«Es ist ein Riesenvolumen, das potenziell auf den Markt kommt», sagte Julius-Bär-Chefökonom Janwillem Acket der Nachrichtenagentur AWP über einen möglichen Hypothekarmarkt-Einstieg der Postfinance. Seiner Meinung nach bestehe die Gefahr, dass die Postfinance mit ihrem «Gratisgeld» aggressiv auftreten wird. «Ich nehme aber an, dass es Regeln geben wird, dass die neue Postfinance ein seriöses Geschäftsgebaren an den Tag legen muss.» Grundsätzlich hält er den Entscheid für richtig.

Von einem «potenziell hohen Marktanteil am Hypothekenmarkt» spricht auch Wellershoff-Chefökonom Adriel Jost. Doch er relativiert. Der Bundesrat schreibe selber von einem schrittweisen Markteintritt; zudem seien viele Hypothekarnehmer über Jahre gebunden.

Andere Banken «noch agressiver»

Seiner Meinung nach könnten andere Banken wegen des neuen Anbieters gleichwohl «noch aggressiver» am Markt auftreten. Und dies könnte zu einer Überhitzung am Immobilienmarkt führen, wovon die Schweizerische Nationalbank (SNB) schon lange warnt. «Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Postfinance mit ihren Hypothekarangeboten an die regulatorischen Grenzen gehen wird», sagte Jost.

Und falls die Überhitzungserscheinungen doch zunähmen, gäbe es seiner Meinung nach noch Gegenmassnahmen. So könnten zum Beispiel nicht mehr vollständig befolgte Selbstregulierungsmassnahmen in Gesetze überführt werden. «Das wäre etwa für die Tragbarkeitsregeln möglich, die heute von der Branche nicht immer befolgt werden.»

Partizipationsscheine oder ausländische Investoren?

Für die geplante Teilprivatisierung der Postfinance gibt es laut Wirtschaftsjurist Peter V. Kunz von der Universität Bern diverse Möglichkeiten. «Juristisch lässt sich vieles machen», sagte er auf Anfrage. Es sei zum Beispiel denkbar, dass es Partizipationsscheine gebe wie bei diversen Kantonalbanken. «Das wären dann in erster Linie Liebhaberpapiere», sagte der Professor.

Einen eigentlichen Börsengang mit Aktien wie bei der Swisscom, an welcher die Eidgenossenschaft eine Mehrheitsbeteiligung hält, sieht er hingegen weniger. «Die Postfinance wäre wohl für Investoren zu wenig attraktiv», sagte Kunz. Denn im Gegensatz zur Swisscom sei die Posttochter kein dominanter Platzhirsch im Kredit- und Hypothekargeschäft und biete somit zu wenig Fantasie.

Verkauf ins Ausland undenkbar

Politisch undenkbar ist für den Juristen, dass eine Minderheitsbeteiligung an einen grossen ausländischen Investor verkauft würde – zum Beispiel an einen ausländischen Staatsfonds. «Das ist wegen der Vorbehalte vieler Bürger gegenüber solchen ausländischen Investoren politisch unvorstellbar», sagte Kunz.

Die beste Variante wäre laut Kunz, wenn die Postfinance im Rahmen der Teilprivatisierung aufgesplittet würde – in einen privaten Teil mit dem Kredit- und Hypothekargeschäft sowie einen öffentlichen Teil mit dem Zahlungsverkehr. In einem solchen Szenario wäre der Staat seiner Meinung nach idealerweise nur am öffentlichen Teil beteiligt, weil es dort keinen wirklichen Markt gebe.

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