Darum profitiert Airbus vom Boeing-Drama kaum
Boeing stoppt die Produktion der 737 Max. Rivale Airbus fehlen die Ressourcen, um davon richtig profitieren zu können.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Januar stoppt Boeing die Produktion der 737 Max.
- Dem Unternehmen fehlt Platz, um die Maschinen parkieren zu können.
- Die Auftragsbücher von Airbus sind bis 2024 voll.
Überraschend kam der Schritt nicht. Gestern Montag hat Boeing bekannt gegeben, die Produktion der 737 Max zu stoppen.
Zwei Abstürze des Mittelstreckenfliegers forderten 346 Todesopfer. Dem Jet wurde im Frühjahr deswegen die Flugerlaubnis entzogen. Weltweit sind 383 Maschinen gestrandet.
Boeing hat Milliarden zurückgestellt. Allein die Southwest Airlines bezifferte im September ihren Schaden auf über 480 Millionen Dollar.
Der US-Konzern hat sich lange geweigert, die Produktion zu stoppen. Jeden zweiten Arbeitstag rollte eine Maschine vom Band. Ein strategischer Entscheid. Boeing wollte nach Aussen nicht den Eindruck erwecken, man glaube nicht mehr an den 737.
400 Jets warten auf bessere Zeiten
Der Flugzeugbauer hat eigentlich auf eine neue Zulassung für Ende 2019 gehofft. Doch dauert es länger und Boeing fehlt mittlerweile schlicht der Platz für die Jets. Fast 400 fabrikneue 737 Max warten auf ihre Auslieferung. Im Januar wird die Produktion vorübergehend ausgesetzt.
Dass der beliebte Mittelstreckenflieger noch keine Zulassung erhalten hat, liegt an der neu entdeckten Gründlichkeit der US-Luftfahrtbehörde FAA. Man wolle sich nicht von Boeing unter Druck setzten lassen, sagte FAA-Chef Steve Dickson kürzlich.

Der Ruf der FAA ist ramponiert. Während der Aufarbeitung der Abstürze stellte sich raus, wie eng die Behörde mit dem Flugzeugbauer verbandelt ist. Gewisse Prozesse wurden von Boeing statt der Behörde durchgeführt, um Geld zu sparen. Erwartet wird, dass die 737 Max frühstens im Februar wieder abheben wird.
Airbus hat volle Auftragsbücher
Im ganzen Drama gibt es viele Verlierer: Boeing, die Airlines, Mitarbeiter und Zulieferer. Und – so sagt es zumindest die Theorie – einen Gewinner: Airbus.
Boeing und Airbus haben ein Duopol für Grossraumflugzeuge. Kunden können also nur auf einen Konkurrenten ausweichen.

Das hat etwa die saudi-arabische Flyadeal gemacht. Sie war im Juli die erste Airline, welche ihren Grossauftrag bei Boeing stornierte und zu Airbus umstieg. Das Auftragsbuch des europäischen Konsortiums wurde um 50 Flugzeuge reicher.
Airlines bleiben Boeing treu
Doch Airbus profitiert weniger stark, als man annehmen könnte. Das Problem sind fehlende Kapazitäten. Bis 2024 sind die Fabriken ausgelastet. Rund 5800 Bestellungen der A320-Familie sind im Orderbuch.
Klar: Weil Boeing keine 737 Max liefern kann, hinkt im Moment der US-Flugzeugbauer dem europäischen Rivalen hinterher. So lieferte Airbus dieses Jahr rund doppelt so viele Flugzeuge aus wie Boeing.
Doch mittelfristig dürfte der US-Flugzeugbauer wieder aufholen. Marktkenner gehen davon aus, dass das die Airlines Boeing aus strategischen Gründen nicht den Rücken kehren werden. Denn es ist in ihrem Interesse, langfristig die Wahl zwischen mindestens zwei Herstellern auf Augenhöhe zu haben.