City Tickets: ÖV-Betreiber zocken Kunden wegen Tarif-Puff ab
Wer von einem Stadtquartier aus eine Fernstrecke fährt, zahlt teilweise grundlos mehr. Schuld daran sind zwei unterschiedliche Tarifsysteme.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer ÖV hat zwei Tarifsysteme: Verbünde und die Nationaler Direkter Verkehr.
- Überschneiden sich die Systeme, ist es möglich, dass Kunden mehr Zahlen müssen.
Ganz bequem via App oder im Onlineshop können ÖV-Kunden heute Billette kaufen. Einmal tippen oder klicken – schon ist das Ticket gekauft. Nur: Nicht immer wird dem Kunden der günstigste Preis verrechnet.
Dies zeigt folgendes Beispiel: Wer eine Reise von Bern, Bärenplatz nach Zürich HB mit einem Halbtax-Abo bucht, kriegt im SBB-Shop ein Ticket für 31.20 Franken angezeigt. Nur: Werden die Fahrten separat gebucht – also Bern, Helvetiaplatz nach Bern Hauptbahnhof und Bern nach Zürich HB – kosten die Billette 2 beziehungsweise 25.50 Franken. Macht total 27.50 Franken.
Gleiches Spiel in Zürich: Wer mit dem Zug von Bern nach Zürich, Bellevue reist, kriegt im Onlineshop der Bundesbahn ein Ticket für 31.40 Franken angezeigt. Bucht man die Strecken separat, kosten die beiden Fahrkarten zusammen 27.80 Franken.
Schuld sind Tarifsysteme
Wie kommt das? Vom Problem betroffen sind grundsätzlich Fernverkehrsstrecken, wo der Ziel- oder Abfahrtsort innerhalb eines Verkehrsbundes ist.
Grund für das Preis-Wirrwarr ist nicht Shopbetreiberin SBB, sondern die Tatsache, dass es in der Schweiz zwei verschiedene Tarifsysteme im öffentlichen Verkehr gibt. Einerseits den sogenannten Nationalen Direkten Verkehr, wo Streckenpreise auf Kilometerbasis berechnet werden. Andererseits die regionalen Verkehrsbünde, welche in Zonen rechnen.
Das Problem: Nicht alle Haltestellen – darunter etwa Bern, Bärenplatz und Zürich, Bellevue – sind aktuell in das Verkaufssystem des Nationalen Direkten Verkehrs eingebunden. «Um trotzdem ein Billett für die gesamte Strecke anbieten zu können, wurde das Angebot des City-Tickets geschaffen», erklärt Thomas Ammann, Sprecher der ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass, die 250 Transportunternehmen und 17 Verbünde vertritt.

Anders als ein einfaches Billett, sind City-Tickets nicht nur einmalig für eine Strecke, sondern ganztägig und für den ganzen Ortsverkehr gültig. Doch längst nicht jeder ÖV-Kunde braucht das. «Es kann in einzelnen Fällen günstiger sein, für den Ortsverkehr ein separates Billett zu kaufen», weiss Ammann.
Man sei sich der Problematik bewusst und bestrebt, Preisinkonsistenzen zu eliminieren, erklärt er. «So wird per 1. Juni 2020 etwa das gesamte Netz von Bernmobil in den Nationalen Direkten Verkehr eingebunden.» Das Ticket Bern, Bärenplatz nach Zürich HB wird dann günstiger. Anderswo bleibt das Problem bestehen.
Konsumentenschützer kennen das Problem
Das Tarif-Puff ist der Stiftung für Konsumentenschutz ein Dorn im Auge. Es sei sehr ärgerlich für die Konsumenten, findet Josianne Walpen, Leiterin Ernährung und Mobilität. «Wer die naheliegende Variante wählt – nämlich ein Billett von A nach B zu lösen – muss unter Umständen mehr bezahlen.» Das dürfe nicht vorkommen.
Sie hält fest, dass es für Konsumenten grundsätzlich schwieriger geworden sei, den besten Preis für sein Billett zu erhalten. Man habe dies bereits bei der Einführung der Sparbillette kritisiert. «Besser sind für alle erhältliche und tiefere Billettpreise statt ein unübersichtliches Wirrwarr von Preisen und Angeboten.»