Nicht für alle brachte die Corona-Pandemie Leid. Denn die Biontechbranche konnte von dem Virus gut profitieren.
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Eine Corona-Maske. (Symbolbild) - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Pandemie hat der Biotechbranche in die Hände gespielt.
  • Wegen der hohen Nachfrage haben sich entsprechend die Kurse gestärkt.

So schlimm die Covid-19-Pandemie für viele war, für die Biotechbranche war sie laut Experten «Glück und Segen». Bei den Investoren brach Goldgräberstimmung aus. Doch nach einer Art Kaufpanik platzte die Blase. An sich ist das Muster bei Börsenblasen immer gleich: Rücken bestimmte Ereignisse einzelne Branchen besonders stark in den Fokus, will niemand die «sicheren» Kursgewinne verpassen.

Bei hoher Nachfrage, das ist das Gesetz des Marktes, steigen dann die Kurse entsprechend stark. Risiken werden von den Analysten einfach ausgeblendet. Genau so war es auch in der Biotechbranche zu Beginn der Corona-Pandemie.

«Die Pandemie schuf die Voraussetzungen dafür, dass die Biotech-Industrie die vielleicht grösste wissenschaftliche Leistung aller Zeiten vollbringen konnte: die rasche Entwicklung, Herstellung, Verteilung und Verabreichung hochwirksamer Covid-19-Impfstoffe an Milliarden von Menschen weltweit.» Dies fasst Mark Charest die Entwicklung gegenüber AWP Finanznachrichten zusammen.

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Die Corona-Pandemie spielte der Biotechbranche in die Hände. - sda - Keystone/ZUMA Wire/Nir Alon

Der Portfolio-Manager bei LifeSci Fund Management sagt: «Die Konzentration auf Lösungen für die Pandemie brachte die Industrie aus dem Schatten. Den die Debatte über die hohen Arzneimittelpreise geworfen hatte.» Die Arzneimittelforschung rückte somit in den Fokus des öffentlichen Bewusstseins.

Gang an die Börse

Diese gesteigerte Aufmerksamkeit führte dazu, dass Kapital deutlich einfacher floss. Unternehmen, die noch nicht an der Börse waren, konnten sich in Finanzierungsrunden einfacher Geld beschaffen. Viele wagten in dieser Goldgräberstimmung den Gang an die Börse – vornehmlich in den USA. Doch genau das war laut Experten eines der Probleme.

Bei diesen vielen Börsengängen waren auch Firmen dabei, die noch nicht reif für einen solchen Schritt waren. «Viele Unternehmen, die sich in der Frühphase befanden, gingen an die Börse. Dies, lange bevor sie dies in der Vergangenheit getan hätten», erklärt Charest. Wie Daten der Nasdaq zeigen, wagten 111 Biotechunternehmen im Jahr 2021 den Gang an die berühmte US-Technologiebörse.

Die Folge: Viele Investoren verbrannten sich die Finger. Denn wer in Biotech investiert, sollte wissen, dass die Medikamentenforschung von Natur aus mit einem hohen Risiko behaftet ist. Dies betont auch der Branchenexperte Thomas Heimann von HBM Partners.

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Die Börse in New York. (Symbolbild) - Keystone

«Ausgehend von den Forschungsstufen würde ich von etwa einem Prozent ausgehen.» So Michael Altorfer, CEO der Swiss Biotech Association, jüngst in einem AWP-Interview. Er antwortete damit auf die Frage, wie viele Prozent der Programme am Ende erfolgreich seien. Befinden sich die Projekte bereits in der klinischen Entwicklung, steige diese Zahl auf immerhin 10 Prozent.

Ein Blick auf die Börsenkurse verdeutlicht dies. Nach dem Corona-Einbruch im März 2020 zogen die Indizes an. Am Ende des Jahres notierten sie um 50 Prozent über ihrem Corona-Tief. Doch das war noch nicht das Ende der Fahnenstange.

Aufwärtstrend in der Bio-Branche

In den USA arbeitete sich der Nasdaq Biotech Index nochmals um mehr als 10 Prozent vor. Währenddessen legte hierzulande der SXI Bio + Medtech gar um knapp 30 Prozent zu. Doch dann folgte der Horrortrip für die Investoren. Der Nasdaq Biotech sowie auch die der Schweizer Biotech-Index büssten ab Herbst 2021 etwa ein Drittel ein.

Im Gegensatz dazu setzten die Standardwerte nach einer kurzen Herbstdelle zum Jahresendspurt an. Sie markierten zu Beginn 2022 gar neue Rekordmarken. Einzelne Biotechwerte in den USA brachen in dieser Phase hingegen gar um mehr als 80 Prozent ein. Laut Portfolio-Manager Charest war der Verkaufsdruck während der Korrektur «zeitweise wahllos».

Denn ein Grossteil des vorherigen Kursanstiegs sei eben nicht datengetrieben gewesen. «Vielmehr waren Liquidität, Hoffnung, Dynamik und passive Investitionen die Haupttreiber.» Dabei basiere das Geschäftsmodell der Biotechnologie auf Fundamentaldaten. Denn klinische Daten definieren den Wert einer potenziellen Behandlung für die Patienten.

Es kam daher, wie es kommen musste: Eine Reihe aufsehenerregender negativer Datenveröffentlichungen unterstrich das Risiko und verstärkte die negativen Auswirkungen noch. «Der Aktienmarkt hat 2020 in vielen Feldern zu viel vorweggenommen.» So lautet die Bilanz von Daniel Koller, der das Investmentteam der Beteiligungsgesellschaft BB Biotech leitet. «Somit bleibt die Frage: Wie, und vor allem wie differenziert stuft der Aktienmarkt die fundamentalen Fortschritte der Branche ein?»

Die Gründe für den Crash

Am Ende dürften drei Faktoren für den Crash gesorgt haben, sind sich Experten einig. Vor allem die Aussicht auf steigende Leitzinsen hatte bereits im vergangenen Jahr begonnen, speziell den Wachstumswerten immer wieder zuzusetzen. Hinzu gesellten sich die teilweise stark aufgeblähten Bewertungen, ausgelöst durch den Hype. Und zu guter Letzt ist es einfach so, dass jede Blase irgendwann platzt.

Branchenkenner wie Altorfer von der Swiss Biotech Association werden dennoch nicht müde zu betonen: Man müsse zwischen der Schweiz und Ländern wie den USA differenzieren. «In der Schweiz sind gerade einmal 5 Prozent der Biotechunternehmen an der Börse. Die Mehrheit von etwa 95 Prozent ist in privaten Händen.» Daher sähe die Grosswetterlage der Branche in der Schweiz auch etwas anders aus als in Nordamerika.

So meint auch Heimann von HBM etwa, dass sich nicht der Sektor unbedingt schlechter entwickelt habe, sondern vielmehr das Umfeld. «Grundsätzlich bleibt es aber dabei: Man ist in der Biotechbranche immer mit dem Risiko, schon bei der Entwicklung zu scheitern, konfrontiert.»

Für Investoren gilt also bei einem Investment in Biotech: Besser breit streuen und Biotech nur hinzufügen, als alle Karten auf diese Branche zu setzen.

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