Autobranche sucht in der Chip-Falle nach Ausweg

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Niederlande,

Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia bedroht die Autobranche, da in einigen Werken bald die Produktionsbänder stillstehen könnten.

Autobranche
Die Chip-Krise bei Nexperia bringt die Autobranche in Schwierigkeiten, erste Werke könnten bald die Produktion stoppen. (Archivbild) - sda

Die Krise um den Chip-Zulieferer Nexperia hält die Autobranche in Atem. Schon bald könnten in ersten Werken die Bänder stillstehen. Was bisher bekannt ist: die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Auslöser war das Vorgehen der niederländischen Regierung beim Chiphersteller Nexperia. Die Regierung in Den Haag hatte dem chinesischen Eigentümer von Nexperia Ende September die Kontrolle entziehen lassen – Gerichtsakten zufolge auf Druck der USA. China stoppte daraufhin die Ausfuhr von Nexperia-Produkten für die Autoindustrie.

Grund für den Konflikt ist nach Aussagen des niederländischen Ministerpräsidenten Dick Schoof Missmanagement der chinesischen Unternehmensführung. Der Eingriff des niederländischen Wirtschaftsministers Vincent Karremans bei Nexperia sei «keine Massnahme gegen China», sagte der geschäftsführende Regierungschef der niederländischen Nachrichtenagentur ANP zufolge beim EU-Gipfel in Brüssel.

Chinas Handelsminister Wang Wentao hatte das Eingreifen der niederländischen Regierung laut Angaben aus Peking im Telefonat mit Karremans kritisiert. Dies habe die Stabilität der globalen Lieferketten ernsthaft beeinträchtigt, sagte er. China fordere von den Niederlanden, das Land müsse die Angelegenheit schnellstmöglich lösen, hiess es.

Nexperia: Schlüsselanbieter für Standardchips

Nexperia mit Sitz im niederländischen Nimwegen ist ein wichtiger Anbieter sogenannter diskreter Halbleiter. Das sind eher einfache Bauteile, die aber für die Wirtschaft unverzichtbar sind. Internen VW-Angaben zufolge entfallen rund 40 Prozent des weltweiten Angebots an Standardchips für die Automobilindustrie auf Nexperia.

Die Halbleiter von Nexperia kommen häufig in elektronischen Steuergeräten von Fahrzeugelektroniksystemen zum Einsatz. In einem modernen Auto stecken Dutzende dieser Geräte. Diese fertigen die Hersteller oft nicht selbst – sondern kaufen die Komponenten von Zulieferern.

Nach Angaben des Verbands ZVEI übernehmen diskrete Bauteile viele Funktionen: Sie verarbeiten unter anderem Signale in Steuergeräten, regeln und stabilisieren die Spannung und binden Sensoren an. Wie viele diskrete Halbleiter in einem Auto verbaut werden, hängt laut ZVEI vom Einzelfall ab.

Bei einzelnen Bauteilen ist Nexperia nach eigenen Angaben Weltmarktführer. Zu den Kunden zählten – Stand August – Automobilhersteller wie Tesla und Zulieferer wie Bosch. Die meisten Autokonzerne werden nicht direkt beliefert. Nexperia-Chips befinden sich aber in Bauteilen, die von Zulieferern wie Bosch oder ZF kommen.

Spezielle Anpassungen erschweren den Herstellerwechsel

Auf den ersten Blick handele es sich bei den Chips um Massenware, sagt Peter Fintl, Automobilexperte des IT-Dienstleisters Capgemini. Allerdings seien sie oft sehr speziell angepasst und daher nicht so leicht zu ersetzen. «Für bestimmte Bauteile kann man nicht ohne weiteres auf andere Hersteller umswitchen.»

Das mache die Suche nach Ersatzlieferanten kompliziert und langwierig. «Darin liegen nun die Herausforderungen.» Änderungen der Lieferketten seien zwar grundsätzlich möglich. «Allerdings spricht man hier nicht von Tagen oder Wochen, sondern von Monaten oder Quartalen», sagt Fintl.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnte bereits vor möglichen Ausfällen wegen fehlender Chips – bis hin zu Produktionsstopps. Bisher laufe die Produktion in den Autowerken aber noch normal, hiess es bei den deutschen Herstellern.

VW hofft auf Vermeidung von Produktionsstopps

VW zeigte sich zuversichtlich, Produktionsstopps noch abwenden zu können. Derzeit werde mit einem alternativen Lieferanten verhandelt, der den Lieferausfall der Nexperia-Halbleiter ausgleichen könnte, sagte Markenproduktionsvorstand Christian Vollmer dem «Handelsblatt».

Noch am Mittwoch hatte VW vor möglichen Produktionsausfällen gewarnt, die auch kurzfristig möglich seien. Mercedes-Benz teilte mit, man sei «im Kurzfristzeitraum abgesichert». Der Konzern arbeite «intensiv mit unseren Partnern daran, eventuell auftretende Lücken zu schliessen». Ähnlich hatte sich zuvor BMW geäussert.

Erste Zulieferer wie ZF richteten bereits Taskforces ein, um die Lage zu bewältigen. Gemeinsam mit Kunden und Lieferanten arbeite man daran, die von Nexperia-Produkten abhängigen Lieferketten weiterhin stabil zu halten und Alternativen zu prüfen.

Bosch reagiert auf Nexperia-Krise mit Expertenteams

Bosch teilte auf Anfrage mit: «Wie andere Kunden von Nexperia stellt auch uns die aktuelle Situation vor grosse Herausforderungen.» Expertenteams stünden im engen Austausch mit dem Hersteller sowie anderen Lieferanten und Kunden, um mögliche Einschränkungen bei der Produktion zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten.

Der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, Wolfgang Weber, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Mitgliedsfirmen des Verbands arbeiteten an Ersatzlösungen. Es gebe Signale, die Anlass zur Hoffnung gäben. «Ein Problem liegt jedoch in der notwendigen Qualifizierung der Ersatzbauteile – wir können also keine Entwarnung geben.» Die Krise müsse schnell politisch gelöst werden.

Auch die Bundesregierung sucht nach Lösungen. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Mittwoch, man sei besorgt und mit den verschiedenen Beteiligten in engem Austausch – auch mit der chinesischen Regierung. Am Mittwochabend gab es dazu eine Schalte des Bundeswirtschaftsministeriums mit Verbänden und Unternehmen aus der Automobil- und Elektronik-Industrie, wie dpa von Beteiligten erfuhr. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.

Kommentare

User #3706 (nicht angemeldet)

Das ist die Globalisierung. Man musste ja unbedingt alles nach China auslagern. Als nächstet folgt der Medikamenten liefer Stop. Back to the Roots

User #4107 (nicht angemeldet)

Früher gab es solche High-Tech Probleme nicht. Mit KI und KI gesteuerten Robos und Autos wird alles noch sehr viel besser. Hahahaha. LOL.

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