Als erstes Land der Welt bietet Luxemburg zukünftig kostenlosen ÖV an. In der Schweiz stösst dies jedoch auf überraschend wenig Interesse.
Gratis ÖV in der Schweiz: Mobilitätsexperte Widar von Arx erklärt, weshalb das keine gute Idee wäre. - Nau
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Luxemburg wird der ÖV für alle Nutzer der zweiten Klasse ab 2020 kostenlos.
  • In der Schweiz ist dies nicht sinnvoll, glaubt der Verkehrsexperte.
  • Auch Politiker und Verbände haben wenig Interesse daran.

Die Menschen lassen das Auto stehen und steigen in den Bus oder Zug. Das erhoffen sich die Luxemburger, indem sie bald den öffentlichen Verkehr kostenlos anbieten. Nutzer der zweiten Klasse fahren ab März 2020 also gratis.

In der Schweiz beschwert man sich zwar auch ganz gerne über zu teure Ticket-Preise. Doch gratis ÖV ist dann auch wieder zu viel des Guten. Wie eine Umfrage von Nau zeigt, sträuben sich sowohl Politiker wie auch Verbände dagegen.

Grüne und SP glauben nicht daran

So beispielsweise der grüne Nationalrat Michael Töngi, ein grosser Verfechter des öffentlichen Verkehrs. «Ich bin kein Fan von kostenlosem ÖV», denn auch dieser habe seinen Preis. «Gratis-ÖV kann auch zu unnützen Fahrten führen.» Wichtiger als die Kostenlosigkeit sei ein gut ausgebautes Netz.

Schon im kleineren Rahmen für gratis ÖV geweibelt hat SP-Nationalrätin Bea Heim. Die Präsidentin der IG öffentlicher Verkehr findet die Idee schweizweit zwar verlockend, aber: «Die Situation in der Schweiz ist mit jener Luxemburgs nicht vergleichbar.» Eher könne sie sich vorstellen, dass der innerstädtische ÖV kostenlos wird. Ansonsten fordert sie, dass die Billet-Preise günstiger werden.

Bea Heim (SP) setzt sich als Präsidentin der IG öffentlicher Verkehr für bestmögliche ÖV-Bedingungen ein. - Keystone

Kostenlosigkeit könnte zu Überkonsum führen

Skeptisch gegenüber kostenlosem ÖV ist auch Mobilitätsexperte und Dozent Widar von Arx von der Hochschule Luzern : «Für die Schweiz ist es nicht die beste Lösung.» Kostenloser ÖV alleine würde die Menschen nicht zum Umsteigen bewegen. Es brauche eine Kombination: «Mit teureren Parkplätzen oder teureren Benzinpreisen.»

Dazu kommt: «Wir sind heute schon Bahnweltmeister.» Auch die Bahn brauche Energie und: «da sollte man ebenfalls schauen, dass man keinen Überkonsum produziert.»

In die ähnliche Richtung argumentiert der Verkehrs-Club der Schweiz VCS. «Ist der öV gratis, dann kann das zu mehr Verkehr führen was keinen Beitrag zum Umweltschutz leistet», so Stéphanie Penher. Wichtig sei jedoch ein leichter und günstiger Zugang zum öffentlichen Verkehr. Autofahren sei im Vergleich zum ÖV leider noch immer viel zu billig.

Interview mit Mobilitätsexperte Widar von Arx. - Nau
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