Bei einer Strassenblockade der «Letzten Generation» tritt ein Autofahrer in München aufs Gas. Juristisch gesehen könnte es für ihn böse enden.
Klima-Aktivisten der «Letzten Generation» blockierten am Montagmorgen wieder einmal Münchner Strassen. - X / @MrDavidTreets

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Autofahrer aus München könnte wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt werden.
  • Rechtliche Konsequenzen sind aber auch für die angefahrenen Klima-Aktivisten denkbar.
  • Die Klima-Aktivisten und der Autofahrer könnten sich gegenseitig anzeigen.
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Diese Bilder gingen vor wenigen Tagen um die Welt: Während einer Strassensperre der «Letzten Generation» in München verliert ein Autofahrer die Nerven. Er drückt aufs Gas und schleppt zwei Aktivisten mehrere Meter auf seiner Motorhaube mit.

Rechtliche Konsequenzen für Autofahrer?

Blühen dem Autofahrer nun rechtliche Konsequenzen? Dirk Baier, renommierter Kriminologe der ZHAW, ordnet ein: «Zunächst ist entscheidend, ob überhaupt Anzeige gegen den Autofahrer erstattet wird.»

Das sei in diesem Fall wahrscheinlich. «Entweder durch ein Opfer oder durch eine beobachtende Person.»

Sollte eines der Opfer eine Körperverletzung erlitten haben, stünde rechtlich der Tatverdacht der gefährlichen Körperverletzung im Raum. «Und zwar weil die Körperverletzung mit einer Waffe, hier mit einem Auto, begangen wurde.»

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Für den Autofahrer dürfte es dann brenzlig werden: «Hier wären Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zehn Jahren möglich», so Baier. Anders sähe es aus, wenn keine Körperverletzung vorliegen sollte.

«Dann ist das mit der Anzeige schon eine schwierigere Angelegenheit», weiss Baier. Grund: Im Gegensatz zum Schweizer Strafgesetzbuch kennt das deutsche den Strafbestand Tätlichkeit nicht.

Klima-Aktivisten und Autofahrer könnten sich gegenseitig anzeigen

Hier bliebe dem Opfer nichts anderes übrig, als eine Anzeige auf versuchte gefährliche Körperverletzung, Nötigung oder Bedrohung geltend zu machen.

Der Autofahrer würde aber dann mit einer Gegenanzeige reagieren. «Diese könnte ebenfalls Nötigung lauten, die laut Strafgesetzbuch mit Geldstrafe oder bis dreijähriger Freiheitsstrafe sanktioniert werden kann.»

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Laut dem Kriminologen Dirk Baier drohten dem Amokfahrer im Falle einer Anzeige bis zu zehn Jahre Knast.
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Doch auch der Klima-Aktivist selbst könnte angezeigt werden. Wegen Nötigung drohten diesem bis zu drei Jahre Gefängnis.
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Aktivist und Autofahrer könnten sich also gegenseitig anzeigen.

Welches Urteil das Gericht dann fällen würde? Baier: «Das wäre interessant zu sehen. Aber mir sind noch keine Urteile zu solchen Fällen bekannt.» Die mögliche Berufung des Autofahrers auf Notwehr bezeichnet der Kriminologe jedoch als «hanebüchen».

Höhere Strafe für Autofahrer

Denn: «Diese kann nur geltend gemacht werden, wenn das eigene Leib und Leben oder anderer gefährdet ist.» Das sei bei Klimaprotesten nie der Fall. Das geschilderte Szenario könnte aber dennoch zu einer Verurteilung beider Personen führen.

Baier antizipiert: «Die Tatperson würde eine höhere Strafe erhalten, weil ihr Vorgehen gefährlicher war als der passive Klimaprotest.»

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