GLP-Landrat Yves Krebs erklärt in seinem Gastbeitrag, weshalb der Baselbieter Landrat den Beitrag ans Defizit des ESAF bewilligt hat.
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Yves Krebs, GLP-Landrat Kanton Basel-Landschaft - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Yves Krebs äussert sich zum Beitrags ans Defizit des ESAF des Kantons Basel-Landschaft.
  • Der Landrat hatte diesen mit 62 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung bewilligt.
  • In der Rubrik «Stimmen der Schweiz» verfassen Schweizer PolitikerInnen Gastbeiträge.

Ungewöhnlicher Medienandrang letzten Donnerstag im Baselbieter Kantonsparlament, dem Landrat. Sogar das Schweizer Fernsehen war mit einer Kamera vor Ort für einen Beitrag in «Schweiz Aktuell»*.

Es ging um die Erhöhung der Ausgabenbewilligung für einen Kantonsbeitrag von maximal CHF 500'000.- um den Konkurs des Trägervereins «ESAF 2022 im Baselbiet» abzuwenden. Für eine ausgeglichene Schlussabrechnung des Eidg.

Schwing- und Älplerfests (ESAF) fehlten 3.8 Millionen Franken. Durch Leistungen von Privaten, Sponsoren sowie durch Beiträge, welche die Regierung in eigener Kompetenz sprechen konnte, verbleibt für die öffentliche Hand eine Summe von CHF 180'000.-. Dies Stand heute. Der Beitrag könnte sich nochmals reduzieren, sollten sich weitere Geldgeber melden.

eidgenössisches schwing- und älplerfest
Die grosse Arena in Pratteln BL. - Keystone

Nach zweistündiger Debatte stimmten lediglich 14 Personen aus SP und Grünen (eher die jüngere Generation) dagegen. Aus meiner Sicht wussten die Nein-Stimmenden ganz genau, dass die Vorlage sowieso durchkommt. Ihre Nein-Stimme kann man unter Symbolik abbuchen. Hätten sie auch die Folgen eines Neins verantwortet? Dies darf bezweifelt werden, denn die Konsequenzen sowie der Imageschaden wären fatal gewesen.

Wie repräsentativ sind Online-Kommentare?

Schaut man sich die Online-Kommentare an, sind nahezu alle Meinungen negativ gestimmt. Die Leute lassen richtig Dampf ab gegen den Filz und die Misswirtschaft im OK, den Eidg. Schwingerverband, der Risiken abschiebt, gegen den Gigantismus und der Mentalität «Gewinne privat, Verluste dem Staat». Fatal sei das Präjudiz mit einem Rettungsschirm für einen privaten Verein.

Eine Vorlage, die im Parlament locker durchflutscht, aber beim Volk auf totales Unverständnis stösst… für Politiker ist das die Höchststrafe! Wer liegt nun falsch?

Kein Eidgenössisches ohne Staat

Ein Fest von der Dimension eines Eidgenössischen – sei es ein Schwinger-, Jodler-, oder Turnfest oder ein internationaler sportlicher Grossanlass kann per se niemals ohne staatliche Hilfe durchgeführt werden. Dasselbe gilt für ein WEF, auch ein privater Verein. Die Alternative wäre, solche Veranstaltungen ersatzlos zu streichen. Zu glauben, alleine aus privaten Mitteln liessen sich solch grosse Anlässe refinanzieren, ist reichlich naiv.

Um beim Staat die «hohle Hand» zu machen, nachdem eine Veranstaltung mit Verlust abgeschlossen hat, ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. Mit dem ESAF-Beitrag schaffen wir kein Präjudiz, dass künftig jeder Konzertveranstalter Lady Gaga buchen und die Rechnung für ihre Gage beim Kanton einreichen kann.

Covid-19 und suboptimaler Standort

Das OK des ESAF 2022 hatte mit unzähligen Unwägbarkeiten zu kämpfen. Vergessen wir nicht, dass die Corona-Massnahmen erst 6 Monate vor dem Anlass aufgehoben wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Planungssicherheit eingeschränkt. Ab Februar lassen sich nicht mehr so einfach VIP-Tickets verkaufen. Die Budgets der grossen Firmen fürs laufende Jahr sind bereits verplant.

Sind Sie mit dem Entscheid des Landrats, den Betrag ans Defizit des ESAF zu bewilligen, einverstanden?

Auch wenn der Kanton «Basel-Landschaft» heisst, findet sich im ganzen Kantonsgebiet kein perfekt geeignetes «Land», um ein ESAF durchzuführen. Nachdem der Standort Aesch gescheitert war, kam Pratteln ins Spiel. Ein Gelände mit Panzersperren, Starkstromleitungen und umgeben von Zuglinien und Autobahnzufahrten. Der Bahnhof Pratteln musste extra verlängert werden, behördliche Auflagen zugunsten der Sicherheit jagten die Kosten in die Höhe.

Der Eröffnungstermin vom ESAF war fix und alternativlos. Man konnte die Maschinerie nicht mehr aufhalten. Ein ESAF ist kein Konzert, welches man kurzfristig absagen oder verschieben kann.

Wer A sagt, muss auch B sagen

Die ganze Baselbieter Bevölkerung freute sich jahrelang auf den Jahrhundertanlass ESAF 2022 in Pratteln. Die Euphorie war riesig – auch nach dem Schlussgang. Tausende glückliche Helferinnen und Helfer trugen zu diesem gelungenen Mega-Fest bei. Der Kanton war stolz, diesen einmaligen Anlass der Superlative erfolgreich durchgeführt zu haben.

Die Grösse der Veranstaltung war von Anfang an bekannt. Alle wussten, was auf sie zukommt. Im Nachhinein das ESAF als «Gigantismus und Grössenwahn» zu diffamieren, ist ein wenig inkonsequent. Dann hätte man gar nicht erst das ESAF ins Baselbiet holen müssen.

Zudem gab es bis zum Vorliegen der defizitären Schlussrechnung keine einzige Kritik an der Rolle von Regierungsrat Thomas Weber als OK-Präsident. An jedem Eidgenössischen besetzt ein amtierender Regierungsrat diesen Posten. So war es im Baselbiet auch vor über 20 Jahren am Eidg. Turnfest in Bubendorf.

Was sich Regierungsrat Weber nun für Vorwürfe gefallen lassen muss, ist eine Unverschämtheit. Filzvorwürfe sind noch harmlos. Dasselbe gilt für das gesamte OK. Ihr Einsatz bis über die Belastungsgrenze zugunsten des ESAF wird überhaupt nicht mehr gewürdigt. Aus den einstigen Schulterklopfern wurden Besserwisser.

Gespart statt geklotzt

Zum Schluss gilt zu sagen: Kurz vor dem ESAF kam Kritik auf, das OK würde bei der Sicherheit sparen. Während und nach dem ESAF waren die zu wenigen WC-Anlagen das Gesprächsthema oder fehlend Shuttle-Busse zum Bahnhof. Es sei am falschen Ort gespart worden. Dieselben Personen werfen ein paar Monate später dem OK nun fehlendes Controlling, Gigantismus und Missmanagement vor.

Gewinne privat, Verluste dem Staat? Nein, das schliesst die Rechtsform als gemeinnütziger Verein aus. Gewinne wären verteilt worden gemäss Vereinsstatuten und Liquidationsreglement. Beim ESAF 2019 in Zug wurde eine Stiftung gegründet, Geld an Helfer ausgeschüttet und der Rest floss wieder zurück in den Schwingsport für die Nachwuchsförderung

Zum Autor: Yves Krebs ist seit 2019 Basler GLP-Landrat und Vizefraktionspräsident Mitte/GLP.

*srf.ch/play/tv/redirect/detail/7ff83756-0992-46f9-8332-c06560ec725b

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