Der Kanton Solothurn steuert zur Prämienverbilligung nur das gesetzliche Minimum bei. Da sollte mehr möglich sein. Ein Gastbeitrag.
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Marlene Fischer von den Grünen. - zVg / Simon Von Gunten

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Menschen, die Anspruch auf Prämienverbilligung haben, müssen diese aktiv beantragen.
  • Solothurn steuert dafür gerade mal das Mindeste bei, was gesetzlich vorgeschrieben ist.
  • Aufgrund der Prämienerhöhungen sollte der Kanton seinen Beitrag erhöhen.
  • Dies behauptet Kantonsrätin Marlene Fischer (Grüne) in ihrem Gastbeitrag.
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«You're a politician?», fragt meine Haushaltshilfe, als sie das erste Mal bei mir zu Hause ist. In meinem ungeputzten Fenster hängt ein Plakat von Franziska Roth.

«Then please tell me: Every month I pay several hundred Francs for Krankenkasse.» Sie kommt aus Kenia, ist noch nicht lange da.

«And when I went to the doctor I had a bill over 1000 Francs.» Ich lasse ihr einen Kaffee raus. «This is insane! How is politics solving that problem?»

Krankenkasse
Die steigenden Krankenkassenprämien sind für viele eine grosse Belastung. (Symbolbild) - keystone

Volltreffer – ich starre in meinen Kaffee. Wo soll ich anfangen? Damit, dass wir in der Grundversicherung einen Pseudowettbewerb haben, in dem 44 Kassen die gleichen Leistungen anbieten – und deshalb letztes Jahr 72,6 Millionen Prämienfranken in Werbung verpufft sind? Oder damit, dass sie im aktuellen System gleich viel für die Krankenkasse bezahlt wie ein Milliardär?

«Yes, it's insane», kann ich ihr nur beipflichten. «But you know Prämienverbilligung?» Sie schaut mich fragend an. Nach meiner unbeholfenen Erklärung, was das ist und wie man es beantragt, lässt mich meine Haushaltshilfe mit sauberen Fenstern und der Erkenntnis zurück: Ich schulde ihr eine bessere Antwort.

Viele Menschen müssen Verbilligung proaktiv beantragen

Die suche ich auf der Webseite der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (AKSO). Dort stolpere ich über die Berechnung des «massgebenden Einkommens» – und darüber, dass, wer Anspruch auf Prämienverbilligung hat, automatisch ein Formular erhalten sollte. Was nicht heisst, dass allen Anspruchsberechtigten automatisch Prämienverbilligung gewährt wird.

Denn während die Verbilligung bei Menschen, die Ergänzungs- oder Sozialhilfeleistungen beziehen, direkt ausgezahlt wird, muss sie der untere Mittelstand proaktiv beantragen. Dass es da hapern könnte, zeigt zumindest meine Social-Media-Umfrage: Ein Drittel meiner Follower:innen weiss nicht, wie sie Prämienverbilligung beantragen könnten. Zudem mangelt es an Bewusstsein dafür, dass Prämienverbilligungen keine Almosen sind – sondern der notwendige Ausgleich zur unsozialen Kopfprämie.

Sollte der Kanton Solothurn mehr Geld für die Prämienverbilligung bereitstellen?

All das könnte dazu führen, dass im Kanton Solothurn nicht alles Geld abgeholt wird, was für die Prämienverbilligung zur Verfügung steht: Im Jahr 2023 wurden sechs Millionen Franken weniger ausbezahlt als budgetiert.

Es besteht also noch Luft nach oben, wenn es darum geht, dass das verfügbare Geld auch ankommt – bei der Familie mit zwei Kindern, 50'000 Franken Einkommen pro Jahr und 10'000 Franken auf der dritten Säule. Bei der Rentnerin mit 10'000 Franken Erspartem und 24'000 Franken Rente. Oder bei der Haushaltshilfe, die 20'000 Franken pro Jahr versteuert (Beispiele Onlinerechner der AKSO).

Prämienschock: Mehr Geld für Prämienverbilligung

Aber es muss auch genug Geld für die Prämienverbilligung verfügbar sein. Das Geld kommt vom Bund und vom Kanton. Solothurn hat jahrelang mit 80 Prozent des Bundesbeitrags nur das Minimum gesprochen. Grüne, SP und Mitte/EVP konnten im Kantonsrat letztes Jahr zusätzliche fünf Prozent erwirken – und das schlagen wir auch dieses Jahr wieder vor.

Doch es zeichnet sich rechter Widerstand ab. Dabei würden wir mit der Erhöhung des Kantonsbeitrags auf 85 Prozent keine grossen Sprünge machen, sondern angesichts des diesjährigen Prämienschocks nur das Mindeste. Klar ist, dass die Prämienverbilligung nur ein Pflästerli auf die explodierenden Gesundheitskosten ist. Aber besser ein möglichst grosses Pflaster als ein zu kleines.

Zur Autorin: Marlene Fischer ist Mitglied der Grünen Olten und sitzt im Solothurner Kantonsrat. An der ETH in Zürich hat sie Erdwissenschaften (Bachelor) sowie Umweltnaturwissenschaften (Master) studiert.

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