«Bildungsgutschriften in Glarus wegen falschen Annahmen abgelehnt»
Zurzeit profitieren Privatschulen von «Schulversagern» der staatlichen Schulen, findet Kolumnistin Clarita Kunz.

Das Wichtigste in Kürze
- Clarita Kunz schreibt auf Nau.ch Kolumnen über das Bildungssystem in der Schweiz.
- Heute schreibt sie über Bildungsgutscheine an Schulen – und über die Abstimmung in Glarus.
Im Kanton Glarus engagierten sich weltoffene Bürgerinnen und Bürger wie Nils Landolt an der Landsgemeinde vom 4. Mai für das Wohl aller, die im Bildungsbereich tätig sind.
Als einer der wenigen Betreiber einer Privatschule tritt er öffentlich ein für mehr Mitspracherecht der Eltern und für mehr Bildungsvielfalt.

Obwohl sein Anliegen nicht angenommen wurde, erhält es weiterhin Unterstützung von 38 Schweizer Privatschulen. Ein bemerkenswertes Zeichen, da sich Privatschulen bei solchen politischen Fragen meist zurückhalten.
Diese Zurückhaltung wirft Fragen auf: Fürchten sie den Wettbewerb mit anderen Schulen? Oder besteht die Sorge, dass die Qualität der Volksschulen durch Bildungsgutscheine steigen könnte – und sie damit einen wesentlichen Teil ihrer Klientel verlieren?
Denn: Derzeit profitieren Privatschulen von «Schulversagern» der staatlichen Schulen.
Wettbewerb führt zu Steigerung der Bildungsqualität
Wettbewerb unter den Schulen führt nachweislich zu einer Steigerung der Bildungsqualität in allen Schulen.
In Ländern, in denen Eltern frei über die Schulwahl bestimmen können, zeigt sich: Schulen mit hoher Nachfrage setzen Standards, die weniger gefragte Schulen inspirieren.
Das führt zu einer generellen Qualitätssteigerung und einer Reduktion schulischer Probleme.
Zusammen mit Russland ist die Schweiz das einzige Land, in dem Kinder finanziell benachteiligter Eltern mit Zwang einem bestimmten Schulhaus zugeteilt werden und Gesuchen um Umteilungen nur selten entsprochen wird.
Falsche Fakten
Während einige Glarnerinnen und Glarner versucht haben, diese längst nicht mehr zukunftstaugliche Praxis zu ändern, wurde dies durch Gegnerinnen und Gegner der Bildungsgutschriften verhindert – basierend auf völlig falschen Fakten!
Es wurde argumentiert, die Volksschule sei eine grosse integrative Kraft. Dabei zeigt schon ein Blick über die Glarner Kantonsgrenzen: Eine so starke soziale Entmischung gab es noch nie.
Ein Viertel erreicht Mindestlernziele nicht
Noch nie entschieden sich so viele Eltern für Privatschulen, noch nie war Homeschooling so verbreitet. Die Volksschule wird mehr und mehr geschwächt.
Zwei Votanten meinten allen Ernstes, das Bildungsniveau der Volksschule sei hoch, sie «fordere noch etwas von den Kindern».
Dies obwohl 25 Prozent (immerhin ein Viertel!) der Schülerinnen und Schüler die Mindestlernziele nicht erreichen und zwei Drittel täglich in mehreren Schulstunden über- oder unterfordert sind.
Davon scheinen einige Glarnerinnen und Glarner noch nie etwas gehört zu haben.
Ein weiteres Argument war, Kindern könne in Sonderschulen geholfen werden. Auch dem muss widersprochen werden. Separierende Massnahmen stigmatisieren Lernende oft ein Leben lang.
Schulkolleginnen, Eltern, Lehrpersonen, Lehrmeister und weiterführende Schulen nehmen diesen Stempel wahr, bevor sie das Kind oder den Jugendlichen als individuelle Persönlichkeit sehen.
Bildungsgutschriften kosten Kanton nicht mehr
Auch die Annahme, Bildungsgutschriften würden Kanton und Gemeinden mehr kosten, entbehrt jeder Grundlage.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Studien zeigen, dass Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern häufig innerhalb kurzer Zeit verschwinden, wenn sie in einem alternativen Unterrichtsmodell gefördert werden, das ihren individuellen Bedürfnissen besser entspricht.
Staatliche Schulen hingegen tendieren dazu, Kinder mit besonderen Herausforderungen in Sonderschulen zu separieren.
Eine enorm teure Massnahme: Während die reguläre Schulbildung jährlich etwa 15'000 Franken kostet, belaufen sich die Ausgaben für eine Sonderschule auf das Zehnfache, auf rund 150'000 Franken.
Zur Person: Clarita Kunz ist Pädagogin, Autorin («Schule als Leistungsbremse») und Inklusionsberaterin.