Observationen werden seit langem eingesetzt und haben sich im Kampf gegen Sozialmissbrauch bewährt. Auf dieser Praxis baut das Gesetz auf.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Lohnnebenleistungen sollen nur gerechtfertigt eingesetzt werden
  • Schon rund 80 Millionen CHF pro Jahr konnten durch Observationen verhindert werden
  • Erst mit einem Verdacht wird eine Observation im öffentlichen Raum genehmigt

Die Finanzierung der Sozialversicherungen wie der IV oder der Unfallversicherung geschieht obligatorisch über die Lohnnebenleistungen. Arbeitnehmende und Unternehmen finanzieren diese soziale Absicherung. Entsprechend sorgfältig müssen die Versicherer einen Leistungsanspruch prüfen, um den korrekten Einsatz dieser Mittel sicherzustellen. Um Sozialmissbrauch aufzudecken, nutzten sie bereits bis 2016 als letztes Mittel der Abklärungen Sozialdetektive. Das hat sich bewährt. Als Beispiel möchte ich ein Urteil vom 19. Januar 2015 erwähnen. In jenem Fall ging es um einen Versicherten, der behauptete, für die Fortbewegung zwingend auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein. Mittels Observation konnte belegt werden, wie er auf einer Leiter Aprikosen pflückte. In der Folge wurde der unrechtmässige Rentenbezug gestoppt.

Überhaupt konnten die Sozialversicherer dank Observationen ungerechtfertigte Leistungen im Umfang von rund 80 Millionen Franken pro Jahr verhindern. Ausserdem wirkt bereits die Möglichkeit, Observationen durchführen zu können, präventiv. Eingesetzt wurde das Mittel aber schon jeher zurückhaltend. Nur gerade 350 Observationen wurden bisher pro Jahr durchgeführt. Die zur Abstimmung stehende Gesetzesanpassung wurde notwendig, weil gemäss dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bisher die gesetzliche Grundlage für eine Observation im Sozialversicherungsbereich in der Schweiz fehlte. Die vorliegende Gesetzesvorlage setzt nun klare Regeln für eine Observation.

So besteht die Möglichkeit einer Observation nur, wenn ein Anfangsverdacht besteht und dieser nicht anders geklärt werden kann. Ein Direktionsmitglied eines Leistungserbringers kann sie als letztes Mittel anordnen. Erlaubt sind Bild- und Tonaufnahmen, wenn sich die überwachte Person an einem öffentlich zugänglichen Ort befindet oder von dort frei einsehbar ist: Es dürfen Situationen observiert werden, die jedermann ebenso beobachten kann, etwa im Bus, im Einkaufszentrum oder im frei einsehbaren Garten. Nicht erlaubt sind Aufnahmen in Privaträume, wie das Bundesamt für Sozialversicherungen festhält. Weiter schreibt das neue Gesetz unter anderem auch vor, dass eine überwachte Person in jedem Fall im Anschluss an eine Observation informiert werden muss. Es geht also keineswegs darum, Leute im Schlafzimmer auszuspionieren – das ist pure Polemik. Es geht aber darum, das Vertrauen in unsere Sozialversicherungen in dem Sinne zu stärken, dass eben kein Missbrauch betrieben werden kann und nur die Menschen Unterstützung kriegen, die sie auch wirklich benötigen. Deshalb sage ich mit Überzeugung Ja zur Änderung des Sozialversicherungsrechtes!

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