Schock in Zürich-Oerlikon: Ein Expat aus den USA schmeisst ein kleines Stück Karton in den Müll an einer Tramhaltestelle – und landet auf dem Radar der Polizei.
Müll
Der US-Amerikaner Will C. hat eine Anzeige erhalten, weil er eine kleine Kartonschachtel zur falschen Zeit in diesem Mülleimer in Zürich deponierte. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein US-Amerikaner, der in Zürich lebt, entsorgt ein Stück Karton im öffentlichen Abfall.
  • Kurze Zeit später erhält er einen Brief von der Polizei. Der Titel: «Übertretungsanzeige».
  • Die Polizei wirft ihm vor, Abfall zur falschen Zeit entsorgt zu haben.
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Will C. (32) staunt nicht schlecht, als er plötzlich einen Brief von der Stadtpolizei Zürich in der Hand hält. Der US-Amerikaner, der für die Arbeit seit einigen Monaten in Zürich-Oerlikon lebt, versteht nur wenig Deutsch. Trotzdem ist für ihn klar: Worte wie «Polizei» und «Anzeige» können nichts Gutes bedeuten.

«Ich hatte keine Ahnung, was ich falsch gemacht haben könnte», sagt er gegenüber Nau.ch. «Es war einfach nur ein Schock.» Auch als er nach einiger Übersetzungsarbeit schliesslich herausfindet, was ihm vorgeworfen wird, ist er immer noch verwirrt.

Im Brief der Stadtpolizei, der Nau.ch vorliegt, heisst es in dicken Lettern «Übertretungsanzeige». Es sei bei einer Kontrolle Folgendes festgestellt worden: «Nichtbeachten des Zeitpunktes der Bereitstellung von Wertstoffen.»

Abholtag verpasst

Was ist passiert? «Mein Verbrechen war offenbar, dass ich ein Stück Karton in den Abfall bei meiner Tramhaltestelle geworfen habe.» Im Brief steht, das gefundene Objekt sei eine Kartonschachtel von Digitec Galaxus.

«Ich hatte mir eine neue Handyhülle bestellt und das Paket am Morgen vor der Arbeit aus dem Briefkasten genommen. Ich habe die Hülle unterwegs ausgepackt und die Schachtel – kaum grösser als die Hülle – bei der Tramhaltestelle entsorgt.» Und das offenbar zur falschen Zeit.

Müll
So wird der Zürcher Expat Will C. von der Müll-Polizei verwarnt.
Will
Für ihn ein Schock: «Ich hatte keine Ahnung, was ich falsch gemacht haben könnte», erinnert er sich.
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Er selbst hatte seine Kartonschachtel im Mülleimer deponiert – aber direkt neben der Tramhaltestelle liegt Karton einfach auf der Strasse.

Christoph Mahlstein von der Stelle für Entsorgung und Recycling der Stadt Zürich erklärt bei Nau.ch: «Die Person hat sich nicht an den vorgeschriebenen Zeitpunkt der Bereitstellung des Wertstoffs gehalten.»

Heisst: Eigentlich darf man Karton nur bis spätestens um 7 Uhr morgens an einem definierten Abholtag entsorgen. Diese Frist hat der US-Amerikaner verpasst.

«Mit dieser Vorgabe wollen wir verhindern, dass Karton zu einem beliebigen Zeitpunkt an die Strasse gestellt wird», sagt Mahlstein. «Insbesondere auch, weil die Kartonmengen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben.»

Zürich sucht im Abfall Beweise gegen Güsel-Sünder

Wühlt die Stapo also im Abfall herum, um Güsel-Sünder zu überführen? Nicht ganz – Mitarbeitende vom Entsorgungs- und Recyclingamt der Stadt dürften C. verraten haben. Sie sind nämlich «für den Kontrolldienst verantwortlich», wie Mahlstein sagt.

Will C. schüttelt den Kopf. Er habe schon von vielen Schweizer Kollegen von sogenannten «Bunzlis», wie er es nennt, gehört. «Aber dass jemand im Müll wühlt und nach Adressen sucht, das hätte ich nicht erwartet.»

Sollten die Behörden den Abfall durchsuchen, um Abfallsünder zu überführen?

Auch viele Schweizer seien überrascht gewesen, als er ihnen davon erzählt hat. «Einige sagten aber schon, ich hätte das Etikett mit meiner Adresse abreissen sollen.» Dadurch hat ihn die Polizei nämlich überführt, wie unter «aufgefundene Beweismittel» im Brief steht.

Was C. auch ärgert: «Ich habe mein Päckli in den Abfall geworfen, und das ist offenbar ein Problem. Aber direkt neben der Tramhaltestelle liegen Müll und Karton einfach auf der Strasse.» Davon hat er sogar ein Foto gemacht.

320-Stutz-Busse droht

Der Amerikaner macht sich nun Sorgen, dass er eine saftige Busse bezahlen muss. «Es hiess, ich hätte die Gelegenheit, mich schriftlich gegen die Vorwürfe zu wehren. Das habe ich gemacht – doch seither habe ich nichts gehört.»

Jetzt müsse ein Richter entscheiden, heisst es bei der Stapo. «Entweder muss der Mann vor Gericht erscheinen oder erhält einen Brief mit dem Bescheid.»

Entscheidet der Richter gegen Will C., muss er 320 Franken blechen, wie die Stadtpolizei vorrechnet: 120 Franken Busse, 150 Franken Schreibgebühren und 50 Franken Umtriebsentschädigung.

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