«Wie Spielplatz»: Kids stören Museums-Ausstellung über Verdingkinder

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Bei einer Ausstellung zu einem der düstersten Kapitel der Schweizer Geschichte sind herumrennende Kinder ein Störfaktor. Das Museum reagiert auf die Kritik.

Vom Glück vergessen
Die Ausstellung «Vom Glück vergessen» stellt fünf Betroffene und ihre Schicksale ins Zentrum, die exemplarisch für Hunderttausende andere stehen. - Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Stefan Wermuth

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Historische Museum in Bern zeigt eine Ausstellung über Zwangsmassnahmen.
  • Ein Besucher stört sich ab Kindern in der Ausstellung.
  • Das Museum sagt: «Das entspricht nicht unserem Anspruch.»

Es ist eines der düstersten Kapitel der jüngeren Schweizer Vergangenheit: Bis in die 1970er-Jahre hinein waren in der Schweiz Hunderttausende Kinder, Jugendliche und Erwachsene von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffen.

Kinder aus armen Familien wurden fremdplatziert. Tausende wurden verdingt und wurden auf Bauernhöfen als Leibeigene missbraucht. Ledige Frauen, die Sex hatten, wurden entmündigt und in eine Anstalt gebracht. Familien von Fahrenden wurden auseinandergerissen.

Die Schweiz hat das Unrecht anerkannt, die Aufarbeitung läuft weiter. Das Historische Museum in Bern widmet sich in einer aktuellen Ausstellung mit dem aufwühlenden Thema. Sie soll die gesellschaftliche Auseinandersetzung fördern.

Begehbare Raumbilder lassen die Besuchenden in die Situationen versetzen. Ergänzt werden sie durch Hörspiele mit persönlichen Geschichten von Betroffenen sowie durch Archivmaterial.

Wären da nur keine herumrennenden und kreischenden Kinder ...

Nau.ch-Leser Oliver Egger* besuchte die Ausstellung kürzlich an einem Samstag, konnte sich aber nur schwer darauf konzentrieren.

«Wegen des schlechten Wetters suchten wohl besonders viele Familien mit Kindern das Trockene. Doch die Kinder führten sich im Museum so auf, als wäre die Ausstellung ein Spielplatz», ärgert er sich.

Leser fordert Altersgrenze für Ausstellung

Die Eltern hätten ihre Kinder einfach schreien und herumrennen lassen. «Das geht doch nicht. Schon gar nicht bei diesem Thema!», sagt Egger.

Er findet: Bei dieser Ausstellung hätten Kinder nichts verloren. «Sie ist nicht für Kinder geeignet – hier bräuchte es eine Altersgrenze.»

Davon sieht man beim Bernischen Historischen Museum aber ab.

Bernisches Historisches Museum
Das Bernische Historische Museum. - Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto Alexander Gempeler, Bern

Sprecherin Nicole Wandfluh sagt auf Anfrage von Nau.ch. «Unser Haus versteht sich als offener Ort für Menschen jeden Alters.»

Man lege grossen Wert darauf, dass sich alle Besuchenden willkommen und wohlfühlen. «Unabhängig davon, ob sie allein, in Gruppen oder mit Kindern unterwegs sind.»

Sie betont: «In der Regel gelingt dieses Miteinander auch sehr.»

«Entspricht nicht unserem Anspruch»

Fühlen sich Besuchende gestört, stünden die Mitarbeitenden jederzeit zur Verfügung. Sie seien darauf geschult, auf solche Situationen einzugehen. «Und im Sinne eines angenehmen Museumserlebnisses für alle Gäste zu handeln und situationsgerecht zu vermitteln», so Wandfluh.

Gehst du gerne ins Museum?

Zum vom Nau.ch-Leser Oliver Egger geschilderten Vorfall sagt sie: «Umso bedauerlicher ist es, dass in dem beschriebenen Moment offenbar keine entsprechende Reaktion erfolgte. Das entspricht nicht unserem Anspruch, und wir nehmen solche Rückmeldungen ernst.»

Für den genannten Tag sei aber keine Beschwerde von Besuchenden eingegangen.

Museum bietet Besucher Gratis-Eintritte an

Das Historische Museum bietet Egger zwei Eintritte an, um die Ausstellung noch einmal kostenlos mit einer Begleitperson zu besuchen. Dieser zeigt sich über das Angebot erfreut: «Das ist sehr zuvorkommend.»

Das Angebot lehnt er aber dankend ab, da er dank seiner Bankkarte das Museum ohnehin gratis besuchen kann. Bleibt zu hoffen, dass es bei seinem nächsten Besuch ruhiger zu- und hergeht.

* Name von der Redaktion geändert

Kommentare

User #1565 (nicht angemeldet)

War heute nachmittag im mc und hab gesehen wie ein 6 jähriger am handy der mutter war und sich terroristen nachrichten angeschaut hat. Der hab ich kurzrum die leviten gelesen. Ich wäre für unter 10 jährigen ein allgemeines handyverbot. Die mutter sollte sich schämen und zu einer saftigen busse verdonnert werden.

User #4408 (nicht angemeldet)

Die Linken Erziehungsideale haben auf ganzer Linie versagt.

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