Ein wegen fahrlässiger Körperverletzung rechtskräftig verurteilter Aargauer Polizeioffizier bleibt im Dienst der Kantonspolizei. Der 63-Jährige war vom Aargauer Obergericht zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte 2009 einen Einsatz der Sondereinheit «Argus» befohlen.
Kantonspolizei Aargau
Ein Fahrzeug der Kantonspolizei Aargau. - Keystone
Ad

In einer ausserordentlichen Lage sei die Einsatzleitung immer eine Gratwanderung, sagte der Aargauer Polizeikommandant Michael Leupold am Montag im Regionaljournal Aargau/Solothurn von Radio SRF. Diese Aufgabe müsse man unter Zeitdruck und mentalem Druck meistern.

Im Nachhinein sei man häufig klüger und erkenne Fehler, die im laufenden Einsatz aber alles andere als klar seien. Das könne dann wie in diesem Fall auch strafrechtliche Konsequenzen zeitigen, sagte Leupold. Nulltoleranz herrsche jedoch bei persönlicher Bereicherung oder Betrug.

Das Verfahren führte polizeiintern zu Anpassungen bei der Einsatzdoktrin. In ähnlichen Fällen ist von Beginn an als Standard ein Verhandlungsteam vor Ort. Damit soll die Stürmung einer Wohnung eher verhindert werden können.

Der Polizeioffizier war vom Obergericht im Mai auf Geheiss des Bundesgerichts auch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilt worden.

Das Obergericht verurteilte den Polizeioffizier zu einer bedingten Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 180 Franken. Die Probezeit beträgt zwei Jahre.

Der Mann ist gemäss Urteil auch des Amtsmissbrauchs, des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung schuldig. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Der Offizier hatte am Abend des 25. Mai 2009 eine Wohnung in Wohlen AG durch die Sondereinheit «Argus» stürmen lassen. In der Wohnung befand sich ein betrunkener, randalierender Mann. Seine Frau war mit dem Kind zu den Nachbarn geflüchtet. Von dort aus hatte sie die Polizei alarmiert.

Der Serbe in der Wohnung drohte damit, sich mit dem Messer umzubringen oder vom Balkon zu springen, sollte die Polizei die Wohnung betreten. Trotzdem liess der Polizeioffizier die Wohnung nach nur 90 Minuten stürmen.

Dabei gab ein Polizist der Sondereinheit zwei Schüsse auf den betrunkenen Mann ab, der mit einem Messer herumfuchtelte. Die Kugeln trafen den Mann im Unterleib - und er musste ins Spital. Er verstarb im April 2015. Das Ableben steht laut Anklageschrift jedoch in keinem Zusammenhang mit den Schussverletzungen.

Das Obergericht führt in seinem zweiten Urteil aus, es wirke sich zu Lasten des Offiziers aus, dass dieser Vorschläge zu geeigneten Alternativen zu einer raschen Wohnungsstürmung, nämlich Abwarten bei Sicherung der Situation, zu rasch beiseite gewischt habe.

Andererseits sei der Mann aufgrund der hektischen Situation - tobender Randalierer und Gaffer - stark unter Druck gestanden. Er habe sich hauptsächlich aus Überforderung mit dieser Situation zur Straftat hinreissen lassen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SRFFranken