«Geile Titten, aber…» - St. Gallen: Gastregisseur nach Vorwürfen weg
Der Genfer Guy Montavon sollte am Theater St. Gallen ab Mai den «Wilhelm Tell» inszenieren. Wegen schwerer Vorwürfe gegen ihn trat er nun zurück.

Das Wichtigste in Kürze
- Regisseur Guy Montavon wird nicht den «Wilhelm Tell» am Theater St. Gallen inszenieren.
- Gegen den gebürtigen Genfer werden am Theater Erfurt (D) Missbrauchsvorwürfe erhoben.
- Um das Theater St. Gallen zu schützen, trat er von seiner Regiearbeit zurück.
Ab Mai sollte der renommierte Regisseur Guy Montavon am Theater St. Gallen den «Wilhelm Tell» inszenieren. Doch nur wenige Monate vor der Premiere hat der gebürtige Genfer einen Rückzieher gemacht.
Der Grund: Am Theater Erfurt (D), wo er als Generalintendant tätig war, werden schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben.
Es soll zu sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch gekommen sein, berichtet das «St. Galler Tagblatt». Auf einer Probe soll der Zeitung zufolge der Satz «Geiler Arsch, geile Titten, aber singen kannst du nicht» gefallen sein.
Aufgrund dieser Vorwürfe wurde Montavon Ende Januar vom Erfurter Stadtrat abberufen und musste die Verantwortung für Budget und Finanzen abgeben.
Rücktritt, «um den Ruf des Hauses unberührt zu lassen»
Die Untersuchungen in Erfurt stehen erst am Anfang – doch haben sie bereits jetzt Auswirkungen, die weiterreichen. In einer Mitteilung des Theaters St. Gallen heisst es, Montavon habe beschlossen, «von seiner Regiearbeit in St. Gallen abzusehen, um den Ruf des Hauses unberührt zu lassen».

An dem Theater sollte der 63-Jährige als Gastregisseur tätig sein. Die Premiere von Rossinis Oper über den Schweizer Nationalhelden «Wilhelm Tell» ist für den 5. Mai geplant. Wer diese inszenieren wird, bleibt damit nun ungewiss.
Gleichstellungsbeauftragte macht Vorwürfe öffentlich – und wird gefeuert
Die Vorwürfe gegen Guy Montavon waren in Erfurt bereits im Oktober 2023 aufgekommen. Die seinerzeitige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt, Mary-Ellen Witzmann, hatte die Sache ins Rollen gebracht. Sie hatte von einem Übergriff bei den Erfurter Domstufen-Festspielen erfahren und begann zu recherchieren. Dabei stiess sie auf sechs Personen, die mutmasslich Übergriffe von Theatermitarbeitenden erlebt hatten.
Als Witzmann aber die Vorfälle öffentlich machte, kündigte ihr die Stadt Erfurt fristlos. Die Gleichstellungsbeauftragte habe gegen Dienstvorschriften verstossen und Interna öffentlich gemacht. Die Stadt wollte die Vorgänge seinerzeit laut «MDR» nicht an die Öffentlichkeit tragen. Witzmann klagt aktuell vor dem Arbeitsgericht gegen die Entlassung.
Guthaben erkennt keine strafrechtlich relevanten Übergriffe
Unterdessen hat der Erfurter Stadtrat aber auch eine Berliner Anwaltskanzlei mit einem Gutachten beauftragt. Die Ergebnisse liegen vor, bleiben aber in grossen Teilen vorerst vertraulich. Festgestellt wurden Rechts- und Regelverstösse am Theater Erfurt, aber keine strafrechtlich relevanten Übergriffe, schreibt das «Tagblatt».

Was das für die Zukunft von Guy Montavon am Theater Erfurt bedeutet, ist noch unklar. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein wünscht sich einen kompletten Neuanfang. Der Bericht übe starke Kritik an einer veralteten Führungskultur und stelle Machtmissbrauch fest. Bausewein will eine Anwaltskanzlei mit weiteren Untersuchungen und einem Aufhebungsvertrag für Montavon beauftragen.