Erwin Sperisen soll ein viertes Mal vor Gericht erscheinen. Die Richterin soll jedoch laut seinen Anwälten befangen sein.
Erwin Sperisen wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Erwin Sperisen wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. - Keystone

Erwin Sperisen soll in Genf ein viertes Mal vor Gericht gestellt werden. Die Anwälte des ehemaligen Chefs der Nationalpolizei von Guatemala wollen allerdings die Richterin, die den Fall übernommen hat, nicht akzeptieren.

Laut den Anwälten hat die Richterin Gaëlle Van Hove, die in diesem vierten Prozess den Vorsitz führen soll, eine zu grosse Nähe zum ersten Staatsanwalt Yves Bertossa.

Dieser hat den Fall untersucht und wird die Anklage vertreten.

Die Anwälte warfen Richterin Van Hove am Montag im Vorfeld des Prozesses zudem vor, Mitglied der Grünen Partei zu sein. Diese Partei habe 2007 im Nationalrat eine Interpellation mit dem Titel «Menschenrechtsverletzungen in Guatemala durch einen Schweizer Doppelbürger» eingereicht, die sich gegen Sperisen gerichtet habe.

Verurteilung aufgehoben

Sperisens Anwälte möchten erreichen, dass ihr Gesuch um Ablehnung der Richterin Van Hove von ausserordentlichen Ersatzrichtern behandelt wird. Diese sollen vom Genfer Grossen Rat ernannt werden, «in Anwendung des Genfer Gerichtsorganisationsgesetzes».

Im vergangenen Oktober war Sperisen aus dem Gefängnis in Witzwil BE entlassen worden, wo er eine 15-jährige Haftstrafe wegen Beihilfe zum Mord verbüsste. Das Bundesgericht hob seine Verurteilung nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Juni 2023 auf.

Der EGMR war der Ansicht, dass die Präsidentin des Genfer Gerichtshofs vor dem Prozess im April 2018, der zur Verurteilung von Sperisen geführt hatte, den Anschein der Befangenheit erweckt hatte.

Genfer Bevölkerung soll die Augen geöffnet werden

«Ich hoffe, dass alles, was mir passiert ist, der Genfer Bevölkerung die Augen öffnet», sagte Sperisen am Montag vor den Medien. Seiner Ansicht nach könnten die Probleme, die er mit der Genfer Justiz hatte, auch andere Menschen betreffen. Er beklagte, dass die Unschuldsvermutung in seinem Fall nicht respektiert worden sei.

Der ehemalige Polizeichef von Guatemala wird von der Genfer Staatsanwaltschaft beschuldigt, 2006 bei der Erstürmung eines Gefängnisses in Guatemala an der Ermordung von sieben Häftlingen beteiligt gewesen zu sein.

Der 53-jährige Sperisen muss sich nun wegen der Vorwürfe bereits ein viertes Mal vor Gericht verantworten. In den ersten beiden Prozessen war er wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Bei seiner dritten Verhandlung vor einem Genfer Gericht wurde ihm lediglich Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Erwin Sperisen hat bereits mehr als elf Jahre im Gefängnis verbracht.

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