Lohn-Transparenz liegt im Trend – doch weiss man, wie viel der Freund oder die Nachbarin verdient, kann das Neid auslösen. Sollte man wirklich darüber sprechen?
Geldbörse
Lohn-Transparenz ist wichtig – da sind sich die Experten einig. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Lohn-Transparenz liegt im Trend – Tiktoks dazu haben Hunderttausende Aufrufe.
  • Die Löhne sind teils enorm unterschiedlich. Das kann auch Neid auslösen.
  • Experten sind sich einig: Man sollte trotzdem offen darüber reden.
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Eine Basler Oberärztin (39) veröffentlicht online ihren Lohn – rund 10'000 Franken. Ein Küchenchef (38) aus dem Kanton Bern tut es ihr gleich. Bei ihm beläuft sich das Monatsgehalt auf 8750 Franken. Doch nicht alle können so protzen: Ein weiterer User verdient weniger als die Hälfte.

Über das eigene Gehalt zu reden, liegt im Trend: Videos von Lohnabrechnungen werden auf Tiktok hunderttausendfach geklickt. Das Video mit dem Lohn eines Aldi-Filialleiters hat gar 1,2 Millionen Aufrufe.

Hunderte Schweizerinnen und Schweizer brechen mit der Geheimnistuerei – und zeigen ihre höchst unterschiedlichen Einkommen.

Tiktok Löhne
Auf einem Tiktok-Account veröffentlichen Schweizerinnen und Schweizer ihre Löhne – diese unterscheiden sich gewaltig.
Urs Mäder
Diese Ungleichheit kann berechtigterweise zu Neid führen, so der emeritierte Soziologie-Professor Ueli Mäder.
Schweigen
Sollten wir also lieber über unsere Löhne schweigen? – Nein, findet der HR-Experte Jörg Buckmann. (Symboldbild)
Lohnabrechnung
Denn: Lohntransparenz schaffe Klarheit und verhindere Ungleichheit – im Arbeitsumfeld sei sie wichtig.

Bei diesen Differenzen stellt sich die Frage: Was macht es mit uns, wenn wir wissen, dass der Nachbar oder die beste Kollegin den doppelten Lohn verdient? Sollten man überhaupt darüber reden – oder kann das gar Freundschaften zerstören?

Experte: «Fantasien steigern sich gerne» – Offenheit ist besser

Der pensionierte Soziologie-Professor Ueli Mäder findet Transparenz gut. Gegenüber Nau.ch erklärt er: «Zu wissen, was andere verdienen, vermittelt oft Klarheit.» Auch wenn das wütend machen könne.

Denn man grüble sowieso über die Löhne der anderen. Und: «Fantasien steigern sich gerne, weil sie weniger fassbar sind», so der 72-jährige. Offenheit vereinfache das Ganze.

Reden Sie mit Freunden über Ihren Lohn?

«Neid ist verständlich – und berechtigt.» Kontraproduktiv in Freundschaften findet er das aber nicht. Denn für Mäder steht fest: Neid «zermürbt mehr», wenn man ihn verstecke. Geht man jedoch locker damit um, könne er einer Freundschaft gar zugute kommen.

Im Arbeitsumfeld «darf Lohn kein Tabu sein»

Auch die Gewerkschaft Unia findet, man sollte offen über Lohn sprechen: Besonders im Arbeitsumfeld «darf der Lohn kein Tabu sein», so Sprecher Hans Hartmann gegenüber Nau.ch. So könne man zu mehr Lohngerechtigkeit beitragen und Diskriminierung erschweren.

Der Aargauer HR-Experte Jörg Buckmann unterstreicht dies: «Wer ein nachvollziehbares Lohnsystem hat, braucht die Löhne nicht zu verstecken.» So könnten Mitarbeitende einsehen, wieso es unterschiedliche Löhne gibt – und Verständnis entwickeln.

Doch sollten Unternehmen ihre Lohnsysteme immer kommunizieren? Ja, findet Buckmann: «Die Zeiten der Geheimnistuerei sind vorbei.» Im privaten Umfeld hingegen sehe das anders aus. Die Entscheidung, mit wem man über sein Einkommen rede, sei allen selbst überlassen.

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