Snus: So einfach kommen Kinder an das hochdosierte Nikotin heran
Nikotin-Booster im Kindermund: Der Schweizer Jugendschutz versagt kläglich, wie eine Recherche aufdeckt. Ein 15-Jähriger kann online bestellen, was er will.

Das Wichtigste in Kürze
- Hohe Nikotin-Dosierungen werden mit Snus via Zahnfleisch eingenommen.
- Solche Nikotinbeutel sind in der Schweiz für Jugendliche verboten.
- Ein Test zeigt: Ein 15-Jähriger kann trotzdem hochschädliche Produkte bestellen.
Das Zigaretten-Image ist ruiniert. Also weichen Tabakriesen längst auf alternative Produkte aus: Zum Beispiel auf Snus.
Das sind kleine Beutelchen, die unter die Lippe aufs Zahnfleisch geklemmt werden. Das Nikotin gelangt so rauchfrei in den Körper.

Der Markt explodiert: Wurden im Jahr 2012 in der Schweiz noch 26 Tonnen Snus verkauft, waren es letztes Jahr schon 455 Tonnen.
Ein Drittel der Konsumierenden ist minderjährig
Heute beinhalten die Beutelchen aber meist keinen Tabak mehr – sondern künstliches Nikotin. Und das teilweise in hoher Dosierung.
Suchtfalle Snus! Besonders brisant: Rund ein Drittel der Nikotinbeutel-Konsumierenden sind minderjährig.
Wird unsere Jugend nicht geschützt? Eigentlich ist seit Oktober 2024 in der Schweiz der Verkauf an Minderjährige verboten. Eigentlich.
Silvan (15) werden (fast) keine Grenzen gesetzt
In der SRF-Sendung «Kassensturz» führt der 15-jährige Silvan Testkäufe durch. Bei 28 Shops will er Nikotinbeutelchen bestellen – bei 21 kann er die Bestellung abschliessen.
Ja, es gibt seriöse Shops, die einen Ausweis sehen möchten. Aber der Grossteil weist nur mit einem Button darauf hin, man müsse volljährig sein.
Darauf angesprochen, wollten die meisten Online-Anbieter gegenüber dem TV-Magazin keine Stellung beziehen.
Einige behaupteten, sie würden sich an die gesetzlichen Vorgaben halten. Vier Shops zeigten sich einsichtig und möchten eine bessere Altersverifikation einführen.
Herzinfarkt, Hirnschlag und Krebs
Silvan kann sogar Nikotin-Bomben bestellen, die 150 Milligramm Nikotin pro Gramm beinhalten. Man stelle sich das vor: Ein Kind mit gleichzeitig 10 Zigaretten im Mund?
Das Traurige daran: Nikotin ist wie ein Fallstrick – man gewöhnt sich schnell an den Effekt und muss die Dosis immer mehr steigern.
Ein Süchtiger, der bereits seit seinem 14. Lebensjahr snust, warnte Junge schon 2023 bei Nau.ch: «Wenn man einmal damit anfängt, kann man nicht mehr aufhören.»
Im «Kassensturz» kommt Alexander Möller zu Wort. Er ist Pneumologe im Kinderspital Zürich und sagt: «Nikotin führt zu Bluthochdruck, langfristig zu grösserem Herzinfarkt- und Hirnschlagrisiko.»

Und weiter: Nikotinbeutelchen können zu lokalem Krebs im Mund führen – oder zum Beispiel zu Blasenkrebs. «Egal in welcher Form es eingenommen wird: Nikotin hat im Körper nichts zu suchen.»
Nur Dominikanische Republik ist noch schlimmer als die Schweiz
Gesundheitsexperten beklagen, die gesetzlichen Regelungen bezüglich neuer Nikotinprodukte seien in der Schweiz unzureichend.
So gibt es hier zum Beispiel keine Nikotin-Höchstgrenze in den Beutelchen. Oder auch die Sanktionierung, wenn an Minderjährige geliefert werde, sei schwach. Warum ist das so?
Der Einfluss der Tabakindustrie auf die Schweiz Politik ist gigantisch. Eindrücklich dargestellt wird das in einem globalen Index vom Jahr 2023. Dort belegen wir den zweitletzten Platz.

Im roten Bereich: Die Transparenz. Im tiefroten Bereich: Interessenkonflikte der Parlamentarier.
Folgen des Lobbyings, das die Tabakindustrie seit Jahren betreibt. Nur in einem Land ist das noch ausgeprägter als in der Schweiz – der Dominikanischen Republik.
Wasserfallen: «Hochgefährlich!»
SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen will gegen die Suchtfalle Snus vorgehen. Denn die Schweiz hinke den neuen Nikotinprodukten hinterher.

Sie sagt zu SRF: Ein Verbot aus gesundheitlicher Sicht wäre sinnvoll.
«Beutelchen mit dem Nikotingehalt einer Zigarettenschachtel – das sind hochgefährliche Produkte.» Erst recht für Jugendliche.