Schweizerin sieht ihr Kind nach 6,5 Jahren wieder

Antun Boskovic
Antun Boskovic

Bern,

Ende eines Dramas: Der Mann einer Schweizerin entführte die gemeinsame Tochter nach Ägypten. Erst nach sechseinhalb Jahren sieht die Mutter ihre Tochter wieder.

Mutter Kind Rundschau
Jacqueline Kummer musste sechseinhalb Jahre dafür kämpfen, ihre Tochter endlich wiederzusehen. - Screenshot «Rundschau»

Das Wichtigste in Kürze

  • Für eine Schweizerin entwickelte sich die Ehe mit einem Ägypter zur Hölle.
  • Nach der Trennung entführte dieser die gemeinsame 3,5-jährige Tochter nach Ägypten.
  • Erst nach 6,5 Jahren schaffte sie es, ihre Tochter zurück in die Schweiz zu holen.

Die Geschichte von Jacqueline Kummer ist der Alptraum jedes Elternteils. Sie beginnt während eines Badeurlaubs in Ägypten, als Jacqueline den Ägypter Sultan kennenlernt. Dieser folgt ihr kurz darauf in die Schweiz, wo sie dann heiraten.

Doch schnell zeigt sich Sultan als streng gläubiger Moslem, der sie zum Islam konvertieren will. Sie soll sich ihm fügen und nicht mehr mit Träger-Shirts oder Ausschnitten herumlaufen, wie sie der SRF-«Rundschau» sagt. Zudem will er die gemeinsame Tochter Khadija religiös erziehen.

Mutter Tochter Rundschau
Ein Bild von Khadija und ihrem Vater Sultan. - Screenshot «Rundschau»

Nach der Geburt verbietet er Jacqueline etwa das Baden in der Öffentlichkeit. Die Mutter trennt sich danach vom Vater und will vor Gericht eine sogenannte Grenzsperre für Sultan einholen, um Khadija zu schützen. Damit dürfte er die Schweiz nicht mit der Tochter verlassen. Doch der Richter winkt ab.

Vater entführt 3,5 Jahre alte Tochter

Als Khadija 3,5 Jahre alt ist, nimmt Sultan sie mit in die Ferien. Als er sie nicht zum abgemachten Zeitpunkt zurückbringt, macht sich Jacqueline Sorgen und versucht ihn telefonisch zu erreichen. Dann meldet er sich endlich, sagt ihr aber übers Telefon lachend nur: «Ich bin im Ausland, du wirst deine Tochter nie mehr sehen. Vergiss Khadija, sie gehört jetzt mir», erzählt die Mutter der «Rundschau».

Von da an beginnt der Horror für die junge Mutter. Mit allen Mitteln versucht sie gemeinsam mit ihrem eigenen Vater, die entführte Tochter zurückzuholen. Doch: «Sultan ist mit Khadija irgendwo in Ägypten untergetaucht.»

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Jacqueline Kummer zeigt 2018 dem «SRF» das immer noch für Khadija eingerichtete Zimmer. - Screenshot «Rundschau»

Die Familie Kummer sucht beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) Hilfe. Doch sie fühlen sich vom Bund im Stich gelassen: «Das EDA hat bei insgesamt rund 30 gemeinsamen Sitzungen nichts Konstruktives zustande gebracht», sagt Jacquelines Vater.

Die Kummers versuchen es deswegen mehrmals auf eigene Faust, lassen sich von angeblichen Detektiven viel Geld abknöpfen. Über 250'000 Franken sollen sie für die Suche nach Khadija ausgegeben haben.

Bundesrat Cassis schaltet sich ein

2018 erkämpft sich Jacqueline vor Ort das ägyptische Sorgerecht und will mit ägyptischen Beamten die Tochter von der Schule abholen und zur Schweizer Botschaft bringen. Doch in der Botschaft zeigt man sich zum Entsetzen der Kummers wenig kooperativ. Erst auf Druck stellen sie Khadija einen Schweizer Pass aus. Doch der Plan scheitert, weil die Tochter nicht vor Ort ist.

Mutter Tochter Rundschau
Sechseinhalb Jahre lang sah Jacqueline Kummer ihre Tochter nicht mehr. - Screenshot «Rundschau»

«Ich habe grosse Hoffnung, dass sie sich in einem gewissen Alter darum kümmert, herauszufinden, wo sie herkommt», sagt die Mutter damals dem SRF.

Dann endlich Hoffnung: Erst ein persönliches Treffen mit Bundesrat Ignazio Cassis bringt die Sache im Sommer 2018 ins Rollen. Dieser setzt Top-Diplomaten auf den Fall an, die unter Hochdruck die Fahndung nach Khadija koordinieren.

Ende 2018 reisen die Kummers erneut hoffnungsvoll nach Kairo und warten vor Ort wochenlang, dass sich etwas tut. Doch erneut muss Jacqueline in die Schweiz zurückreisen, ohne ihre Tochter gesehen zu haben.

«Jetzt liegt sie einfach neben mir, obwohl ich nicht daran geglaubt habe»

Kurz darauf klappt es dann doch: «Nach sechseinhalb Jahren ist die Tochter endlich wieder bei der Mutter. Am Wochenende hat man das Kind dem Vater weggenommen», sagt der Vater der «Rundschau» via Telefon. Doch damit ist die Sache noch nicht erledigt, denn Jacqueline muss auf eine Ausreiseerlaubnis warten. Nach einem Treffen von Cassis und Ueli Maurer mit dem ägyptischen Premier im Januar 2019 erhält sie diesen endlich.

Mutter Tochter Rundschau
Mutter und Tochter im August 2020 in der Schweiz. Mittlerweile spricht Khadija wieder Schweizerdeutsch. - Screenshot «Rundschau»

Nach sechseinhalb qualvollen Jahren lebt Khadija endlich wieder mit ihrer Mutter in der Schweiz: «Erst als ich ihr beim Schlafen zusehen konnte, habe ich festgestellt, was ich für einen Horror durchgemacht habe. Dass ich meine Tochter nicht aufwachsen gesehen habe. Ich wusste nicht einmal, ob sie gesund ist. Jetzt liegt sie einfach neben mir, obwohl ich nicht daran geglaubt habe.»

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