Schweizer Bevölkerung wächst so schnell wie nie zuvor
Um fast 150'000 Personen wird die Schweizer Bevölkerung dieses Jahr wachsen. Flüchtlinge machen die Minderheit aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Bevölkerung dürfte dieses Jahr um fast 150'000 Personen wachsen.
- Der Arbeitsmarkt und die Nettozuwanderung treiben dieses Wachstum an.
Die Schweiz steht vor einer bisher nie dagewesenen Wachstumswelle. Dieses Jahr wird die ständige Wohnbevölkerung voraussichtlich um 148'000 Personen ansteigen. Zumindest prognostiziert dies das Immobilien-Beratungsunternehmen Wüest Partner, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Jörg Schläpfer, Leiter Makroökonomie bei Wüest Partner, betont: «Ein unbestreitbarer Rekordwert ist erreicht.»
Der Vergleich verdeutlicht die Bedeutung: Dieses Wachstum entspricht der Einwohnerzahl von Bern. Allerdings benötigte die Bundeshauptstadt 800 Jahre, um auf diese Anzahl anzuwachsen.
Antrieb durch Arbeitsmarkt
Zuwachsraten wie diese sind offenbar zur neuen Normalität geworden. Im vergangenen Jahr wuchs die Bevölkerung bereits um 74'000 Personen. Ende des letzten Jahres lag die Einwohnerzahl bei 8,8 Millionen, ohne Flüchtlinge und Asylsuchende. Die Marke von 10 Millionen Einwohnern rückt somit schneller näher als vorhergesagt.
Der Arbeitsmarkt und die Nettozuwanderung von Arbeitskräften sind die Hauptantriebskräfte für dieses Wachstum. «Der Beschäftigungssektor verzeichnet derzeit ein Wachstum von zwei Prozent», so Jörg Schläpfer. Laut Wüest Partner wird die Nettozuwanderung von Arbeitskräften 91'000 erreichen. Die mangelnden Stellenangebote und der Fachkräftemangel spielen eine entscheidende Rolle.
Flüchtlinge: Einfluss auf Wachstum
2023 markiert einen Wendepunkt für ukrainische Flüchtlinge. Nach 12 Monaten Aufenthalt in der Schweiz gelten sie als Teil der ständigen Wohnbevölkerung. Wüest Partner erwartet, dass rund 48'000 Ukrainer in die Prognose für dieses Jahr einfliessen, und somit zur Wohnbevölkerung zählen.
Herausforderungen für den Wohnungsmarkt
Das starke Wachstum wirft Herausforderungen für den Wohnungsmarkt auf. Etwa 90'000 bis 100'000 zusätzliche Wohnungen müssten erstellt werden, um Nachfrage und Angebot in Balance zu halten.
Jedoch sind Investitionen und Wohnungsbau rückläufig. Steigende Zinsen bremsen den Immobilienboom. Die Problematik wird durch falsche Prognosen verschärft, die zu geringes Wachstum vorhersehen.
Städte im Wandel
Grosse Bevölkerungszuwächse führen derweil zu Veränderungen in Städten und Agglomerationen. Die Frage bleibt, ob futuristische Skyline-Bilder wie in Dubai die vertraute Landschaft überlagern werden. Das Wohnangebot, die Infrastruktur und der Verkehr sind bereits überlastet.
Regionales Wachstum
Die Prognosen zeigen, dass sich das Wachstum nicht nur auf Städte beschränkt. Ländliche Regionen wie im Kanton Freiburg erleben Anziehungskraft durch Gemeinschaften, Natur und Erholungsmöglichkeiten. Die gute Anbindung zum Genfersee bietet Jobmöglichkeiten.
Herausforderungen für Gemeinden
Kleine Gemeinden müssen ihre Infrastruktur und Schulen bei diesem Tempo erweitern können. Während in städtischen Gebieten verdichtet und neu gebaut wird, entsteht ein Spannungsfeld zwischen Neuankömmlingen und der Erhaltung vertrauter Heimat. Die gesellschaftliche Debatte steht bevor.