Santésuisse zahlt nicht – 10'000 droht Therapieabbruch
Das Wichtigste in Kürze
- 10'000 Menschen könnten im kommenden Jahr ihren Therapieplatz verlieren.
- Krankenkassen von Santésuisse zahlen Sitzungen bei Therapeuten in Ausbildung nicht mehr.
- Für Patienten und Therapeuten ist dieser Entscheid gleichermassen verheerend.
Eigentlich sollte der Mangel an Therapieplätzen durch die Umstellung vom Delegationsmodell zum Anordnungsmodell entschärft werden. Krankenkassen übernahmen die Kosten für Psychotherapie zuvor nur, wenn Therapeuten von einer Ärztin oder einem Arzt angestellt waren.
Das ändert sich ab Januar: Durch einen Arzt angeordnet, gehört Psychotherapie zur Grundversicherung. Das ist eigentlich ein grosser Erfolg, doch der Verband Santésuisse dämpft die Begeisterung jetzt: Die Kosten von Patientinnen und Patienten werden nicht mehr übernommen, wenn sich ihr Psychotherapeut noch in der Ausbildung befindet.
Santésuisse: Gesetzliche Grundlage fehlt
Seinen Entscheid begründet der Verband mit der fehlenden gesetzlichen Grundlage, um die Therapieleistungen von Personen in Weiterbildung zu vergüten.
Bisher sei der delegierende Arzt der Leistungserbringer gewesen, der die Therapien der Auszubildenden mit den Kassen habe abrechnen können. Der Vorschlag von Santésuisse: das Delegationsmodell um ein Jahr zu verlängern. Dieser Vorschlag scheiterte unter anderem am Widerstand der Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP).
Rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ist bei Kassen von Santésuisse versichert. Die Verweigerung der Grundversicherer, Therapiestunden bei anerkannten Psychologinnen und Psychologen in Ausbildung zu bezahlen, hat Folgen: Rund 1500 Therapieplätze und 10'000 Patientinnen und Patienten seien betroffen. Das sagt Cathy Maret, Sprecherin der FSP, gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Haben Sie auch schon mal eine Therapie in Anspruch genommen?
Auch Kliniken bekommen diesen Entscheid zu spüren. Dorit Djelid vom Spitalverband H+ sagt der Zeitung: «Ohne die Vergütung durch die Krankenkassen wird die Versorgung der betroffenen Patienten innert Kürze nicht mehr möglich sein.»
Alexander Moser ist ein längst pensionierten Psychiater. Im Bericht erklärt er: Therapieabbrüche können von «depressiven Reaktionen, psychotischen Zusammenbrüchen bis zu Suiziden» reichen, «insbesondere bei Jugendlichen».
Der Zürcher warnt: Es sei unmöglich, dass in der derzeit angespannten Versorgungslage für Psychotherapien Tausende von Patientinnen und Patienten einen neuen Therapieplatz fänden.
Für Kundinnen und Kunden der Helsana, KPT und Sanitas sieht die Situation jedoch anders aus: Sie haben mit den Verbänden der psychologischen Psychotherapie und dem Spitalverband H+ einen Tarifvertrag abgeschlossen. Dieser schliesst Therapie durch Personen in Weiterbildung ein.
Obwohl die CSS die Rechtslage auch für unklar hält, macht auch diese Krankenkasse eine Ausnahme. Die CSS werde Therapieleistungen von Personen in Weiterbildung unter Vorbehalt weiter übernehmen, wurde mitgeteilt.