Pendler ärgert sich: Ostschweizer Züge piepsen nach Update ständig

Drückt man in einem Ostschweizer Thurbo-Zug den «Halt auf Verlangen»-Knopf, piepst es bis zum nächsten Stopp ununterbrochen. Das sorgt für Kritik.

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In den Thurbo-Zügen piepst es ständig, sobald jemand einen Halt verlangt. - Nau.ch/Nico Leuthold

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ostschweizer Bahngesellschaft Thurbo updatet derzeit ihre älteren Züge.
  • Nach dem Update piepsen sie dauerhaft, sobald jemand Stopp drückt. Das sorgt für Ärger.
  • Eigentlich sollte das Geräusch Blinden helfen. Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Die Thurbo-Züge sind hauptsächlich in der Ostschweiz unterwegs und befahren auch Strecken mit Haltestellen, für die «Halt auf Verlangen» gilt. Wer aussteigen will, muss also vorher den Stopp-Knopf drücken.

Und genau dieser Knopf sorgt nun für Ärger.

«Sobald jemand den ‹Halt auf Verlangen›-Knopf drückt, piepst die ganze Zeit im Sekundentakt ein Ton bei der Tür. Für was? Das ist nur nervig», kritisiert ein Pendler auf der Community-Seite der SBB.

Ist es dir im ÖV zu laut?

Dass der Piepston im Thurbo anhält bis zum nächsten Stopp, hält er für «unnötig». Schliesslich ertöne ja bereits einmalig ein akustisches Signal, sobald jemand den Knopf drückt.

Der Ton erklingt immer, wenn der Türknopf gedrückt wird, nicht nur beim Halt-Verlangen, sondern auch beim Öffnen.

Züge werden geupdatet

Er ist tatsächlich neu, wie Thurbo-Sprecher Christian Baumgartner Nau.ch auf Anfrage bestätigt – zumindest in einigen Thurbo-Zügen.

Seit ein paar Jahren wird die ältere Generation der Gelenktriebewagen GTW von Thurbo nämlich nach und nach einem Update unterzogen.

Und Teil des Updates ist der Ton. «Er wurde anlässlich der BehiG-Umsetzung Pflicht», erklärt Baumgartner.

In den neueren Thurbo-Zügen, die zirka seit 2012 im Einsatz stehen, war das Geräusch von Beginn an verbaut.

Dauerpiepsen soll Blinden helfen, Tür zu finden

Zur Erinnerung: Das Behindertengleichstellungsgesetz BehiG von 2004 schreibt vor, dass ÖV-Anlagen und -Fahrzeuge behindertengerecht sein müssen. Die Betreiber hätten eigentlich 20 Jahre Zeit dafür gehabt, das umzusetzen, also bis 2024.

Thurbo ist, wie andere ÖV-Betreiber auch, also etwas im Hintertreffen.

«Der Prozess ist noch im Gange, das Update wurde noch nicht bei allen unseren Fahrzeugen durchgeführt», gibt Baumgartner zu.

Ist es übertrieben, dass das Türfindesignal im Thurbo dauerhaft piepst, sobald der Stopp-Knopf gedrückt wurde?

«Das Signal wird vom Taster an der Aussenseite der Türen ausgesendet und erleichtert den Sehbehinderten das Auffinden der Taster.»

Es würde erzeugt, sobald der Taster leuchtet – also bei aktivierter Haltanforderung oder wenn das Lokpersonal die Türe freigegeben hat.

«Halt auf Verlangen»-Geräusch tönt nur einmal

Daneben gibt es auch den «Halt auf Verlangen»-Gong, der einmal nach Drücken der Stopp-Taste ertönt. «Dieser Gong ist im Wageninneren gut zu hören und wird auch in einer höheren Lautstärke abgespielt», erklärt Baumgartner.

Wichtig zu betonen ist ihm, dass es sich nur bei diesem Gong um das «Halt auf Verlangen»-Signal handelt.

Beim Dauerpiepsen handle es sich um das Türfindesignal. Auch, wenn es von dem Moment an ertönt, an dem ein Halt verlangt wird.

Sehbehinderter: «Völlig übertrieben»

Kurz: Das Geräusch soll Blinden und Sehbehinderten helfen. Doch auch unter ihnen löst es keine Begeisterung aus.

Olivier Maridor vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband SBV erfährt erst durch die Nau.ch-Anfrage vom Geräusch.

Für ihn macht es weder als Türfindesignal Sinn, noch, dass es dauerhaft erklingt, sobald jemand einen Halt verlangt.

Blinde
Olivier Maridor findet die SBB-Türwarnsignale zu laut – und auch das Dauerpiepsen bei Thurbo geht ihm zu weit. - Screenshot SRF «Espresso»

«Das ist nicht das, was das BehiG als Türfinde-Signalisation verlangt, das geht weit darüber hinaus. Wir haben einfach verlangt, dass die Knöpfe auffindbar sind, nicht, dass sie dauernd piepsen.»

Dazu, dass es von dem Moment an ertönt, an dem jemand einen Halt verlangt, meint er: «Das ist völlig übertrieben.»

Und: «Es reicht uns aus, wenn das akustische ‹Halt auf Verlangen›-Signal einmal ertönt. Das ist ja im Bus auch so.»

Auch andere ÖV-Geräusche sorgen für Ärger

Es ist nicht die erste «Überreaktion» im ÖV, die er kritisiert. Auch die Türwarnsignale der SBB-Züge ärgern ihn – sie seien «viel zu laut».

Sie erklingen bei jedem Halt, wenn die Türen für die Öffnung freigegeben werden und wenn sie wieder schliessen.

Dabei handelt es sich neben dem Halt- und dem Türfindesignal um ein drittes Geräusch. Es ist allerdings nicht auf das BehiG zurückzuführen.

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Kaum zu überhören: Die sich schliessende Türe an neueren Wagen der SBB-Züge. - Nau.ch

«Die lauten Warnsignale der Türen stören viele. Sie wurden wegen verbindlicher EU-Normen eingeführt. Das hat nichts mit dem BehiG zu tun», betont Maridor.

Auch hier: Viele Blinde hielten selbst nicht viel davon, wie er erklärt. «Sie sind zu laut.» Zudem würden sie teilweise gar die Türfindesignale, die das BehiG verlangte, übertönen.

Ändern lässt sich daran nicht viel. Die Warntöne sind laut SBB über eine Norm und die EU-Verordnung «definiert und somit verbindlich».

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Kommentare

User #1286 (nicht angemeldet)

Habe heute noch nichts von Harry gelesen.

User #3659 (nicht angemeldet)

Die Handy-Lautsprecher und ewiges telefonieren stören mehr.

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