Im Tessin jagte eine Jugendbande Pädophile. Doch auch in anderen Kantonen locken Private mutmassliche Kinderschänder in die Falle – so etwa in Kanton Waadt.
Pädophilie
In der Schweiz gehen Private auf die Jagd nach Pädophilen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Auch im Kanton Waadt jagen Private mutmassliche Pädophile – so auch Eileen*.
  • Sie verbringt pro Woche bis zu 20 Stunden als 13-jähriges Mädchen im Netz.
  • Die Strafverfolgungsbehörden sehen solche Privatfahnder aber skeptisch.
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Vor Kurzem sorgte eine Bande Jugendlicher im Tessin für Schlagzeilen: Die Tessiner Polizei hat Anfang Oktober 18 Minderjährige im Alter zwischen 14 und 17 Jahren und einen 18-Jährigen festgenommen.

Die Jugendbande hatte über die sozialen Medien Kontakt mit mutmasslich Pädophilen aufgenommen – und diese später in eine Falle gelockt. Dort sollen sie diese verprügelt, gedemütigt und ausgeraubt haben. Die Polizei spricht von Selbstjustiz.

Doch auch in anderen Kantonen gehen Private auf Jagd nach mutmasslichen Pädophilen, wie «CH Media» berichtet. So habe etwa die Kantonspolizei Zürich Kenntnis von mehreren ähnlich gelagerten Fällen. Und auch in der Romandie seien Privatfahnder am Werk.

Kollektiv geht auf Pädophilen-Jagd

Dort gebe es einen Ableger des in Frankreich gegründeten «Team Moore». Die Mitglieder dieses Kollektivs geben sich demnach in sozialen Medien als Minderjährige aus. Das soll Pädophile anlocken, die Sexdates mit ihnen vereinbaren wollen. Doch gegen Verdächtige gehen sie nicht selber vor, sondern melden diese der Polizei.

Jagd auf Pädophile
Das Kollektiv «Teams Moore» geht im Internet auf Jagd nach Pädophilen.
Jagd auf Pädophile
Ihre Mitglieder geben sich dabei als minderjährige Mädchen im Internet aus.
Jagd auf Pädophile
Das soll Pädophile anlocken, die Sexdates mit ihnen vereinbaren wollen. (Symbolbild)
Jagd auf Pädophile
Im Kanton Waadt führte eine Mitteilung eines Mitglieds des «Teams Moore» im April zur Verhaftung eines mutmasslichen Pädophilen. (Symbolbild)
Jagd auf Pädophile
Die Polizeien sehen die Privatfahnder aber skeptisch. (Symbolbild)

Das Kollektiv setzt dabei auf interne Regeln: Sie müssen einen Strafregisterauszug vorweisen und dürfen nicht von sich aus Kontakt zu Männern aufnehmen.

Zu vereinbarten Treffen mit den mutmasslichen Pädophilen dürfen sie auch nicht gehen. In Frankreich meldet das «Team Moore» der Polizei monatlich rund 10 bis 18 Verdächtige.

Privatjagd führt zu Verhaftung

Auch Eileen* gehört zum Westschweizer Ableger des Kollektivs. Im April führte eine ihrer Mitteilungen zu einer Verhaftung im Kanton Waadt. Dort eröffnete die Staatsanwaltschaft dann ein Strafverfahren gegen einen Mann. Er hatte mehreren vermeintlich minderjährigen Mädchen – darunter Eileen – Treffen vorgeschlagen.

Zudem habe sie auch der Basler Polizei Daten eines weiteren mutmasslichen Pädophilen geschickt. Ob es auch in diesem Fall zu einem Verfahren kam, könne die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Man könne sich grundsätzlich nicht zu hängigen Strafverfahren äussern.

In einer RTS-Sendung verriet Eileen im März, dass sie wöchentlich bis zu 20 Stunden als 13-jähriges Mädchen im Netz verbringe. Mit dem Ziel, Pädophile auffliegen zu lassen. Sie selbst sei als Kind fremdplatziert und missbraucht worden.

«Diese Rolle ist der Polizei vorbehalten»

Auch Polizeien fahnden teilweise mit falschen Identitäten im Netz nach Pädophilen. Diese verdeckten Ermittlungen müssen aber von einem Zwangsmassnahmengericht abgesegnet werden. Und Verdächtige dürfen nicht aktiv zu Straftaten angestiftet werden.

Hast du vom Selbstjustiz-Fall der Jugendbande im Tessin gehört?

«Diese Rolle ist der Polizei vorbehalten», sagt Jean-Christophe Sauterel, Sprecher der Kantonspolizei Waadt, gegenüber «CH Media» zu den Privatfahndern. Es bestehe das Risiko, dass sich diese selber in Gefahr bringen und sogar straffällig werden. So etwa durch Nötigung oder das unerlaubte Verbreiten von Bildmaterial.

«Wir raten dringend vor jeder Form von ‹Selbstjustiz› ab. Wer strafrechtlich allenfalls relevante Feststellungen macht, soll diese der Polizei melden», erklärt Martin Schütz von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt. Fahndungen seien Sache der Strafverfolgungsbehörden und gesetzlich klar geregelt.

*Name geändert

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