Ein Gutachten bestätigt Verschwörungserzählungen in mehr als der Hälfte der untersuchten Krankenakten in der Psychiatrie Littenheid TG.
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Der Kanton Thurgau leitete im Fall Littenheid eine Administrativuntersuchung ein. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Thurgauer Klinik waren Verschwörungstheorien offenbar sehr präsent.
  • Über die Hälfte der untersuchten Krankenakten hatten derartige Hinweise drin.
  • Teilweise handelt es sich sogar um gravierende Fälle.

In der Psychiatrie Littenheid TG hat ein Gutachten in mehr als der Hälfte von 422 untersuchten Krankenakten der Traumastationen Hinweise auf Verschwörungserzählungen aufgezeigt. In 43 Fällen sind sie gemäss Mitteilung des Kantons Thurgau gravierend.

Das externe, unabhängige Gutachten wurde von der Privatklinik in Auftrag gegeben. Dabei wurden Patientenakten von Patientinnen und Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung (DIS) überprüft, wie der Kanton am Freitag in seiner Mitteilung schrieb.

Aufsichtsrechtliche Massnahmen angeordnet

Ende 2021 hatten Medien berichtet, dass satanistische Verschwörungstheorien bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten in der Klinik eine Rolle gespielt hätten. Bei der sogenannten Satanic Panic handelt es sich um eine unbegründete Angst, wonach mächtige Menschen im Geheimen andere Leute für Rituale missbrauchen.

Im Frühling 2022 leitete der Kanton Thurgau eine Administrativuntersuchung ein. Aufgrund der Erkenntnisse wurden schliesslich aufsichtsrechtliche Massnahmen angeordnet. Einem Arzt wurde die Berufsausübungsbewilligung entzogen, ein disziplinarischer Verweis und diverse Bussen ausgesprochen, hiess es damals in einer Mitteilung des Kantons. Auch seien Strafanzeigen eingereicht worden.

Machen Ihnen Verschwörungstheorien wie die Satanic Panic Sorgen?

Das Thurgauer Amt für Gesundheit überprüfte gemäss Mitteilung vom Freitag im Juli 2023 den Stand der Umsetzung der damals angeordneten Massnahmen.

Dabei seien Anstrengungen seitens der Klinik festgestellt worden, personelle und konzeptionelle Konsequenzen aus den Missständen zu ziehen. «Die Wirksamkeit dieser und geplanter Massnahmen kann noch nicht abschliessend beurteilt werden, da diese erst nach einer gewissen Zeit messbar sind.»

Klinik will 2024 wieder DIS-Patienten aufnehmen

Das Amt für Gesundheit begleite die von der Klinik getroffenen Kontroll- und Qualitätssicherungsmassnahmen weiterhin. Die Ergebnisse würden in einem Abschlussbericht festgehalten, der anschliessend nach einer Inspektion in der zweiten Jahreshälfte 2024 oder im Jahr 2025 publiziert werde.

Die Klinik in Littenheid schrieb am Freitag in einer Mitteilung, dass es aufgrund eines neuen Therapiekonzeptes ab Januar 2024 wieder möglich sein werde, Patientinnen und Patienten mit einer dissoziativer Identitätsstörung stationär auf den beiden Traumatherapie-Stationen aufzunehmen.

«Wir haben in den letzten Monaten grosse Anstrengungen unternommen, die Ereignisse lückenlos aufzuarbeiten und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.» Man werde alles daransetzen, den Menschen, die Hilfe suchen, die bestmögliche evidenzbasierte Therapie anzubieten.

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