Nach dem offenbar rechtsradikalen Anschlag im deutschen Hanau stellen sich die Sicherheitsbehörden auf gewaltsame Gegenreaktionen ein.
Hanau
Menschen stehen um das Brüder Grimm Denkmal, an dem Blumen und Kerzen niedergelegt worden sind. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Mittwochabend tötete ein mutmasslich rassistischer Täter zehn Menschen und sich selbst.
  • Die Behörden fürchten nun Gewalttaten als Reaktion auf die Bluttat von Hanau (D).

Es wird mit Veranstaltungen der linksextremistischen Szene gegen «Rechts» gerechnet, ebenso mit Straftaten gegen örtliche Vertreter der AfD.

Das berichtet die «Funke Mediengruppe» (Samstagsausgaben) unter Berufung auf Ermittlerkreise. Nach Einschätzung der Ermittler kann eine konkrete Gefährdung für Moscheen aus der Tat in Hanau nicht abgeleitet werden.

Tote durch Schüsse in Hanau
Christine Lambrecht (SPD), Bundesjustizministerin, und Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt im Fall von Hanau. - dpa

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte am Freitag angekündigt, die Polizeipräsenz auch vor Moscheen zu erhöhen.

Eine Gefährdungslage aus der islamischen Szene lässt sich den Erkenntnissen zufolge ebenfalls nicht ableiten. Trotzdem seien Reaktionen aus dieser Szene möglich, heisst es in der Lageeinschätzung, die laut «Funke»-Bericht am Donnerstag erstellt wurde.

Waffenbesitzer unter die Lupe nehmen

Unterdessen bringen SPD und Grüne verpflichtende psychologische Begutachtungen für Waffenbesitzer ins Gespräch. «Nach der Gewalttat von Hanau müssen wir sehr ernsthaft prüfen, ob wir das Waffenrecht wieder nachjustieren müssen», sagte SPD-Innenexperte Helge Lindh der Zeitung «Die Welt» (Samstagsausgabe).

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Eine Patrone liegt beim Tatort in Hanau (D). - keystone

«Sollte sich herausstellen, dass die Behörden die psychologische beziehungsweise persönliche Eignung von Waffenbesitzern nicht ausreichend prüfen können, müssen wir das Gesetz entsprechend reformieren.»

Denkbar wäre, die Genehmigung von Waffenbesitzkarten künftig von der Vorlage eines psychologischen Gutachtens oder Tests abhängig zu machen, sagte Lindh.

Zusätzliche Psychotests

Wenn zutreffe, dass der mutmassliche Täter mit Blick auf seine waffenrechtliche Erlaubnis erst jüngst überprüft worden sei, werfe das kein gutes Licht auf entsprechende Überprüfungen, sagte Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, der «Welt».

Es stelle sich schon die Frage, «ob das aktuelle System wirklich funktioniert und ob regelmässige obligatorische psychologische Begutachtungen nicht besser wären». Ziel müsse sein, «dass nur diejenigen eine waffenrechtliche Erlaubnis erhalten, die auch die physische, kognitive und psychologische Eignung für Besitz von Schusswaffen haben».

Hanau Attentat Täter
Teilnehmer in Berlin gedenken der in Hanau getöteten Menschen bei einer Mahnwache am Brandenburger Tor. - dpa

In der «Bild»-Zeitung vom Samstag plädierte Innenminister Seehofer unter bestimmten Voraussetzungen für zusätzliche Psychotests für Inhaber eines Waffenscheins.

Er sprach von «einem medizinischen Gutachten oder einer ärztlichen Bestätigung». Es müsse gewährleistet sein, «dass da alles in Ordnung ist und die Verwirrung oder die Krankheit einer Person nicht zur Gefahr für die Allgemeinheit werden».

Demonstration in Zürich

In Zürich fand am Freitagabend nach dem Attentat im deutschen Hanau eine Demonstration statt. Daran nahmen rund 300 Menschen jeden Alters teil.

Organisiert wurde die Kundgebung in Zürich von mehreren Rassismus- und Faschismuskritische Gruppierungen. «Tamedia»-Berichten zufolge war sie nicht offiziell bewilligt.

Das «Ajour Magazin» veröffentlichte vorgängig einen Flyer mit der Aufschrift: «Kein Fussbreit dem Rassismus und Faschismus. Wir verurteilen den faschistischen Anschlag in Hanau.» Nach eigenen Angaben handelt es sich bei der Zeitschrift um ein «Magazin für autonomen Journalismus».

Der mutmasslich rassistische Täter Tobias R. (†43) hat am Mittwoch 9 Menschen mit Migrationshintergrund umgebracht und ein rechtsradikales Manifest hinterlassen.

Noch am Donnerstagabend versammelten sich mehrere Hundert Menschen am Brandenburger Tor, um den Opfern zu gedenken. Vereinzelt waren Europaflaggen zu sehen. Auf einem Schild stand der Schriftzug: «Wir trauern um die Opfer von Hanau, Halle, Kassel, Köln, Mölln, etc. Stoppt Hass und Hetze in den asozialen Medien.»

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