Am 1. Mai kam es in Zürich zu Krawallen. Ein Kriminologe erwartet weitere Demos der linken Szene – denn die aktuellen Themen «spielen ihnen in die Hände».
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Am 1. Mai kam es in Zürich zu Krawallen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • An der 1.-Mai-Demo in Zürich war auch die linksradikale Szene vertreten.
  • Ein Experte erklärt, es seien künftig weitere Demos mit Ausschreitungen möglich.
  • Denn aktuell würden Themen, die für die Linken wichtig sind, viele Menschen bewegen.
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Am 1. Mai gingen in Zürich mehr als 10'000 Menschen auf die Strasse – darunter ein Block aus der linksradikalen Szene. Es kam zu Krawallen: Die Demonstranten zündeten Böller und bewarfen Schaufenster mit Flaschen, die mit Farbe gefüllt waren.

Die Putzarbeiten laufen am Tag nach den Krawallen. - Nau.ch / Drone-Air-Media.ch

Zurück bleibt ein chaotisches Bild, die Aufräumarbeiten an der Bahnhofstrasse waren am Dienstag in vollem Gange.

Der 1. Mai ist vorbei – das bedeutet allerdings nicht, dass es jetzt ein Jahr lang keine Ausschreitungen an Demos mehr geben wird.

Klima, Krieg und Wohnungsnot als bedeutende Themen

Kriminologe Dirk Baier erklärt gegenüber Nau.ch: Es gebe derzeit eine Reihe an Themen, «die den Linken in die Hände spielen». Dies, weil es für sie bedeutsame Themen seien. «Ich denke an die Klimaproblematik, Aggressionskriege, Ungleichheit oder in der Schweiz Wohnungsknappheit und so weiter», erklärt Baier.

Diese Themen würden viele Menschen bewegen, insbesondere auch junge Leute. Gefährlich: «Und zu diesen Themen können sich junge Menschen dann auch radikalisieren», so Baier.

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Am Montag gerieten bei der 1.-Mai-Demo in Zürich die Polizei und Linksautonome aneinander.
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Es kam zu Ausschreitungen und Sachbeschädigungen.
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Ein Experte erklärt, es sei kurzfristig möglich, dass es wieder zu Gewalt an linken Demos kommen könnte.
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Die aktuellen Themen würden den Linken «in die Hände spielen».
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Allerdings würden nur wenige Menschen einen Prozess der Radikalisierung durchlaufen.

Allein der Fakt, dass diese Themen in der Gesellschaft derzeit prominent debattiert würden, reiche aber natürlich nicht, um sie mit einer Radikalisierung in Verbindung zu bringen. «Wichtig ist immer auch, dass es Netzwerke oder Organisationen gibt, die aktiv Personen von ihrer Sache überzeugen möchten. Und diese anwerben möchten», so der Experte.

In der Schweiz gebe es vor allem in den Grossstädten linke Szenen, die dies übernehmen.

Baier will aber nicht auf Panik machen: «Wir müssen sicherlich keine Angst davor haben, dass der Linksextremismus die Schweizer Demokratie ins Wanken bringt.» Denn die Zustimmung sei «gerade in Bezug auf das gewalttätige Auftreten in der Bevölkerung sehr gering».

Weitere Demos der linken Szene auch nach 1. Mai möglich

Die aktuelle Entwicklung könnte aber dennoch Folgen haben: «Kurzfristig ist allerdings schon damit zu rechnen, dass weitere Demonstrationen von linken Szenen, die auch gewalttätig verlaufen können, stattfinden», warnt der Kriminologe.

Die Zürcher Stadtpolizei im Einsatz wegen der unbewilligten 1.-Mai-Demonstration. - Nau.ch

Doch was sind das für Leute, die sich linksextremen Gruppierungen anschliessen? Baier erklärt: «Die Wege in den Linksextremismus sind sehr unterschiedlich.»

Es komme weniger darauf an, aus welcher sozialen Schicht man stammt, sondern vielmehr auf das Denken. «Es beginnt damit, dass man sich für Themen wie Klima, soziale Gerechtigkeit und so weiter zu interessieren beginnt», sagt Baier.

Waren Sie bei einer 1.-Mai-Demo dabei?

Aufgrund der Präsenz entsprechender Gruppen in den sozialen Medien könne es schnell passieren, dass man auf «die falschen Leute» höre. Dann beginne man diese Themen als «Resultat des politischen Systems zu begreifen, welches dann überwunden werden muss».

«Man verbindet die Themen mit klaren Feindbildern und Abwertungen. Und ist dann auch eher bereit, auf Gewalt zurückzugreifen», so Baier. Er beruhigt jedoch: «Solch einen Prozess der Radikalisierung durchlaufen aber glücklicherweise nur wenige Menschen.»

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