Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona ist der Prozess gegen einen mutmasslichen liberianischen Kriegsverbrecher fortgesetzt worden.
Bellinzona Kriegsverbrechen Liberia
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat Alieu Kosiah für seine Kriegsverbrechen in Liberia schuldig gesprochen. (Symbolbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Bellinzona ging heute der Prozess gegen Alieu Kosiah weiter.
  • Kosiah wird wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen angeklagt.
  • Der Angeklagte sorgte beim vorsitzenden Richter immer wieder für Unmut.

Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona ist der Prozess gegen Alieu Kosiah wegen mutmasslich begangener Kriegsverbrechen fortgesetzt worden. Der 45-Jährige war während des ersten liberianischen Bürgerkriegs ein Kommandant der Ulimo (United Liberation Movement of Liberia for Democracy).

Der vorsitzende Richter Jean-Luc Bacher befragte Kosiah zu seiner Funktion bei der Ulimo und den Anklagepunkten. Wegen der langen und ausschweifenden Antworten Kosiahs wurde Bacher mehrmals ungeduldig.

Der Angeklagte spricht ein sogenanntes liberianisches Englisch, eine Varietät des Englischen, wie es in Liberia gesprochen wird. Übersetzt wird auf Französisch. In seinen Ausführungen kam Kosiah immer wieder allgemein auf die damaligen Geschehnisse zurück.

Kosiah bezeichnet Festnahme als Kidnapping

«Es ist einfach, uns nach 20 Jahren den Prozess zu machen», sagte er. Die Mandingos - eine Volksgruppe, der Kosiah angehört - seien in Liberia massakriert worden.

«Wir flüchteten nach Sierra Leone. Aber auch dort wurden wir massakriert. Wir hatten nur zwei Möglichkeiten: Im Meer ertrinken oder kämpfen. Damals kam uns niemand aus der Schweiz zu Hilfe.»

Liberia Bürgerkrieg
Der Bürgerkrieg in Lybien sorgte für hefitge Zerstörungen und viele Todesofper. (Archivbild) - Keystone

Seine Festnahme im Jahr 2014 bezeichnete der Angeklagte als Kidnapping. Er werde nun seit sechs Jahren festgehalten.

Die Vorwürfe der Anklage wies Kosiah alle von sich. Er bestritt die beschriebenen Sachverhalte, bezeichnete sie als Lügen oder erklärte, gar nicht vor Ort gewesen zu sein. Bei gewissen Punkten zu seiner Zeit im Landesteil Lofa zwischen 1993 und 1995 sagte er, sich nicht erinnern zu können.

Die Rekrutierung eines 12 Jahre alten Kindersoldaten im Jahr 1993 bestreitet Kosiah. Den Jungen hätten sie auf einem aufgegebenen Posten der Kriegsgegner gefunden, und er sei ihnen freiwillig gefolgt.

«Konspiration, Lügen und Manipulationen»

Auch die Vorwürfe, an Massakern und Folterungen von Zivilisten beteiligt gewesen zu sein, wies der Angeklagte von sich. Er und seine Leute hätten auch nie Zwangsmärsche für den Transport von Waren angeordnet. Er sei weder bei solchen dabei gewesen, noch habe er davon gehört. Die Ulimo habe Lastwagen verwendet.

Liberia Bürgerkrieg
Erst 2003 kehrte in Liberia wieder Frieden ein. (Archivbild) - Keystone

Befragt zu einem Messerstich gegenüber einem Zivilisten sprach Kosiah von «Konspiration, Lügen und Manipulationen». Die Aussage wiederholte er mehrmals. Auch wies er den Vorwurf von sich, das Herz eines Getöteten gegessen zu haben. Kosiah beteuerte, nie von solchen Begebenheiten gehört zu haben.

Erst in der Schweiz will Kosiah vom «Black Monday» gehört haben. Es handelt sich dabei um Massaker, die in verschiedenen Orten begangen wurden. Der Angeklagte sagte, solche Geschichten nicht zu glauben.

Tötung von insgesamt 20 Menschen

Über seine militärische Laufbahn sagte Kosiah aus, er sei 1991 zum Feldweibel ernannt worden und im Jahr 1995 zum Oberst. Er sei nur ein Glied in der Befehlskette gewesen und habe nicht zu den «Big Men» der Ulimo gehört. «Ich verbrachte den ganzen Krieg an der Front. Die »Big Men« blieben im Hintergrund und genossen die Klimaanlagen», sagte er.

Kosiah wurde im November 2014 in der Schweiz festgenommen. Die Untersuchungshaft wurde seither mehrmals verlängert. Die 42-seitige Anklageschrift wirft ihm die Tötung von 18 Zivilisten und zwei entwaffneten Soldaten vor.

Die Bundesanwaltschaft (BA) hat Kosiah auch wegen Vergewaltigung und Störung der Totenruhe angeklagt. Zudem geht die BA davon aus, dass Kosiah Waren durch Zivilisten unter unmenschlichen Bedingungen transportieren liess. Weiter soll er ein Kind als Soldaten rekrutiert haben.

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