«La Vie»: Erstes Friedhofsrestaurant der Schweiz eröffnet in Bern
Auf dem Berner Bremgartenfriedhof entsteht das schweizweit erste Restaurant seiner Art auf einem Friedhof. Ein Ort, an dem sich Leben und Tod begegnen können.

Würdevoll, erhaben und monumental: So wirkt das 1908 erbaute Krematorium auf dem Berner Bremgartenfriedhof. Das Ensemble umfasst auch die einige Jahre später angebauten Urnenhallen.
Doch Bestattungen in diesen feierlich-stillen, marmorausgeschlagenen Sälen mit ihren vielen kleinen Urnennischen werden heute kaum mehr nachgefragt, weiss Mirjam Veglio, Geschäftsführerin der bernischen Genossenschaft für Feuerbestattungen.
Viel eher möchten Leute heute die Urnen ihrer Angehörigen mit nach Hause nehmen oder draussen, an einem stimmigen Ort bestatten.
Vom Krematorium zum Begegnungsort
Weil der Krematoriumskomplex mit seinen Urnenhallen denkmalgeschützt ist, muss er erhalten bleiben. Damit drängte sich irgendwann die Frage auf, was mit den kaum mehr nachgefragten Urnenhallen geschehen soll.
Die Genossenschaft habe die Hallen nicht einfach «fürs Museum» restaurieren wollen, sondern sich überlegt, wie man für den Friedhof «einen Mehrwert schaffen und die Hallen sinnvoll nutzen könnte», sagte Veglio an einem Lokaltermin der Nachrichtagentur Keystone-SDA.
Erste Ideen für ein «Café» seien schon vor rund zwanzig Jahren aufgetaucht, doch habe es seine Zeit gebraucht, bis ein konkreteres Projekt daraus entstand.
Restaurant mit Pioniercharakter
2024 wurde der Umbau zum Restaurant schliesslich bewilligt. Widerstand aus moralischen oder ethischen Gründen gab es laut Veglio im Bewilligungsverfahren nicht. Im Zentrum standen vielmehr kleinteilige rechtliche Fragen zur Zone für öffentliche Nutzung, der das Krematoriumsgelände zugeordnet ist.
Das Berner Restaurant hat laut Veglio Pioniercharakter. In kleinerem ehrenamtlichem Rahmen gibt es etwa in Luzern bereits ein Friedhofscafé.
Unterdessen laufen in Bern die Umbauarbeiten in den beiden Urnenhallen III und IV. Für die wenigen verbliebenen Urnengräber habe man nach sorgsamer Absprache mit den Nachkommen gute Lösungen gefunden erzählt Veglio.
Eine Oase des Lebens mitten im Tod
Weil dies für manche Menschen ein Bedürfnis sei würden die Hallen auch energetisch geklärt so Veglio. Das Lokal will der Stille und Stimmung des Friedhofs Rechnung tragen Es nennt sich «La Vie», was auf Französisch «das Leben» heisst. Ein besonderer Ort der Begegnung ebenso sensibel wie inspirierend.
Stattfinden kann im «La Vie» alles, was in die spezielle Umgebung passt, also etwa leisere kulturelle Aktivitäten wie Lesungen, Trauercafés oder Ähnliches. Um weiterhin über die Ausrichtung mitbestimmen zu können, wird die Genossenschaft das Restaurant nicht verpachten, sondern eine Geschäftsleitungsperson anstellen.
Der Innenausbau, von dem erst wenig zu sehen ist, soll Elemente der Belle Epoque aufnehmen, jener Zeit also, in der das Krematorium gebaut wurde. Bordeaux und grün werden die leitenden Farben im Inneren sein.
Ein Ort für alle Menschen
«Wir wollen etwas Schönes schaffen» betont Veglio. Etwas, das der Schwere eine gewisse Leichtigkeit in der Stimmung entgegensetzt. Durch ein lichtes, verglastes Entrée werden die Gäste ins Restaurant eintreten.
Aus hohen Fenstern fällt Licht in den Raum. Ein zweiter wintergartenähnlicher Raum soll vor allem für das Totenmahl, im Kanton Bern oft als «Grebt» bezeichnet, genutzt werden.
Für viele Menschen sei es ein Bedürfnis, nach einer Trauerfeier noch zusammenzusitzen. Sei es informell bei einem Kaffee oder Glas Wein oder länger an einer klassischen «Grebt» mit Essen, weiss Veglio.