«Geisch o ga impfe?» Zurzeit laufen die Über-65-Jährigen in die Berner Impfzentren. Es herrscht eine Aufbruchstimmung unter den Senioren.
Urs Frieden
Urs Frieden vor dem Impfzentrum im Wankdorf. - Nau.ch/Noah Haller
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Bern werden zurzeit die Über-65-Jährigen geimpft.
  • Auch Nau.ch-Ausbildner Urs Frieden konnte sich diese Woche gegen das Coronavirus impfen.

Maskierte Menschen strömen in Richtung Impfzentrum Wankdorf Bern, zu Fuss oder mit dem Auto.

Vor der umfunktionierten Migros-Klubschule muss der Verkehr geregelt werden. Als 65-Jähriger und somit Angehöriger der Impfgruppe C habe ich online einen schnellen Termin erhalten.

Auf dem Parkplatz kommen mir vertraute Halb-Gesichter entgegen, die den Piks schon hinter sich haben: «Geisch o ga impfe? Es isch im Fau aues super organisiert!»

Im Gebäude helfen uns Gurten-Festival-erprobte Broncos («Grüessech mitenang, hie düre bitte») und selbsterklärende Bodenmarkierungen.

Nach dem Erledigen der Formalitäten, per Papier oder QR-Code auf dem Handy, geht’s speditiv in eine Koje. Dort setzen freundliche Menschen, die sich freiwillig gemeldet haben, die Spritze.

In meinem Fall ist es Frau Z., eine pensionierte medizinische Praxisassistentin. Ich danke ihr dafür, dass sie sich hier engagiert. Sie entgegnet lachend, dass sie Glück hatte, berücksichtigt zu werden: «Es haben sich ja so viele gemeldet.»

Stimmung wie bei GP-Startnummer-Ausgabe

Danach gehen die Geimpften, teilweise gestützt von Angehörigen, zum Ruheraum. Die Stimmung ist weiterhin gut bis aufgeräumt, auch dank den vielen freundlichen Helferinnen und Helfern, die alle paar Meter bereitstehen und über beruhigende Stimmen verfügen.

Das Ganze aber ohne Altersheim-Attitüde mit überlauten Anweisungen. Es kommt mir eher vor wie bei der Startnummern-Abgabe vor dem Grand Prix von Bern. Einfach ohne Spaghetti-Essen, dafür alle mit einem Pfizerli im Oberarm.

Spaghetti-Plausch
Lockere Stimmung und Vorfreude: Der legendäre Spaghetti-Plausch vor dem Grand Prix in Bern. - Screenshot Youtube

Diese greifbare kollektive Impfwilligkeit – ein echtes Statement von uns alten Säcken. Nichts von Mimimi.

Laut aktueller Sotomo-Umfrage sind nur sechs Prozent der Ü-65-Menschen hierzulande nicht oder eher nicht impfbereit. Und das spürt man hier im Wankdorf.

Ich denke gerade, so etwas würde ich gerne mal im TV sehen. Da kommt wie gerufen ein Kamera-Team herein, in Begleitung von Gundekar Giebel, dem Sprecher der kantonalen Gesundheitsdirektion.

Lassen Sie sich auch gegen das Coronavirus impfen?

Aha, jetzt kann der liebe Herr Giebel endlich der Nation zeigen, was seine Leute hier und an den anderen acht Standorten aufgebaut haben. Nachdem es ja immer geheissen hat, Bern habe den Impfstart verpennt.

Auf dem Nachhauseweg kommen mir vertraute Halb-Gesichter entgegen. Jetzt ich: «Geisch o ga impfe? Es isch aues super organisiert!»

Übrigens: Das Kamerateam im Impfzentrum war, wie sich später herausstellt, für den «Kassensturz» unterwegs. Es ging um die Frage, ob man aus einer Sechserdose eine siebte Spritze ziehen darf. Ja, Konsumenten-Kritik ist auch relativ wichtig.

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