Mit dem Wechsel von Moutier zum Kanton Jura ist die jahrzehntelange Jurafrage gelöst.
Bald jurassisch: Die Kleinstadt Moutier im Berner Jura. (Archiv)
Bald jurassisch: Die Kleinstadt Moutier im Berner Jura. (Archiv) - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Der Konflikt ist über hundert Jahre alt und geht auf den Wiener Kongress von 1815 zurück. Damals wurden sieben Bezirke des Bistums Basel dem Kanton Bern zugesprochen: Pruntrut, Delsberg, Freiberge, Moutier, Courtelary, Neuenstadt und Laufen. Bald einmal kommt es zu Spannungen. Die Jurassier sehen sich als sprachliche, kulturelle und konfessionelle Minderheit.

Auch wirtschaftlich und verkehrstechnisch erhalten sie von Bern nur wenig Aufmerksamkeit. 1947 bricht der Konflikt offen aus, als der bernische Grosse Rat dem jurassischen SP-Regierungsrat Georges Moeckli die Baudirektion verweigert. Nach mehreren Plebisziten billigt das Schweizer Volk 1978 die Bildung des neuen Kantons Jura.

Dieser besteht aus den nördlichen Bezirken; die südlichen verbleiben bei Bern. Doch mit dem neuen Kanton ist die Jurafrage noch immer nicht ganz gelöst. Separatisten kämpfen für eine Wiedervereinigung der südlichen Bezirke mit dem neuen Kanton.

Gewalttätige Auseinandersetzungen in den 1980ern

In den 1980er-Jahren flammten gewalttätige Aktionen erneut auf. 2002 schaffte der Kanton Bern ein Sonderstatut, das dem Berner Jura eine beschränkte Autonomie gewährte.

Für Zündstoff in der Jurafrage sorgte immer wieder zwei Artikel der jurassische Kantonsverfassung gesorgt. Artikel 138 besagt, dass der Kanton Jura «jeden Teil des jurassischen Territoriums aufnehmen kann, der von der Volksabstimmung vom 23. Juni 1974 direkt betroffen war». Etwas weniger verklausuliert heisst das, dass der Kanton Jura alle Gebiete des Berner Juras bei sich aufnehmen kann.

Artikel 139 besagt, dass der Jura mit dem Berner Jura einen neuen Kanton gründen kann. 2013 befand die Bevölkerung erneut über einen Wechsel der südlichen Bezirke zum Kanton Jura.

Moutier sagt Ja zum Kantonswechsel

Der Kanton Jura sagte Ja, die Bevölkerung im Berner Jura lehnte das Begehren wuchtig ab. Einzig in Moutier gab es ein Ja. Der Kanton Bern erlaubte daraufhin einzelnen Gemeinden, wenn sie das wünschten, über einen Kantonswechsel abzustimmen.

Nach diesen Abstimmungen würde die Jurafrage als gelöst gelten, so die Übereinkunft. Moutier verlangte eine solche Abstimmung. Ein erster Urnengang 2017 musste wegen gravierender Unregelmässigkeiten für ungültig erklärt werden.

2021 sagten die Stimmberechtigten des bernjurassischen Städtchens klar Ja zum Kantonswechsel. Mit dem Kantonswechsel von Moutier, so die Übereinkunft, sollen auch die sogenannten «Kampfartikel» 138 und 139 aus der jurassischen Verfassung getilgt werden.

Rückkehr zu normalisierten Beziehungen

Die Unterzeichnung des Konkordats am Freitag bestätigt die Rückkehr zu normalisierten Beziehungen zwischen den beiden Kantonen. Diese verpflichten sich im Geiste des Bundesfriedens, der durch die Bundesverfassung garantiert ist, zur Einhaltung ihrer Gebietsgrenzen.

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