Jetzt sollen auch Berner Nachtbusse Security erhalten
Im Gegensatz zu anderen Schweizer Städten haben Berner Nachtbusse kein Security-Personal. Das könnte sich bald ändern – auch wegen Nau.ch.

Das Wichtigste in Kürze
- SP-Politikerinnen fordern Begleitpersonal in Berner Nachtbussen.
- Auslöser dafür ist unter anderem ein Nau.ch-Artikel.
- Andere Schweizer Städte setzen bereits auf Security in Nachtbussen.
- Das soll das Sicherheitsgefühl – insbesondere von Frauen – steigern.
«Moonliner bringt dich auch zu später Stunde sicher nach Hause»: So lautet das Versprechen der Berner Nachtbusgesellschaft Moonliner.
An den Wochenenden bringen rund 80 Moonliner-Linien Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer aus Bern, Thun, Interlaken, Biel und Solothurn heim.
Nur: Im Gegensatz zu vielen anderen Schweizer Städten fährt in den Berner Nachtbussen kein Sicherheitspersonal mit. Darüber berichtete Nau.ch im Oktober 2024.
Ein Jahr später könnte sich das nun ändern.
Am Donnerstagabend wird im Berner Stadtparlament – dem Stadtrat – ein entsprechender Vorstoss eingereicht. Nau.ch liegt dieser exklusiv vor.
SPlerinnen fordern Präsenzteams in Berner Nachtbussen
Die beiden SP-Stadträtinnen Shasime Osmani (27) und Dominique Hodel (35) fordern darin die Stadtregierung – den Gemeinderat – auf: «Es sei zu prüfen, wie die Sicherheit von Menschen auf dem Heimweg von kulturellen Veranstaltungen, Clubs und Bars verbessert werden kann.»
Und jetzt kommts: «Insbesondere durch den Einsatz von mobilen Präsenz- und Vermittlungsteams im nächtlichen öffentlichen Verkehr.»
Osmani erklärt im Gespräch mit Nau.ch: «Wir lassen bewusst offen, wie das konkret aussehen soll. Der Gemeinderat soll ein gutes Konzept ausarbeiten, damit Bernerinnen und Berner sicher nach Hause kommen.»

Aber: «Begleit-Personal im Nachtbus könnte definitiv eine Option sein. Vielleicht kann sich die Stadt von positiven Erfahrungen anderer Schweizer Städte inspirieren lassen.»
Wichtig sei, dass die Teams niederschwellig agieren. «Es geht nicht darum, einen Überwachungsstaat zu schaffen. Die Mitarbeitenden sollen eingreifen und niederschwellig vermitteln können – ohne dass jede Belästigung gleich ein Ermittlungsverfahren auslöst.»
Eine betroffene Person soll selbst entscheiden können, wie es nach einem Vorfall weitergeht.
60 Prozent aller Frauen sind Opfer von sexueller Gewalt
Auslöser für den Vorstoss war neben dem Nau.ch-Artikel auch das Stadtberner Pilotprojekt «Mille Grazie» gegen sexualisierte Gewalt im Nachtleben.
Denn: Laut einer Amnesty-Umfrage von 2019 haben 59 Prozent aller Frauen mindestens einmal in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erlebt. 42 Prozent dieser Vorfälle ereignen sich im Nachtleben.
Im Projekt «Mille Grazie» sollen Betriebe im Nachtleben eigene Aufmerksamkeit-Konzepte entwickeln. In Schulungen lernen Mitarbeitende, sexualisierte Gewalt zu erkennen und richtig zu reagieren.
Dazu kommt das Tool «Bern schaut hin», mit dem Vorfälle von Belästigungen, Beschimpfungen oder sexualisierter Gewalt gemeldet werden können.
«Frauen überlegen zweimal», ob sie Nachtbus nehmen
Doch: «In den bisherigen Projekten der Stadt Bern wurde der Nachhauseweg vergessen. Genau da setzen wir an», sagt Osmani.
Ihre Motivation ist auch persönlich: «Im Nachtbus vermeide ich Augenkontakt mit Männern.»
Im Gegensatz zu ihr hätten viele andere Frauen einen langen Nachhauseweg mit dem Nachtbus – zum Teil eine ganze Stunde.
Osmani will sich gar nicht vorstellen, wie diese sich fühlen. «Ich zähle schon jetzt jede Minute, bis ich zu Hause bin und der unangenehmen Situation entkomme.»
Oft fragt sie sich: «Was geht in einem Mann vor, wenn er ein ‹Nein› einer Frau nicht akzeptiert oder sie einschüchtert?»
Die Konsequenz: «Viele Frauen überlegen sich zweimal, ob wir wirklich mit dem Moonliner nach Hause fahren. Oder ob wir doch lieber ein Taxi nehmen.»
Für Osmani ist klar: «Wegen dieses Unwohlseins und den vielen Vorfällen sexualisierter Gewalt besteht Handlungsbedarf. Präsenzteams können das Sicherheitsgefühl von Frauen deutlich stärken.»
Dabei weist sie darauf hin: «Wer einmal eine unangenehme Erfahrung macht oder gar einen Übergriff erlebt, meidet den Ausgang in der Konsequenz vielleicht ganz.»
Politikerin fordert: Männer sollen aufmerksamer werden
Aber sie betont auch: «Das allein reicht nicht. Es braucht nicht nur Schutzmassnahmen, sondern auch Sensibilisierung – damit Übergriffe gar nicht erst passieren.»
Das sei ein gesellschaftliches Problem, ist die Sozialdemokratin überzeugt. Und fügt an: «Nicht jeder Mann ist ein Täter, viele sind auch sensibilisiert. Das allein reicht nicht – es gibt zu viele Vorfälle im Nachtleben, um untätig zu bleiben.»

Der Vorstoss wird nun am Donnerstag im Berner Stadtparlament eingereicht, aber noch nicht behandelt. Wird der Vorstoss an einer der nächsten Sitzungen vom Parlament gutgeheissen, liegt der Ball dann bei der Regierung.
Andere Städte sehen Nachtbus-Security als bewährt an
Derweil setzen die Verkehrsbetriebe in Zürich, Basel und Luzern weiterhin auf Security-Personal in ihren Nachtbussen. Durchs Band bestätigen sie gegenüber Nau.ch, dass sich die Massnahmen bewährt hätten.
In Luzern sind die Rückmeldungen der Fahrgäste dazu «durchgehend positiv». In Zürich sei das System seit vielen Jahren so etabliert, dass es dazu kein spezifisches Feedback mehr gebe.

Die Basler Verkehrsbetriebe sagen: «Wir erhalten keine Rückmeldungen diesbezüglich, was wir als positives Signal deuten.» Es gebe nämlich keine Reklamationen seitens der Fahrgäste in Bezug auf die Sicherheit.
Ähnlich klingt es bei Postauto. Auf rund 25 Linien in der Deutschschweiz ist Sicherheitspersonal im Einsatz und die Erfahrungen seien «bis jetzt gut».
Postauto-Sprecher Urs Bloch sagt: «Die Präsenz des Personals genügt in der Regel, um eine sichere und ruhige Fahrt zu gewährleisten. Der Sicherheitsdienst muss sehr selten wirklich eingreifen.»
St. Gallen streicht Security im Nachtbus
Nur bei den Verkehrsbetrieben St. Gallen gibt es eine Wende. Betriebsleiter Michael Augsburger sagt zu Nau.ch: «Wir setzen in den Nachtbussen seit Mitte Dezember 2024 kein dediziertes Sicherheitspersonal oder Security-Teams ein.»
Denn: «Aktuell verzeichnen wir hauptsächlich harmlose Beobachtungen in den Nachtbussen. Dazu gehören zum Beispiel eingeschlafene Fahrgäste.»
Sollten sich herausfordernde Situationen häufen, würden die Verkehrsbetriebe wieder Sicherheitspersonal einstellen, so Augsburger.
Grundsätzlich seien die Rückmeldungen positiv – Umfragen bestätigten ein hohes Sicherheitsgefühl in den Bussen generell.
«Es gibt nur vereinzelt Wünsche nach sichtbareren Präsenzen wie Security. Insgesamt überwiegt die Zufriedenheit mit der aktuellen Herangehensweise.»
Die Sicherheit der Fahrgäste und der Mitarbeitenden habe für die St. Galler Verkehrsbetriebe «oberste Priorität».
Moonliner nimmt Vorstoss in der Politik «zur Kenntnis»
Auch die Berner Nachtbusgesellschaft Moonliner betont gegenüber Nau.ch, dass die Sicherheit der Fahrgäste «hohe Priorität» habe und «laufend überprüft» werde.
Produktmanagerin Lauren McHale sagt zum Vorstoss, der am Donnerstag eingereicht wird: «Wir nehmen zur Kenntnis, dass das Thema nun im Berner Stadtrat aufgegriffen wird.»
Es sei nicht aussergewöhnlich, «dass betriebliche Aspekte auch auf politischer Ebene diskutiert werden».
Sollte der Vorstoss überwiesen werden, gehe Moonliner davon aus, in die Beratungen der Berner Stadtregierung miteinbezogen zu werden.











